Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.

Bild:
<< vorherige Seite
Das XII. Capitel. Von dem ORIENTALIschen BEZOAR.

[Abbildung]

§. 1.

DEr Orientalische Bezoar, oder LAPIS BEZOAR ORIENTALIS, ist ein sehr zarter/ mürber und gantz glatter Stein/ von unterschiedlicher Grösse und Gestalt/ auswendig grünlicht/ oder grünschwartz/ inwendig aus vielen dünnen und zarten Schalen/ so wie die Zwiebel-Schalen über einander gewachsen/ bestehend: hat sonderlich keinen Geruch/ und wird aus Persien und Ost-Indien heraus gebracht/ wie Philip. Baldaeus in Beschreibung der Küsten Malabar und Coromandel. c. 16. bezeuget.

§. 2.

Von dem Ursprung dieser Steinen/ sind vor diesem verschiedene Meynungen gewesen: Einige hielten sie vor Hirsch-Zähren/ oder Lachrymis Cervorum, welche in den Augen-Winckel wie Gummi erhärteten/ und zu solchen Stein würden. Allein/ obgleich es nicht zu läugnen/ daß sich dergleichen Zähren finden/ wie sie anderwerts bey den Hirsch-Gewichten sollen abgemahlet werden; so ist doch heut zu Tag unstrittig/ daß die Bezoar-Steine ein viel ander Wesen seyn / und von gewissen fremden Thieren herkommen/ so in Persien und Ost-Indien gefunden werden/ und theils einer Geisse/ theils einem Hirsche gleich sehen/ und deßwegen

CAPRI-CERVAE

genennet werden. Diese Thiere sollen sehr wild und flüchtig seyn/ von einem Felsen zum andern springen/ am Kopff und Leib wie ein Bock/ aber mit kleinen zarten Haaren gezieret/ an den Füssen wie ein Geiß/ mit einem kurtzen/ und am End gleichsam auffgekraußten Schwantz / und zwey schwartzen grausen Hörnern/ welche nebst den Füssen Mons. Pomet zu Pariß selbsten in Handen gehabt/ und selbige sowohl als das gantze Thier/ aus andern glaubwürdigen Reiß-Beschreibungen in seiner Histoire des Drogues Lib. I. p. 10. unter Augen geleget/ und beschrieben hat.

§. 3.

Weilen nun diese Bezoar-Geise auch unter die wiederkäuende Thiere gehören/ auch wie diese 14. Magen haben/ so pflegt es zu geschehen/ daß sich in dem ersten Magen/ umb die Knöpff und Stengel der jenigen aromatischen Kräuter/ so sie fressen/ nach und nach gewisse schleimite Häutlein anlegen/ und über einander wachsen/ dahero die Bezoar-Stein entstehen/ und nach dem sie um die Knöpfflein oder Stengel wachsen/ entweder rund oder länglicht werden. Ob nun diese Steinlein groß oder klein/ oder wieviel sich deroselben in einem Thier sich befinden/ sollen die Einwohner/ welche dieselbe fahen/ auswendig auch darnach die Thiere schätzen können/ welche einsmahls dem berühmten Tavernier sechs derselben Thiere in Persien heimlich zugeführet haben/ worinnen 17. Stück von den Steinen sind gefunden worden / wieer solches weitläufftig in seinen Reiß-Beschreibungen pag. 318. deß zweyten Theils beschrieben.

Das XII. Capitel. Von dem ORIENTALIschen BEZOAR.

[Abbildung]

§. 1.

DEr Orientalische Bezoar, oder LAPIS BEZOAR ORIENTALIS, ist ein sehr zarter/ mürber und gantz glatter Stein/ von unterschiedlicher Grösse und Gestalt/ auswendig grünlicht/ oder grünschwartz/ inwendig aus vielen dünnen und zarten Schalen/ so wie die Zwiebel-Schalen über einander gewachsen/ bestehend: hat sonderlich keinen Geruch/ und wird aus Persien und Ost-Indien heraus gebracht/ wie Philip. Baldaeus in Beschreibung der Küsten Malabar und Coromandel. c. 16. bezeuget.

§. 2.

