Fragmente z. Gesetzlehre d. individuellen Entwickelung.
Gefässblatt, sich findet. Rathke vermuthete, dass dieses letztere bei dem Krebse sich mehr an das seröse, bei den Wirbelthieren an das Schleimblatt halte. Bei den Letzteren mit Ausnahme der Cy- clostomen und Cyprinen trenne es sich zum Theil als Gekröse, welches R. mit v. Bär u. A. von dem Gefässblatte herleitet. Er erklärt auch hieraus das besondere Verhältniss der Leber beider Thierabtheilungen. Da dieser als Ausstülpungsbildung des Schleim- blattes die Gefässschicht fehlt, so erscheinen ihre Blinddärmchen frei und ohne verbindendes gefässreiches Parenchym. -- Wie ver- hält es sich mit der Leber der Mollusken? --
Dieses sind die wichtigsten, aus den bisherigen Erfahrungen herzuleitenden Differenzen der Totalität des Embryo oder der Keim- haut. Wir gehen nun zu den wesentlichsten Unterschieden, welche durch die Organe und Organsysteme bedingt werden, über.
9. Bei den Wirbelthieren bildet sich an dem oberen Cen- tralrohre zuerst eine solide Masse nach aussen und ein flüssiger Stoff im Innern. Dieser letztere verwandelt sich in die Central- theile des Nervensystemes, während die erstere zur Wirbelsäule wird. Bei den höheren Wirbellosen tritt der Bauchganglienstrang als der Repräsentant des centralen Nervensystemes von Anfang an in solider Form auf, und zwar nach Rathke und E. H. We- ber so, dass die einzelnen Knoten schon durch dünnere Fäden verbunden sind, also selbst abweichend von der Entstehungsart, welche wir an dem sympathischen Nerven der Wirbelthiere zu beobachten Gelegenheit hatten. Auch entsteht Hirn und Rücken- mark, wie das obere Centralrohr überhaupt, in der oberen, von dem Dotter abgewandten Hälfte, der Ganglienstrang der Wirbel- losen mehr in der unteren Hälfte des serösen Blattes. Ueberhaupt herrscht das rein sensible Centralsystem in der Klasse der Wir- belthiere während der ganzen Zeit der Entwickelung, am deut- lichsten aber in den ersten Stadien derselben, nicht nur vor den übrigen Metamorphosen vor, sondern scheint auch nicht ohne Ein- fluss auf manche wichtige Metamorphosen der anderen Blätter überhaupt (wiewohl gerade in dieser Rücksicht sehr Vieles ohne allen wahren Erfahrungsgrund behauptet worden ist und noch be- hauptet wird) zu seyn. Bei den Wirbellosen tritt der Ganglien- strang in ein mehr untergeordnetes Verhältniss zurück, und so- wohl der Masse als der Bedeutung nach ist es der motorische Theil des Leibes, welcher das Uebergewicht hat.
Fragmente z. Gesetzlehre d. individuellen Entwickelung.
Gefäſsblatt, sich findet. Rathke vermuthete, daſs dieses letztere bei dem Krebse sich mehr an das seröse, bei den Wirbelthieren an das Schleimblatt halte. Bei den Letzteren mit Ausnahme der Cy- clostomen und Cyprinen trenne es sich zum Theil als Gekröse, welches R. mit v. Bär u. A. von dem Gefäſsblatte herleitet. Er erklärt auch hieraus das besondere Verhältniſs der Leber beider Thierabtheilungen. Da dieser als Ausstülpungsbildung des Schleim- blattes die Gefäſsschicht fehlt, so erscheinen ihre Blinddärmchen frei und ohne verbindendes gefäſsreiches Parenchym. — Wie ver- hält es sich mit der Leber der Mollusken? —
Dieses sind die wichtigsten, aus den bisherigen Erfahrungen herzuleitenden Differenzen der Totalität des Embryo oder der Keim- haut. Wir gehen nun zu den wesentlichsten Unterschieden, welche durch die Organe und Organsysteme bedingt werden, über.
