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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Ab- und Aussonderungen des Embryo.
bryo sowohl der Quantität als der Qualität nach hin, sondern das
Ei selbst als ein lebendiges Ganze muss Stoffe von Aussen aufneh-
men, um diese sich anzueignen und seine Masse zu vermehren.
Bei äusserer Brütung ist dieses zum Theil minder merklich, wenn
die meistens harte Eischaale jede Volumenveränderung hindert.
Bei welchen Thieren und auf welche Weise dieses jedoch auch
hier Statt finde, haben wir schon oben zu bemerken Gelegenheit
gehabt. Bei den Säugethieren, wo der Dotter so überaus klein
ist, wo die Vergrösserung des Eies so sehr durch die innere Brü-
tung bedingt wird, wird die Volumenveränderung so bedeutend,
dass man von den ältesten Zeiten den hierdurch veränderten Zu-
stand des Eies kannte, Jahrhunderte aber vergingen, ehe man die
überaus grosse Kleinheit des Urzustandes nur zu ahnen vermochte.
Wie sich aber Carus (Nov. Act. Ac. N. C. Vol. XVII. P. I. p. 99.
100.) das Verhältniss des Organismus der Krankheit zu dem der Ge-
sundheit vorstellt, so kann man sich auch das des Eies zur Mutter
und das des Embryo zu dem Eie denken. Es liegt nämlich in der
unendlichen Metamorphose der Natur, dass kein Object absolut
und für sich sey, sondern immer in Relation zu anderen, dass es
zwar absolut zu werden strebe, nie es aber werde. Dieses egoi-
stische Princip jedes Wesens constituirt eben erst die einzelne
Individualität. Indem sie aber die Existenz des Einzelwesens
darstellt, constituirt sie zugleich seine Vernichtung, den Kampf
anderer mit gleichem Rechte gegen ihn auftretender, mit gleicher
Tendenz zur Selbstständigkeit begabter Wesen. Durch dieses
immerwährende Schwanken, durch den zeitlichen Sieg des einen
und das zeitliche Unterliegen des anderen entsteht dasjenige,
welches wir in der Natur Entwickelung nennen, das Leben und
Tod auf gleiche Weise in sich und nothwendig enthält. Will
man den neuen anstrebenden Organismus einen Parasiten nennen,
so kann man das Individuelle gegen das andere Individuelle (im
Reiche des Geistes sowohl, als in dem des Körpers), den Organ-
theil gegen den ganzen Organismus, die Krankheit gegen den ge-
sunden Körper, das Ei gegen den Organismus der Mutter, den
Embryo gegen das Ei mit diesem Ausdrucke bezeichnen. In dem
gewöhnlichen Sinne des Wortes Parasiten scheint dieser Ausdruck,
wenn er im Allgemeinen den neuen Organismus im Verhältnisse
zu dem alten, von ihm bekämpften Organismus gebraucht wird,

