der Oberfläche, die Täuschungen starker, unzweckmässig gebrauch- ter Vergrösserungen und fingirte Figuren für Lymphgefässe ausgeben, man könnte leicht, wie dieses auch zum Theil z. B. von Rolando schon geschehen, selbst in der Keimhaut ein ganzes System von Lymphgefässen auffinden. Die Schädlichkeit eines solchen Verfah- rens ergiebt sich von selbst, und wir ziehen es vor, lieber unsere völ- lige Unwissenheit zu bekennen, als uns mit selbstgeschaffenen Phan- tasmen zu täuschen. Wir wollen es vielmehr offen sagen, dass wir diese wichtige Abtheilung der thierischen Oekonomie in der Frucht noch so gut, als gar nicht beobachtet haben.
Die Lymphdrüsen in der Achselhöhle und der Schenkelbuge lassen sich in dem sechsten Monate schon wahrnehmen, später dagegen, wie es scheint, die des Darmkanales.
Von Fohmann sind gründliehe Arbeiten über diesen Gegen- stand zu erwarten. Nachdem er in seinem Saugadersysteme der Wirbelthiere Hft. I. das Saugadersystem der Fische 1827. fol. S. 7. sich gegen die Gründlichkeit der Untersuchungen von Lippi erklärt und die Ansichten von Rossi berichtiget hatte, sagte er: "Die Verbindung der Saugadern mit den Venen in den Saugader- drüsen ist nicht verschieden von dem Zusammenhange kleiner Saugaderzweige mit Venenzweigen ausserhalb der Drüsen an den verschiedenen Stellen des Körpers in den niederen Thieren, die nur einzelne Saugaderdrüsen besitzen. Sie vermitteln nur den Zusammenhang der Verbindungen kleiner Gefässe, wie ich dieses an einem anderen Orte über die Entwickelungsgeschichte und die verschiedenen Bildungsstufen der Saugaderdrüsen näher darthun werde." -- Vorläufig beschreibt dieser ausgezeichnete Anatom (S. 11.) ein besonderes Gefässnetz, welches die ganze innere Fläche des Chorion des Pferdes einnimmt, sich über die Harnhaut aus- breitet, in der Nabelscheide zusammenfliesst und in dieser endigt. Bei Schlangenfötus hat er einen Zusammenhang der Nabelscheide mit dem Milchbrustgange entdeckt.
Ueber die Lymphgefässe der Placenta und des Nabelstranges ist vielfach gestritten worden. Diejenigen, welche ihre Existenz verthei- digten, stützten sich entweder auf bloss theoretische Gründe oder auf die unrichtige mikroscopische Betrachtung nicht injicirter Theile. S. oben S. 132. -- Fohmann hat in neuester Zeit (Tiedemann und der Gebrüder Treviranus Zeitschr. Bd. IV. S. 277. fgg.) eine sehr schöne Darstellung der Lymphgefässnetze, wie er sie in dem Na-
35*
Anhang. Lymphsystem.
der Oberfläche, die Täuschungen starker, unzweckmäſsig gebrauch- ter Vergröſserungen und fingirte Figuren für Lymphgefäſse ausgeben, man könnte leicht, wie dieses auch zum Theil z. B. von Rolando schon geschehen, selbst in der Keimhaut ein ganzes System von Lymphgefäſsen auffinden. Die Schädlichkeit eines solchen Verfah- rens ergiebt sich von selbst, und wir ziehen es vor, lieber unsere völ- lige Unwissenheit zu bekennen, als uns mit selbstgeschaffenen Phan- tasmen zu täuschen. Wir wollen es vielmehr offen sagen, daſs wir diese wichtige Abtheilung der thierischen Oekonomie in der Frucht noch so gut, als gar nicht beobachtet haben.
Die Lymphdrüsen in der Achselhöhle und der Schenkelbuge lassen sich in dem sechsten Monate schon wahrnehmen, später dagegen, wie es scheint, die des Darmkanales.
