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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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VI. Specielle Darstellung d. Gesetze d. indiv. Entwickel.
faltet und dem Dottersack gegenüberstellt, um ihn als entge-
gengesetztes, fremdes Moment in sich aufzunehmen und sich an-
zueignen.

6. Die einzelnen Organe stehen in demselben Verhältniss
zu einander und zu dem Ganzen. Wie diejenigen in der Reihe
der Thierwelt, welche gleiche Bedeutung haben, auch ihrer Uridee
nach identisch sind, so entwickeln sie sich auch als primäre oder
secundäre Bildungen aus denselben Blättern der Keimhaut, wel-
ches Reale dieses Urverhältniss der einzelnen Organe zu einander
am bestimmtesten ausdrückt.

Die gemeinschaftlichen ersten Acte der Bildung und Sonde-
rung der Keimhaut liegen in der Uridee des Thieres überhaupt
so sehr involvirt, dass sie wahrscheinlich der erste Anfang der gan-
zen individuellen Thierwelt sind. Die sogenannten niederen Thier-
klassen sind hier noch das grösste Räthsel, weil unsere Zeit ge-
rade hier mehr die Mangelhaftigkeit und Oberflächlichkeit der
früheren Erfahrungen kennen gelehrt hat. Es wird sich sicher
durch möglichst genaue Beobachtungen noch vieles Interessante
und Wichtige ergeben, ja mancher der eben berührten und nach
den jetzigen Erfahrungen für die ganze Thierwelt allgemein gel-
tenden Sätze dürfte eben dadurch seine Correction, Einschrän-
kung, wo nicht gar verdiente Vernichtung finden. Und wenn in
der Reihe der Wirbelthiere genügende Data über einige Arten
aller Klassen derselben in Rücksicht der individuellen Entwicke-
lung vorhanden sind, so wissen wir von der ungeheuren Reihe
der Wirbellosen nur zu wenig. Bloss einzelne aphoristische Be-
merkungen sind uns zu Theil geworden, und nur über die Klasse
der Crustazeen, Insekten, Mollusken besitzen wir vollkommen ge-
nügende und sicher zu benutzende Untersuchungen. Wenn wir
daher jetzt zur Angabe der Differenzen der individuellen Entwik-
kelung bei Wirbellosen und Wirbelthieren schreiten, so muss na-
türlich nur von diesem Standpunkte aus der ganze Versuch an-
gesehen und beurtheilt werden. Zur Grundlage dienen einerseits
die hierüber schon gemachten Bemerkungen von Burdach (Phy-
siol. II. S. 602. fgg.), Bär (über Entwickelungsgeschichte S. 244
--245.), vorzüglich aber von Rathke (Flusskrebs S. 78--90.),
theils nach den Erfahrungen von Ehrenberg, Meyen, Suckow, Bär,
Rathke, E. H. Weber, Carus, Burmeister, Duge's u. A. und unseren
eigenen Beobachtungen entnommene Schlüsse. Die wesentlichsten

VI. Specielle Darstellung d. Gesetze d. indiv. Entwickel.
faltet und dem Dottersack gegenüberstellt, um ihn als entge-
gengesetztes, fremdes Moment in sich aufzunehmen und sich an-
zueignen.

6. Die einzelnen Organe stehen in demselben Verhältniſs
zu einander und zu dem Ganzen. Wie diejenigen in der Reihe
der Thierwelt, welche gleiche Bedeutung haben, auch ihrer Uridee
nach identisch sind, so entwickeln sie sich auch als primäre oder
secundäre Bildungen aus denselben Blättern der Keimhaut, wel-
ches Reale dieses Urverhältniſs der einzelnen Organe zu einander
am bestimmtesten ausdrückt.

