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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Ausstülpungsbildungen. Lungensystem.
verlängert; desgleichen auch die Lungenflügel und zum Theil auch
die Bronchien, welche aber bald bei geringerem Wachsthume re-
lativ kürzer werden. Nun bildet sich an dem vorderen Ende
der Luftröhre der obere und untere Kehlkopf (Rathke S. 181.
Bär S. 96. u. 112. bei Burdach S. 326. u. 343.). Die Lungen-
flügel erhalten ihre Einschnürungen (Bär l. c.) und die Bronchien
ihre Verzweigungen (Rathke S. 181. Bär l. c.). Diese vermehren
sich immer mehr und auf die dem Vogel charakteristische Weise.
Die Luftröhre selbst erhält grössere Sonderung ihrer Schichten, so
wie auch ihre Luftröhrenringe (Rathke S. 182. v. Bär S. 128. bei Bur-
dach S. 361.). Zugleich wird der Kehlkopf mehr ausgebildet. Hierin
stimmen die Beobachtungen von Rathke und v. Bär völlig über-
ein. Nur in der Zeitangabe finden sich bedeutende Differenzen.
Allein wie sehr diese, besonders in früheren Perioden der Ent-
wickelung Nüancirungen unterworfen seyen, dürfte Keinem ent-
gehen, welcher selbst Versuche, besonders mit künstlicher Brütung
der Vogeleier, angestellt hat. -- Wir haben absichtlich den dem
Vogel eigenthümlichen Bau seiner Lungen, in Bezug seiner Ent-
wickelung, übergangen, um die vorbereitende Anschauung für die
Genese der Lungen der Säugethiere nicht zu verwirren. Was
aber diese betrifft, so besitzen wir vollständige Beobachtungen vor-
züglich von J. Fr. Meckel (Arch. II. S. 430--432.) und Rathke
(Nov. Act. XIV. I. S. 191--210. und Meck. Arch. 1830. S.
70--72.) und fragmentarische Notizen von Burdach (Physiol. II.
S. 555.), Joh. Müller (de glandularum structura p. 199.) und
E. H. Weber (Hildebr. Anat. IV. S. 213. 14.). Auch hat Fleisch-
mann (de chondrogenesi asperae arteriae et situ oesophagi
abnormi nonnulla
. 1810. 4.) eine Reihe von Untersuchungen
über Entwickelung des Kehlkopfes, der Luftröhre und Luftröh-
renäste des Menschen mitgetheilt. -- Dass die erste Entwicke-
lung der Lungen der Säugethiere auf analoge Weise, wie bei den
Vögeln, vor sich gehe, lässt sich zwar schon zum Theil im Vor-
aus erwarten, wird aber durch eine Reihe früher, übereinstimmen-
der Verhältnisse im höchsten Grade wahrscheinlich gemacht.
Zwar hatte Rathke (Entwickelung der Athemwerkzeuge S. 206.)
den Satz aufgestellt, dass die Säugethierlungen ursprünglich ein-
fach wären und glaubte hiermit Meckeln widersprechen zu müs-
sen. Allein gegen das Letztere hat Meckel (s. Arch. 1829. S.
231. 232.) protestirt; das Erstere dagegen Rathke (Meck. Arch.