Ab- und Aussonderungen des Embryo.
bryo sowohl der Quantität als der Qualität nach hin, sondern das
Ei selbst als ein lebendiges Ganze muſs Stoffe von Auſsen aufneh-
men, um diese sich anzueignen und seine Masse zu vermehren.
Bei äuſserer Brütung ist dieses zum Theil minder merklich, wenn
die meistens harte Eischaale jede Volumenveränderung hindert.
Bei welchen Thieren und auf welche Weise dieses jedoch auch
hier Statt finde, haben wir schon oben zu bemerken Gelegenheit
gehabt. Bei den Säugethieren, wo der Dotter so überaus klein
ist, wo die Vergröſserung des Eies so sehr durch die innere Brü-
tung bedingt wird, wird die Volumenveränderung so bedeutend,
daſs man von den ältesten Zeiten den hierdurch veränderten Zu-
stand des Eies kannte, Jahrhunderte aber vergingen, ehe man die
überaus groſse Kleinheit des Urzustandes nur zu ahnen vermochte.
Wie sich aber Carus (Nov. Act. Ac. N. C. Vol. XVII. P. I. p. 99.
100.) das Verhältniſs des Organismus der Krankheit zu dem der Ge-
sundheit vorstellt, so kann man sich auch das des Eies zur Mutter
und das des Embryo zu dem Eie denken. Es liegt nämlich in der
unendlichen Metamorphose der Natur, daſs kein Object absolut
und für sich sey, sondern immer in Relation zu anderen, daſs es
zwar absolut zu werden strebe, nie es aber werde. Dieses egoi-
stische Princip jedes Wesens constituirt eben erst die einzelne
Individualität. Indem sie aber die Existenz des Einzelwesens
darstellt, constituirt sie zugleich seine Vernichtung, den Kampf
anderer mit gleichem Rechte gegen ihn auftretender, mit gleicher
Tendenz zur Selbstständigkeit begabter Wesen. Durch dieses
immerwährende Schwanken, durch den zeitlichen Sieg des einen
und das zeitliche Unterliegen des anderen entsteht dasjenige,
welches wir in der Natur Entwickelung nennen, das Leben und
Tod auf gleiche Weise in sich und nothwendig enthält. Will
man den neuen anstrebenden Organismus einen Parasiten nennen,
so kann man das Individuelle gegen das andere Individuelle (im
Reiche des Geistes sowohl, als in dem des Körpers), den Organ-
theil gegen den ganzen Organismus, die Krankheit gegen den ge-
sunden Körper, das Ei gegen den Organismus der Mutter, den
Embryo gegen das Ei mit diesem Ausdrucke bezeichnen. In dem
gewöhnlichen Sinne des Wortes Parasiten scheint dieser Ausdruck,
wenn er im Allgemeinen den neuen Organismus im Verhältnisse
zu dem alten, von ihm bekämpften Organismus gebraucht wird,

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[555/0583] Ab- und Aussonderungen des Embryo. bryo sowohl der Quantität als der Qualität nach hin, sondern das Ei selbst als ein lebendiges Ganze muſs Stoffe von Auſsen aufneh- men, um diese sich anzueignen und seine Masse zu vermehren. Bei äuſserer Brütung ist dieses zum Theil minder merklich, wenn die meistens harte Eischaale jede Volumenveränderung hindert. Bei welchen Thieren und auf welche Weise dieses jedoch auch hier Statt finde, haben wir schon oben zu bemerken Gelegenheit gehabt. Bei den Säugethieren, wo der Dotter so überaus klein ist, wo die Vergröſserung des Eies so sehr durch die innere Brü- tung bedingt wird, wird die Volumenveränderung so bedeutend, daſs man von den ältesten Zeiten den hierdurch veränderten Zu- stand des Eies kannte, Jahrhunderte aber vergingen, ehe man die überaus groſse Kleinheit des Urzustandes nur zu ahnen vermochte. Wie sich aber Carus (Nov. Act. Ac. N. C. Vol. XVII. P. I. p. 99. 100.) das Verhältniſs des Organismus der Krankheit zu dem der Ge- sundheit vorstellt, so kann man sich auch das des Eies zur Mutter und das des Embryo zu dem Eie denken. Es liegt nämlich in der unendlichen Metamorphose der Natur, daſs kein Object absolut und für sich sey, sondern immer in Relation zu anderen, daſs es zwar absolut zu werden strebe, nie es aber werde. Dieses egoi- stische Princip jedes Wesens constituirt eben erst die einzelne Individualität. Indem sie aber die Existenz des Einzelwesens darstellt, constituirt sie zugleich seine Vernichtung, den Kampf anderer mit gleichem Rechte gegen ihn auftretender, mit gleicher Tendenz zur Selbstständigkeit begabter Wesen. Durch dieses immerwährende Schwanken, durch den zeitlichen Sieg des einen und das zeitliche Unterliegen des anderen entsteht dasjenige, welches wir in der Natur Entwickelung nennen, das Leben und Tod auf gleiche Weise in sich und nothwendig enthält. Will man den neuen anstrebenden Organismus einen Parasiten nennen, so kann man das Individuelle gegen das andere Individuelle (im Reiche des Geistes sowohl, als in dem des Körpers), den Organ- theil gegen den ganzen Organismus, die Krankheit gegen den ge- sunden Körper, das Ei gegen den Organismus der Mutter, den Embryo gegen das Ei mit diesem Ausdrucke bezeichnen. In dem gewöhnlichen Sinne des Wortes Parasiten scheint dieser Ausdruck, wenn er im Allgemeinen den neuen Organismus im Verhältnisse zu dem alten, von ihm bekämpften Organismus gebraucht wird,

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/583>, abgerufen am 22.11.2024.