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Andreä, Johann Valentin: Chymische Hochzeit Christiani Rosencreutz Anno 1459. Straßburg, 1616.

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Chymische Hochzeit:
nacher beschehen.) Wir eröffneten die Förmlin/
da waren es zwey schöne helle vnnd schier durch
Homunculi
duo.
scheinende Bildlin/ dergleichen Menschen Au-
gen niemalen gesehen/ ein Knäblin vnd Meydlin:
Jedes nur vier zol lang/ vnd daß mich am höch-
sten wundert/ waren sie nit hart/ sondern weich
vnd Fleischin/ wie ein anderer Mensch/ doch hat-
ten sie kein Leben/ daß ich also gäntzlich glaube
Fraw Venus Bilde werde auch auff solche Art
gemachet worden sein. Diese Engelschöne
Kindlein legeten wir erstlich auff zwey Atlasin
Küßelein/ vnd besahens ein gute weil/ daß wir
schier vber solchem zierlichen spectacul zu Lappen
wurden. Der Alte Herr wehret vns ab/ vnnd
Pascuntur
sanguine
[a]vis.
befahl jmmer ein Tröpfflein nach dem andern/
von deß Vogels Blut/ so in das Guldin Schä-
lein auffgefangen worden in der Bildlin Mund
fallen zulassen/ davon namen sie augenschein-
lich zu/ vnd da sie zuvor schon klein gewesen wa-
ren sie jetzt der Proportz nach noch schöner/ das
billich alle Mahler hie hätten sollen sein/ vnd
sich jhrer Kunst gegen diesem Geschöpff der Na-
tur geschämbt haben. Nuhn fiengen sie an so
groß zu werden/ daß wir sie ab dem Küßelein
heben/ vnd auff einen langen Tisch/ welcher mit
weissem Samet bedecket worden/ legen musten/ so
befahl vns auch der Alte/ einen weissen zarten
Pulcherri-
mi.
Doppeldaffet vber sie biß an die Brust zu decken/
welches vns vmb vnaußsprechlicher schöne wil-
len schier zu wider war/ damit ichs aber kürtze/
ehe wir daß Blut gar also verbraucht/ waren

sie

Chymiſche Hochzeit:
nacher beſchehen.) Wir eroͤffneten die Foͤrmlin/
da waren es zwey ſchoͤne helle vnnd ſchier durch
Homunculi
duo.
ſcheinende Bildlin/ dergleichen Menſchen Au-
gen niemalen geſehen/ ein Knaͤblin vnd Meydlin:
Jedes nur vier zol lang/ vnd daß mich am hoͤch-
ſten wundert/ waren ſie nit hart/ ſondern weich
vnd Fleiſchin/ wie ein anderer Menſch/ doch hat-
ten ſie kein Leben/ daß ich alſo gaͤntzlich glaube
Fraw Venus Bilde werde auch auff ſolche Art
gemachet worden ſein. Dieſe Engelſchoͤne
Kindlein legeten wir erſtlich auff zwey Atlaſin
Kuͤßelein/ vnd beſahens ein gute weil/ daß wir
ſchier vber ſolchem zierlichen ſpectacul zu Lappen
wurden. Der Alte Herꝛ wehret vns ab/ vnnd
Paſcuntur
ſanguine
[a]vis.
befahl jmmer ein Troͤpfflein nach dem andern/
von deß Vogels Blut/ ſo in das Guldin Schaͤ-
lein auffgefangen worden in der Bildlin Mund
fallen zulaſſen/ davon namen ſie augenſchein-
lich zu/ vnd da ſie zuvor ſchon klein geweſen wa-
ren ſie jetzt der Proportz nach noch ſchoͤner/ das
billich alle Mahler hie haͤtten ſollen ſein/ vnd
ſich jhrer Kunſt gegen dieſem Geſchoͤpff der Na-
tur geſchaͤmbt haben. Nuhn fiengen ſie an ſo
groß zu werden/ daß wir ſie ab dem Kuͤßelein
heben/ vnd auff einen langen Tiſch/ welcher mit
weiſſem Samet bedecket worden/ legen muſtẽ/ ſo
befahl vns auch der Alte/ einen weiſſen zarten
Pulcherri-
mi.
Doppeldaffet vber ſie biß an die Bruſt zu decken/
welches vns vmb vnaußſprechlicher ſchoͤne wil-
len ſchier zu wider war/ damit ichs aber kuͤrtze/
ehe wir daß Blut gar alſo verbraucht/ waren

ſie
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[126/0130] Chymiſche Hochzeit: nacher beſchehen.) Wir eroͤffneten die Foͤrmlin/ da waren es zwey ſchoͤne helle vnnd ſchier durch ſcheinende Bildlin/ dergleichen Menſchen Au- gen niemalen geſehen/ ein Knaͤblin vnd Meydlin: Jedes nur vier zol lang/ vnd daß mich am hoͤch- ſten wundert/ waren ſie nit hart/ ſondern weich vnd Fleiſchin/ wie ein anderer Menſch/ doch hat- ten ſie kein Leben/ daß ich alſo gaͤntzlich glaube Fraw Venus Bilde werde auch auff ſolche Art gemachet worden ſein. Dieſe Engelſchoͤne Kindlein legeten wir erſtlich auff zwey Atlaſin Kuͤßelein/ vnd beſahens ein gute weil/ daß wir ſchier vber ſolchem zierlichen ſpectacul zu Lappen wurden. Der Alte Herꝛ wehret vns ab/ vnnd befahl jmmer ein Troͤpfflein nach dem andern/ von deß Vogels Blut/ ſo in das Guldin Schaͤ- lein auffgefangen worden in der Bildlin Mund fallen zulaſſen/ davon namen ſie augenſchein- lich zu/ vnd da ſie zuvor ſchon klein geweſen wa- ren ſie jetzt der Proportz nach noch ſchoͤner/ das billich alle Mahler hie haͤtten ſollen ſein/ vnd ſich jhrer Kunſt gegen dieſem Geſchoͤpff der Na- tur geſchaͤmbt haben. Nuhn fiengen ſie an ſo groß zu werden/ daß wir ſie ab dem Kuͤßelein heben/ vnd auff einen langen Tiſch/ welcher mit weiſſem Samet bedecket worden/ legen muſtẽ/ ſo befahl vns auch der Alte/ einen weiſſen zarten Doppeldaffet vber ſie biß an die Bruſt zu decken/ welches vns vmb vnaußſprechlicher ſchoͤne wil- len ſchier zu wider war/ damit ichs aber kuͤrtze/ ehe wir daß Blut gar alſo verbraucht/ waren ſie Homunculi duo. Paſcuntur ſanguine avis. Pulcherri- mi.

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Zitationshilfe: Andreä, Johann Valentin: Chymische Hochzeit Christiani Rosencreutz Anno 1459. Straßburg, 1616, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_hochzeit_1616/130>, abgerufen am 29.04.2024.