Von dem Ursprung dieser Steinen/ sind vor diesem verschiedene Meynungen gewesen: Einige hielten sie vor Hirsch-Zähren/ oder Lachrymis Cervorum, welche in den Augen-Winckel wie Gummi erhärteten/ und zu solchen Stein würden. Allein/ obgleich es nicht zu läugnen/ daß sich dergleichen Zähren finden/ wie sie anderwerts bey den Hirsch-Gewichten sollen abgemahlet werden; so ist doch heut zu Tag unstrittig/ daß die Bezoar-Steine ein viel ander Wesen seyn / und von gewissen fremden Thieren herkommen/ so in Persien und Ost-Indien gefunden werden/ und theils einer Geisse/ theils einem Hirsche gleich sehen/ und deßwegen

CAPRI-CERVAE

genennet werden. Diese Thiere sollen sehr wild und flüchtig seyn/ von einem Felsen zum andern springen/ am Kopff und Leib wie ein Bock/ aber mit kleinen zarten Haaren gezieret/ an den Füssen wie ein Geiß/ mit einem kurtzen/ und am End gleichsam auffgekraußten Schwantz / und zwey schwartzen grausen Hörnern/ welche nebst den Füssen Mons. Pomet zu Pariß selbsten in Handen gehabt/ und selbige sowohl als das gantze Thier/ aus andern glaubwürdigen Reiß-Beschreibungen in seiner Histoire des Drogues Lib. I. p. 10. unter Augen geleget/ und beschrieben hat.

§. 3.