Die gemeinschaftlichen ersten Acte der Bildung und Sonde-
rung der Keimhaut liegen in der Uridee des Thieres überhaupt
so sehr involvirt, daſs sie wahrscheinlich der erste Anfang der gan-
zen individuellen Thierwelt sind. Die sogenannten niederen Thier-
klassen sind hier noch das gröſste Räthsel, weil unsere Zeit ge-
rade hier mehr die Mangelhaftigkeit und Oberflächlichkeit der
früheren Erfahrungen kennen gelehrt hat. Es wird sich sicher
durch möglichst genaue Beobachtungen noch vieles Interessante
und Wichtige ergeben, ja mancher der eben berührten und nach
den jetzigen Erfahrungen für die ganze Thierwelt allgemein gel-
tenden Sätze dürfte eben dadurch seine Correction, Einschrän-
kung, wo nicht gar verdiente Vernichtung finden. Und wenn in
der Reihe der Wirbelthiere genügende Data über einige Arten
aller Klassen derselben in Rücksicht der individuellen Entwicke-
lung vorhanden sind, so wissen wir von der ungeheuren Reihe
der Wirbellosen nur zu wenig. Bloſs einzelne aphoristische Be-
merkungen sind uns zu Theil geworden, und nur über die Klasse
der Crustazeen, Insekten, Mollusken besitzen wir vollkommen ge-
nügende und sicher zu benutzende Untersuchungen. Wenn wir
daher jetzt zur Angabe der Differenzen der individuellen Entwik-
kelung bei Wirbellosen und Wirbelthieren schreiten, so muſs na-
türlich nur von diesem Standpunkte aus der ganze Versuch an-
gesehen und beurtheilt werden. Zur Grundlage dienen einerseits
die hierüber schon gemachten Bemerkungen von Burdach (Phy-
siol. II. S. 602. fgg.), Bär (über Entwickelungsgeschichte S. 244
—245.), vorzüglich aber von Rathke (Fluſskrebs S. 78—90.),
theils nach den Erfahrungen von Ehrenberg, Meyen, Suckow, Bär,
Rathke, E. H. Weber, Carus, Burmeister, Duge’s u. A. und unseren
eigenen Beobachtungen entnommene Schlüsse. Die wesentlichsten

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[601/0629] VI. Specielle Darstellung d. Gesetze d. indiv. Entwickel. faltet und dem Dottersack gegenüberstellt, um ihn als entge- gengesetztes, fremdes Moment in sich aufzunehmen und sich an- zueignen. 6. Die einzelnen Organe stehen in demselben Verhältniſs zu einander und zu dem Ganzen. Wie diejenigen in der Reihe der Thierwelt, welche gleiche Bedeutung haben, auch ihrer Uridee nach identisch sind, so entwickeln sie sich auch als primäre oder secundäre Bildungen aus denselben Blättern der Keimhaut, wel- ches Reale dieses Urverhältniſs der einzelnen Organe zu einander am bestimmtesten ausdrückt. Die gemeinschaftlichen ersten Acte der Bildung und Sonde- rung der Keimhaut liegen in der Uridee des Thieres überhaupt so sehr involvirt, daſs sie wahrscheinlich der erste Anfang der gan- zen individuellen Thierwelt sind. Die sogenannten niederen Thier- klassen sind hier noch das gröſste Räthsel, weil unsere Zeit ge- rade hier mehr die Mangelhaftigkeit und Oberflächlichkeit der früheren Erfahrungen kennen gelehrt hat. Es wird sich sicher durch möglichst genaue Beobachtungen noch vieles Interessante und Wichtige ergeben, ja mancher der eben berührten und nach den jetzigen Erfahrungen für die ganze Thierwelt allgemein gel- tenden Sätze dürfte eben dadurch seine Correction, Einschrän- kung, wo nicht gar verdiente Vernichtung finden. Und wenn in der Reihe der Wirbelthiere genügende Data über einige Arten aller Klassen derselben in Rücksicht der individuellen Entwicke- lung vorhanden sind, so wissen wir von der ungeheuren Reihe der Wirbellosen nur zu wenig. Bloſs einzelne aphoristische Be- merkungen sind uns zu Theil geworden, und nur über die Klasse der Crustazeen, Insekten, Mollusken besitzen wir vollkommen ge- nügende und sicher zu benutzende Untersuchungen. Wenn wir daher jetzt zur Angabe der Differenzen der individuellen Entwik- kelung bei Wirbellosen und Wirbelthieren schreiten, so muſs na- türlich nur von diesem Standpunkte aus der ganze Versuch an- gesehen und beurtheilt werden. Zur Grundlage dienen einerseits die hierüber schon gemachten Bemerkungen von Burdach (Phy- siol. II. S. 602. fgg.), Bär (über Entwickelungsgeschichte S. 244 —245.), vorzüglich aber von Rathke (Fluſskrebs S. 78—90.), theils nach den Erfahrungen von Ehrenberg, Meyen, Suckow, Bär, Rathke, E. H. Weber, Carus, Burmeister, Duge’s u. A. und unseren eigenen Beobachtungen entnommene Schlüsse. Die wesentlichsten

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 601. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/629>, abgerufen am 22.11.2024.