Von Fohmann sind gründliehe Arbeiten über diesen Gegen- stand zu erwarten. Nachdem er in seinem Saugadersysteme der Wirbelthiere Hft. I. das Saugadersystem der Fische 1827. fol. S. 7. sich gegen die Gründlichkeit der Untersuchungen von Lippi erklärt und die Ansichten von Rossi berichtiget hatte, sagte er: „Die Verbindung der Saugadern mit den Venen in den Saugader- drüsen ist nicht verschieden von dem Zusammenhange kleiner Saugaderzweige mit Venenzweigen auſserhalb der Drüsen an den verschiedenen Stellen des Körpers in den niederen Thieren, die nur einzelne Saugaderdrüsen besitzen. Sie vermitteln nur den Zusammenhang der Verbindungen kleiner Gefäſse, wie ich dieses an einem anderen Orte über die Entwickelungsgeschichte und die verschiedenen Bildungsstufen der Saugaderdrüsen näher darthun werde.“ — Vorläufig beschreibt dieser ausgezeichnete Anatom (S. 11.) ein besonderes Gefäſsnetz, welches die ganze innere Fläche des Chorion des Pferdes einnimmt, sich über die Harnhaut aus- breitet, in der Nabelscheide zusammenflieſst und in dieser endigt. Bei Schlangenfötus hat er einen Zusammenhang der Nabelscheide mit dem Milchbrustgange entdeckt.
Ueber die Lymphgefäſse der Placenta und des Nabelstranges ist vielfach gestritten worden. Diejenigen, welche ihre Existenz verthei- digten, stützten sich entweder auf bloſs theoretische Gründe oder auf die unrichtige mikroscopische Betrachtung nicht injicirter Theile. S. oben S. 132. — Fohmann hat in neuester Zeit (Tiedemann und der Gebrüder Treviranus Zeitschr. Bd. IV. S. 277. fgg.) eine sehr schöne Darstellung der Lymphgefäſsnetze, wie er sie in dem Na-
35*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0575"n="547"/><fwplace="top"type="header">Anhang. Lymphsystem.</fw><lb/>
der Oberfläche, die Täuschungen starker, unzweckmäſsig gebrauch-<lb/>
ter Vergröſserungen und fingirte Figuren für Lymphgefäſse ausgeben,<lb/>
man könnte leicht, wie dieses auch zum Theil z. B. von Rolando<lb/>
schon geschehen, selbst in der Keimhaut ein ganzes System von<lb/>
Lymphgefäſsen auffinden. Die Schädlichkeit eines solchen Verfah-<lb/>
rens ergiebt sich von selbst, und wir ziehen es vor, lieber unsere völ-<lb/>
lige Unwissenheit zu bekennen, als uns mit selbstgeschaffenen Phan-<lb/>
tasmen zu täuschen. Wir wollen es vielmehr offen sagen, daſs wir<lb/>
diese wichtige Abtheilung der thierischen Oekonomie in der Frucht<lb/>
noch so gut, als gar nicht beobachtet haben.</p><lb/><p>Die Lymphdrüsen in der Achselhöhle und der Schenkelbuge<lb/>
lassen sich in dem sechsten Monate schon wahrnehmen, später<lb/>
dagegen, wie es scheint, die des Darmkanales.</p><lb/><p>Von Fohmann sind gründliehe Arbeiten über diesen Gegen-<lb/>
stand zu erwarten. Nachdem er in seinem Saugadersysteme der<lb/>
Wirbelthiere Hft. I. das Saugadersystem der Fische 1827. fol. S.<lb/>
7. sich gegen die Gründlichkeit der Untersuchungen von Lippi<lb/>
erklärt und die Ansichten von Rossi berichtiget hatte, sagte er:<lb/>„Die Verbindung der Saugadern mit den Venen in den Saugader-<lb/>
drüsen ist nicht verschieden von dem Zusammenhange kleiner<lb/>
Saugaderzweige mit Venenzweigen auſserhalb der Drüsen an den<lb/>
verschiedenen Stellen des Körpers in den niederen Thieren, die<lb/>
nur einzelne Saugaderdrüsen besitzen. Sie vermitteln nur den<lb/>
Zusammenhang der Verbindungen kleiner Gefäſse, wie ich dieses<lb/>
an einem anderen Orte über die Entwickelungsgeschichte und die<lb/>
verschiedenen Bildungsstufen der Saugaderdrüsen näher darthun<lb/>
werde.“— Vorläufig beschreibt dieser ausgezeichnete Anatom<lb/>
(S. 11.) ein besonderes Gefäſsnetz, welches die ganze innere Fläche<lb/>
des Chorion des Pferdes einnimmt, sich über die Harnhaut aus-<lb/>
breitet, in der Nabelscheide zusammenflieſst und in dieser endigt.<lb/>
Bei Schlangenfötus hat er einen Zusammenhang der Nabelscheide<lb/>
mit dem Milchbrustgange entdeckt.</p><lb/><p>Ueber die Lymphgefäſse der Placenta und des Nabelstranges ist<lb/>
vielfach gestritten worden. Diejenigen, welche ihre Existenz verthei-<lb/>
digten, stützten sich entweder auf bloſs theoretische Gründe oder<lb/>
auf die unrichtige mikroscopische Betrachtung nicht injicirter Theile.<lb/>
S. oben S. 132. — Fohmann hat in neuester Zeit (Tiedemann und<lb/>
der Gebrüder Treviranus Zeitschr. Bd. IV. S. 277. fgg.) eine sehr<lb/>
schöne Darstellung der Lymphgefäſsnetze, wie er sie in dem Na-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">35*</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[547/0575]
Anhang. Lymphsystem.