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Ausstülpungsbildungen. Lungensystem.
verlängert; desgleichen auch die Lungenflügel und zum Theil auch
die Bronchien, welche aber bald bei geringerem Wachsthume re-
lativ kürzer werden. Nun bildet sich an dem vorderen Ende
der Luftröhre der obere und untere Kehlkopf (Rathke S. 181.
Bär S. 96. u. 112. bei Burdach S. 326. u. 343.). Die Lungen-
flügel erhalten ihre Einschnürungen (Bär l. c.) und die Bronchien
ihre Verzweigungen (Rathke S. 181. Bär l. c.). Diese vermehren
sich immer mehr und auf die dem Vogel charakteristische Weise.
Die Luftröhre selbst erhält gröſsere Sonderung ihrer Schichten, so
wie auch ihre Luftröhrenringe (Rathke S. 182. v. Bär S. 128. bei Bur-
dach S. 361.). Zugleich wird der Kehlkopf mehr ausgebildet. Hierin
stimmen die Beobachtungen von Rathke und v. Bär völlig über-
ein. Nur in der Zeitangabe finden sich bedeutende Differenzen.
Allein wie sehr diese, besonders in früheren Perioden der Ent-
wickelung Nüancirungen unterworfen seyen, dürfte Keinem ent-
gehen, welcher selbst Versuche, besonders mit künstlicher Brütung
der Vogeleier, angestellt hat. — Wir haben absichtlich den dem
Vogel eigenthümlichen Bau seiner Lungen, in Bezug seiner Ent-
wickelung, übergangen, um die vorbereitende Anschauung für die
Genese der Lungen der Säugethiere nicht zu verwirren. Was
aber diese betrifft, so besitzen wir vollständige Beobachtungen vor-
züglich von J. Fr. Meckel (Arch. II. S. 430—432.) und Rathke
(Nov. Act. XIV. I. S. 191—210. und Meck. Arch. 1830. S.
70—72.) und fragmentarische Notizen von Burdach (Physiol. II.
S. 555.), Joh. Müller (de glandularum structura p. 199.) und
E. H. Weber (Hildebr. Anat. IV. S. 213. 14.). Auch hat Fleisch-
mann (de chondrogenesi asperae arteriae et situ oesophagi
abnormi nonnulla
. 1810. 4.) eine Reihe von Untersuchungen
über Entwickelung des Kehlkopfes, der Luftröhre und Luftröh-
renäste des Menschen mitgetheilt. — Daſs die erste Entwicke-
lung der Lungen der Säugethiere auf analoge Weise, wie bei den
Vögeln, vor sich gehe, läſst sich zwar schon zum Theil im Vor-
aus erwarten, wird aber durch eine Reihe früher, übereinstimmen-
der Verhältnisse im höchsten Grade wahrscheinlich gemacht.
Zwar hatte Rathke (Entwickelung der Athemwerkzeuge S. 206.)
den Satz aufgestellt, daſs die Säugethierlungen ursprünglich ein-
fach wären und glaubte hiermit Meckeln widersprechen zu müs-
sen. Allein gegen das Letztere hat Meckel (s. Arch. 1829. S.
231. 232.) protestirt; das Erstere dagegen Rathke (Meck. Arch.

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[497/0525] Ausstülpungsbildungen. Lungensystem. verlängert; desgleichen auch die Lungenflügel und zum Theil auch die Bronchien, welche aber bald bei geringerem Wachsthume re- lativ kürzer werden. Nun bildet sich an dem vorderen Ende der Luftröhre der obere und untere Kehlkopf (Rathke S. 181. Bär S. 96. u. 112. bei Burdach S. 326. u. 343.). Die Lungen- flügel erhalten ihre Einschnürungen (Bär l. c.) und die Bronchien ihre Verzweigungen (Rathke S. 181. Bär l. c.). Diese vermehren sich immer mehr und auf die dem Vogel charakteristische Weise. Die Luftröhre selbst erhält gröſsere Sonderung ihrer Schichten, so wie auch ihre Luftröhrenringe (Rathke S. 182. v. Bär S. 128. bei Bur- dach S. 361.). Zugleich wird der Kehlkopf mehr ausgebildet. Hierin stimmen die Beobachtungen von Rathke und v. Bär völlig über- ein. Nur in der Zeitangabe finden sich bedeutende Differenzen. Allein wie sehr diese, besonders in früheren Perioden der Ent- wickelung Nüancirungen unterworfen seyen, dürfte Keinem ent- gehen, welcher selbst Versuche, besonders mit künstlicher Brütung der Vogeleier, angestellt hat. — Wir haben absichtlich den dem Vogel eigenthümlichen Bau seiner Lungen, in Bezug seiner Ent- wickelung, übergangen, um die vorbereitende Anschauung für die Genese der Lungen der Säugethiere nicht zu verwirren. Was aber diese betrifft, so besitzen wir vollständige Beobachtungen vor- züglich von J. Fr. Meckel (Arch. II. S. 430—432.) und Rathke (Nov. Act. XIV. I. S. 191—210. und Meck. Arch. 1830. S. 70—72.) und fragmentarische Notizen von Burdach (Physiol. II. S. 555.), Joh. Müller (de glandularum structura p. 199.) und E. H. Weber (Hildebr. Anat. IV. S. 213. 14.). Auch hat Fleisch- mann (de chondrogenesi asperae arteriae et situ oesophagi abnormi nonnulla. 1810. 4.) eine Reihe von Untersuchungen über Entwickelung des Kehlkopfes, der Luftröhre und Luftröh- renäste des Menschen mitgetheilt. — Daſs die erste Entwicke- lung der Lungen der Säugethiere auf analoge Weise, wie bei den Vögeln, vor sich gehe, läſst sich zwar schon zum Theil im Vor- aus erwarten, wird aber durch eine Reihe früher, übereinstimmen- der Verhältnisse im höchsten Grade wahrscheinlich gemacht. Zwar hatte Rathke (Entwickelung der Athemwerkzeuge S. 206.) den Satz aufgestellt, daſs die Säugethierlungen ursprünglich ein- fach wären und glaubte hiermit Meckeln widersprechen zu müs- sen. Allein gegen das Letztere hat Meckel (s. Arch. 1829. S. 231. 232.) protestirt; das Erstere dagegen Rathke (Meck. Arch. 32

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/525>, abgerufen am 22.11.2024.