9. Bei den Wirbelthieren bildet sich an dem oberen Cen- tralrohre zuerst eine solide Masse nach auſsen und ein flüssiger Stoff im Innern. Dieser letztere verwandelt sich in die Central- theile des Nervensystemes, während die erstere zur Wirbelsäule wird. Bei den höheren Wirbellosen tritt der Bauchganglienstrang als der Repräsentant des centralen Nervensystemes von Anfang an in solider Form auf, und zwar nach Rathke und E. H. We- ber so, daſs die einzelnen Knoten schon durch dünnere Fäden verbunden sind, also selbst abweichend von der Entstehungsart, welche wir an dem sympathischen Nerven der Wirbelthiere zu beobachten Gelegenheit hatten. Auch entsteht Hirn und Rücken- mark, wie das obere Centralrohr überhaupt, in der oberen, von dem Dotter abgewandten Hälfte, der Ganglienstrang der Wirbel- losen mehr in der unteren Hälfte des serösen Blattes. Ueberhaupt herrscht das rein sensible Centralsystem in der Klasse der Wir- belthiere während der ganzen Zeit der Entwickelung, am deut- lichsten aber in den ersten Stadien derselben, nicht nur vor den übrigen Metamorphosen vor, sondern scheint auch nicht ohne Ein- fluſs auf manche wichtige Metamorphosen der anderen Blätter überhaupt (wiewohl gerade in dieser Rücksicht sehr Vieles ohne allen wahren Erfahrungsgrund behauptet worden ist und noch be- hauptet wird) zu seyn. Bei den Wirbellosen tritt der Ganglien- strang in ein mehr untergeordnetes Verhältniſs zurück, und so- wohl der Masse als der Bedeutung nach ist es der motorische Theil des Leibes, welcher das Uebergewicht hat.
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Fragmente z. Gesetzlehre d. individuellen Entwickelung.
Gefäſsblatt, sich findet. Rathke vermuthete, daſs dieses letztere bei
dem Krebse sich mehr an das seröse, bei den Wirbelthieren an das
Schleimblatt halte. Bei den Letzteren mit Ausnahme der Cy-
clostomen und Cyprinen trenne es sich zum Theil als Gekröse,
welches R. mit v. Bär u. A. von dem Gefäſsblatte herleitet. Er
erklärt auch hieraus das besondere Verhältniſs der Leber beider
Thierabtheilungen. Da dieser als Ausstülpungsbildung des Schleim-
blattes die Gefäſsschicht fehlt, so erscheinen ihre Blinddärmchen
frei und ohne verbindendes gefäſsreiches Parenchym. — Wie ver-
hält es sich mit der Leber der Mollusken? —
Dieses sind die wichtigsten, aus den bisherigen Erfahrungen
herzuleitenden Differenzen der Totalität des Embryo oder der Keim-
haut. Wir gehen nun zu den wesentlichsten Unterschieden, welche
durch die Organe und Organsysteme bedingt werden, über.
9. Bei den Wirbelthieren bildet sich an dem oberen Cen-
tralrohre zuerst eine solide Masse nach auſsen und ein flüssiger
Stoff im Innern. Dieser letztere verwandelt sich in die Central-
theile des Nervensystemes, während die erstere zur Wirbelsäule
wird. Bei den höheren Wirbellosen tritt der Bauchganglienstrang
als der Repräsentant des centralen Nervensystemes von Anfang
an in solider Form auf, und zwar nach Rathke und E. H. We-
ber so, daſs die einzelnen Knoten schon durch dünnere Fäden
verbunden sind, also selbst abweichend von der Entstehungsart,
welche wir an dem sympathischen Nerven der Wirbelthiere zu
beobachten Gelegenheit hatten. Auch entsteht Hirn und Rücken-
mark, wie das obere Centralrohr überhaupt, in der oberen, von
dem Dotter abgewandten Hälfte, der Ganglienstrang der Wirbel-
losen mehr in der unteren Hälfte des serösen Blattes. Ueberhaupt
herrscht das rein sensible Centralsystem in der Klasse der Wir-
belthiere während der ganzen Zeit der Entwickelung, am deut-
lichsten aber in den ersten Stadien derselben, nicht nur vor den
übrigen Metamorphosen vor, sondern scheint auch nicht ohne Ein-
fluſs auf manche wichtige Metamorphosen der anderen Blätter
überhaupt (wiewohl gerade in dieser Rücksicht sehr Vieles ohne
allen wahren Erfahrungsgrund behauptet worden ist und noch be-
hauptet wird) zu seyn. Bei den Wirbellosen tritt der Ganglien-
strang in ein mehr untergeordnetes Verhältniſs zurück, und so-
wohl der Masse als der Bedeutung nach ist es der motorische
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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 606. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/634>, abgerufen am 22.11.2024.
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