Weilen nun diese Bezoar-Geise auch unter die wiederkäuende Thiere gehören/ auch wie diese 14. Magen haben/ so pflegt es zu geschehen/ daß sich in dem ersten Magen/ umb die Knöpff und Stengel der jenigen aromatischen Kräuter/ so sie fressen/ nach und nach gewisse schleimite Häutlein anlegen/ und über einander wachsen/ dahero die Bezoar-Stein entstehen/ und nach dem sie um die Knöpfflein oder Stengel wachsen/ entweder rund oder länglicht werden. Ob nun diese Steinlein groß oder klein/ oder wieviel sich deroselben in einem Thier sich befinden/ sollen die Einwohner/ welche dieselbe fahen/ auswendig auch darnach die Thiere schätzen köñen/ welche einsmahls dem berühmten Tavernier sechs derselben Thiere in Persien heimlich zugeführet haben/ woriñen 17. Stück von den Steinen sind gefunden worden / wieer solches weitläufftig in seinen Reiß-Beschreibungen pag. 318. deß zweyten Theils beschrieben.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0490" n="444"/>
      </div>
      <div>
        <head>Das XII. Capitel. Von dem ORIENTALIschen BEZOAR.</head>
        <p>
          <figure/>
        </p>
      </div>
      <div>
        <head>§. 1.</head>
        <p>DEr Orientalische Bezoar, oder LAPIS BEZOAR ORIENTALIS, ist ein sehr zarter/ mürber und       gantz glatter Stein/ von unterschiedlicher Grösse und Gestalt/ auswendig grünlicht/ oder       grünschwartz/ inwendig aus vielen dünnen und zarten Schalen/ so wie die Zwiebel-Schalen über       einander gewachsen/ bestehend: hat sonderlich keinen Geruch/ und wird aus Persien und       Ost-Indien heraus gebracht/ wie Philip. Baldaeus in Beschreibung der Küsten Malabar und       Coromandel. c. 16. bezeuget.</p>
      </div>
      <div>
        <head>§. 2.</head>
        <p>Von dem Ursprung dieser Steinen/ sind vor diesem verschiedene Meynungen gewesen: Einige       hielten sie vor Hirsch-Zähren/ oder Lachrymis Cervorum, welche in den Augen-Winckel wie Gummi       erhärteten/ und zu solchen Stein würden. Allein/ obgleich es nicht zu läugnen/ daß sich       dergleichen Zähren finden/ wie sie anderwerts bey den Hirsch-Gewichten sollen abgemahlet       werden; so ist doch heut zu Tag unstrittig/ daß die Bezoar-Steine ein viel ander Wesen seyn /       und von gewissen fremden Thieren herkommen/ so in Persien und Ost-Indien gefunden werden/ und       theils einer Geisse/ theils einem Hirsche gleich sehen/ und deßwegen</p>
        <p> <hi rendition="#k">CAPRI-CERVAE</hi> </p>
        <p>genennet werden. Diese Thiere sollen sehr wild und flüchtig seyn/ von einem Felsen zum       andern springen/ am Kopff und Leib wie ein Bock/ aber mit kleinen zarten Haaren gezieret/ an       den Füssen wie ein Geiß/ mit einem kurtzen/ und am End gleichsam auffgekraußten Schwantz /       und zwey schwartzen grausen Hörnern/ welche nebst den Füssen Mons. Pomet zu Pariß selbsten in       Handen gehabt/ und selbige sowohl als das gantze Thier/ aus andern glaubwürdigen       Reiß-Beschreibungen in seiner Histoire des Drogues Lib. I. p. 10. unter Augen geleget/ und       beschrieben hat.</p>
      </div>
      <div>
        <head>§. 3.</head>
        <p>Weilen nun diese Bezoar-Geise auch unter die wiederkäuende Thiere gehören/ auch wie diese       14. Magen haben/ so pflegt es zu geschehen/ daß sich in dem ersten Magen/ umb die Knöpff und       Stengel der jenigen aromatischen Kräuter/ so sie fressen/ nach und nach gewisse schleimite       Häutlein anlegen/ und über einander wachsen/ dahero die Bezoar-Stein entstehen/ und nach dem       sie um die Knöpfflein oder Stengel wachsen/ entweder rund oder länglicht werden. Ob nun diese       Steinlein groß oder klein/ oder wieviel sich deroselben in einem Thier sich befinden/ sollen       die Einwohner/ welche dieselbe fahen/ auswendig auch darnach die Thiere schätzen       kön&#x0303;en/ welche einsmahls dem berühmten Tavernier sechs derselben Thiere in Persien       heimlich zugeführet haben/ worin&#x0303;en 17. Stück von den Steinen sind gefunden worden /       wieer solches weitläufftig in seinen Reiß-Beschreibungen pag. 318. deß zweyten Theils       beschrieben.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[444/0490] Das XII. Capitel. Von dem ORIENTALIschen BEZOAR. [Abbildung] §. 1. DEr Orientalische Bezoar, oder LAPIS BEZOAR ORIENTALIS, ist ein sehr zarter/ mürber und gantz glatter Stein/ von unterschiedlicher Grösse und Gestalt/ auswendig grünlicht/ oder grünschwartz/ inwendig aus vielen dünnen und zarten Schalen/ so wie die Zwiebel-Schalen über einander gewachsen/ bestehend: hat sonderlich keinen Geruch/ und wird aus Persien und Ost-Indien heraus gebracht/ wie Philip. Baldaeus in Beschreibung der Küsten Malabar und Coromandel. c. 16. bezeuget. §. 2. Von dem Ursprung dieser Steinen/ sind vor diesem verschiedene Meynungen gewesen: Einige hielten sie vor Hirsch-Zähren/ oder Lachrymis Cervorum, welche in den Augen-Winckel wie Gummi erhärteten/ und zu solchen Stein würden. Allein/ obgleich es nicht zu läugnen/ daß sich dergleichen Zähren finden/ wie sie anderwerts bey den Hirsch-Gewichten sollen abgemahlet werden; so ist doch heut zu Tag unstrittig/ daß die Bezoar-Steine ein viel ander Wesen seyn / und von gewissen fremden Thieren herkommen/ so in Persien und Ost-Indien gefunden werden/ und theils einer Geisse/ theils einem Hirsche gleich sehen/ und deßwegen CAPRI-CERVAE genennet werden. Diese Thiere sollen sehr wild und flüchtig seyn/ von einem Felsen zum andern springen/ am Kopff und Leib wie ein Bock/ aber mit kleinen zarten Haaren gezieret/ an den Füssen wie ein Geiß/ mit einem kurtzen/ und am End gleichsam auffgekraußten Schwantz / und zwey schwartzen grausen Hörnern/ welche nebst den Füssen Mons. Pomet zu Pariß selbsten in Handen gehabt/ und selbige sowohl als das gantze Thier/ aus andern glaubwürdigen Reiß-Beschreibungen in seiner Histoire des Drogues Lib. I. p. 10. unter Augen geleget/ und beschrieben hat. §. 3. Weilen nun diese Bezoar-Geise auch unter die wiederkäuende Thiere gehören/ auch wie diese 14. Magen haben/ so pflegt es zu geschehen/ daß sich in dem ersten Magen/ umb die Knöpff und Stengel der jenigen aromatischen Kräuter/ so sie fressen/ nach und nach gewisse schleimite Häutlein anlegen/ und über einander wachsen/ dahero die Bezoar-Stein entstehen/ und nach dem sie um die Knöpfflein oder Stengel wachsen/ entweder rund oder länglicht werden. Ob nun diese Steinlein groß oder klein/ oder wieviel sich deroselben in einem Thier sich befinden/ sollen die Einwohner/ welche dieselbe fahen/ auswendig auch darnach die Thiere schätzen köñen/ welche einsmahls dem berühmten Tavernier sechs derselben Thiere in Persien heimlich zugeführet haben/ woriñen 17. Stück von den Steinen sind gefunden worden / wieer solches weitläufftig in seinen Reiß-Beschreibungen pag. 318. deß zweyten Theils beschrieben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/490
Zitationshilfe: Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/490>, abgerufen am 22.11.2024.