der Oberfläche, die Täuschungen starker, unzweckmäſsig gebrauch-
ter Vergröſserungen und fingirte Figuren für Lymphgefäſse ausgeben,
man könnte leicht, wie dieses auch zum Theil z. B. von Rolando
schon geschehen, selbst in der Keimhaut ein ganzes System von
Lymphgefäſsen auffinden. Die Schädlichkeit eines solchen Verfah-
rens ergiebt sich von selbst, und wir ziehen es vor, lieber unsere völ-
lige Unwissenheit zu bekennen, als uns mit selbstgeschaffenen Phan-
tasmen zu täuschen. Wir wollen es vielmehr offen sagen, daſs wir
diese wichtige Abtheilung der thierischen Oekonomie in der Frucht
noch so gut, als gar nicht beobachtet haben.
Die Lymphdrüsen in der Achselhöhle und der Schenkelbuge
lassen sich in dem sechsten Monate schon wahrnehmen, später
dagegen, wie es scheint, die des Darmkanales.
Von Fohmann sind gründliehe Arbeiten über diesen Gegen-
stand zu erwarten. Nachdem er in seinem Saugadersysteme der
Wirbelthiere Hft. I. das Saugadersystem der Fische 1827. fol. S.
7. sich gegen die Gründlichkeit der Untersuchungen von Lippi
erklärt und die Ansichten von Rossi berichtiget hatte, sagte er:
„Die Verbindung der Saugadern mit den Venen in den Saugader-
drüsen ist nicht verschieden von dem Zusammenhange kleiner
Saugaderzweige mit Venenzweigen auſserhalb der Drüsen an den
verschiedenen Stellen des Körpers in den niederen Thieren, die
nur einzelne Saugaderdrüsen besitzen. Sie vermitteln nur den
Zusammenhang der Verbindungen kleiner Gefäſse, wie ich dieses
an einem anderen Orte über die Entwickelungsgeschichte und die
verschiedenen Bildungsstufen der Saugaderdrüsen näher darthun
werde.“ — Vorläufig beschreibt dieser ausgezeichnete Anatom
(S. 11.) ein besonderes Gefäſsnetz, welches die ganze innere Fläche
des Chorion des Pferdes einnimmt, sich über die Harnhaut aus-
breitet, in der Nabelscheide zusammenflieſst und in dieser endigt.
Bei Schlangenfötus hat er einen Zusammenhang der Nabelscheide
mit dem Milchbrustgange entdeckt.
Ueber die Lymphgefäſse der Placenta und des Nabelstranges ist
vielfach gestritten worden. Diejenigen, welche ihre Existenz verthei-
digten, stützten sich entweder auf bloſs theoretische Gründe oder
auf die unrichtige mikroscopische Betrachtung nicht injicirter Theile.
S. oben S. 132. — Fohmann hat in neuester Zeit (Tiedemann und
der Gebrüder Treviranus Zeitschr. Bd. IV. S. 277. fgg.) eine sehr
schöne Darstellung der Lymphgefäſsnetze, wie er sie in dem Na-
35*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/575>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.