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Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.

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§. I.

PEdra del porco oder Lapis Porcinus ist ein sehr kostbahrer Stein/ welcher vor wenig Jahren von den Portugiesen auß Ost-Indien nach Lisbon und Amsterdam gebracht worden/ hat die Grösse einer Haselnus/ von unterschiedlicher Form und Couleur, welche doch gemeiniglich entweder leberfarb oder weißgrünlicht außsiehet/ glatt/ wie Seiffen anzugreiffen/ wiewohl er einige Narben gleich wie Blatter-Gruben hat; wird von den Indianern Mastica de Soho, von den Portugiesen Piedra del Puerco, item: Pedra de Vassar, voll den Spaniern Pedra de Porcas, und von den Italiänern Pedra del Porco benambset: und weilen er in dem Königreich Malaca gesamblet wird/ so nennen ihn viele im Lateinischen Lapidem Malacensem, davon Aldrovandus in seinem Musaeo Metallico lib. 4. pag. 798. zu sehen ist.

§. 2.

Zwar sind einige Materialisten/ nahmentlich Pomet im Anhang seiner Histori von den Materialien pag. 2. welche davor halten/ daß Pedra del Porco etwas anderst sey/ als der Lapis Malacensis, indem sie davor halten/ daß jener in den Indianischen Schweinen/ dieser aber in dem Stachel-Schwein gefunden werde; allein dieser Unterscheid findet sich bey den Gelehrten nicht/ welche mit den Grossirern von der Ost-Indischen Compagnie alle davor halten/ daß dieser Pedra del Porco auß Pam in dem Königreich Malaca von den Stachel-Schweinen herrühre; und mag dieser Irrthum vielleicht daher kommen/ weilen einige das Stachel-Schwein auch porcum Spinosum und porcum marinum ein Meer-Schwein mit dem gemeinen Mann zu nennen pflegen/ wie Geßner in seinem Thier-Buch Lib. I. pag. 633. muthmasset.

§. 3.

Das Stachel-Schwein selbsten wird Lateinisch Histrix genennet/ dahero auch dieser Stein sonsten/ und zwar mit besserem Bestand/ Lapis Histricinus genandt wird. Andere nennen es Parcapus; ist eine Art Igeln/ und findet sich in Ost-Indien/ so groß als ein zwey-monatlich Schweingen/ hat einen Kopff wie ein Caninchen/ die fördern Füß als ein Dar/ und die hindern Füß wie ein Bär/ auf der Stirn einen langen Strauß/ über den gantzen Leib aber hat es lange spitzige Stacheln/ welche Gliedweis/ bald braun/ bald weiß gebildet/ und sonsten von den Mahlern zu den Pinselstielen employret werden; und weilen diese Stacheln einem Feder-Kiel nicht ungleich/ so nennen die Landfahrer dieses Thier den Vogel Taran oder Seydan. Wann man es zornig machet/ wirffet es die Stachel wie Spiesse von sich/ dahero vielleicht die Spanische Reuter im Feld Schweinsfedern genennet werden. Bestehe die Figur.

§. 4.

Es findet sich aber dieser Stein in sehr wenigen/ und zwar nur in krancken Stachel-Schweinen / weßwegen er auch so rar und theur ist/ indem selten mehr als 2. oder 3. unter denjenigen Waaren/ welche die Ost-Indische Compagnien zu Lißbon und Amsterdam groß zu verkauffen pflegen / gefunden/ auch das Stück alsdann von 135. bis 275. Holländische fl. verkaufft/ von den Materialisten aber nachmahlen von 4. bis 600. fl. gehalten werden/ welche ihn auch in Holland außzulehnen/ und von jeden 24. Stunden einen Ducaten zu nehmen pflegen. Insgemein aber behalten ihn vornehme reiche Kauffleute/ entweder solchen vornehmen Herren zu praesentiren / oder vor ihre Erben und Freunde zu gebrauchen; weßwegen sie überall in güldene durchlöcherte Büchslein eingefasset und an ein gülden Kettgen gehänget werden.

§. 5.

Indessen muß man sich wohl fürsehen/ daß man den rechten/ auffrichtigen Stein überkomme / indem auch ein anderer bastart dieses Nahmens zu finden/ welchen vor diesem bey H[unleserliches Material]. Vito, einem Materialisten in Wormbs/ als er eben auß Ost-Indien gekommen/ gesehen/ war rund / schwartz und schwer/ auch nicht sehr bitter; der rechte aber ist sehr bitter/ so gar/ daß einige vorgeben/ man könte die Bitterkeit davon auf dem Rücken der Hand spühren/ wann man ihn eine Zeit lang in der Fläche derselben halten thätte: welche Bitterkeit er von der Gallen Blas / darinnen er gezenget wird/ und der Galle selbsten hat. Er bestehet im übrigen auß dünnen Schalen und Häutlein/ deren eines über das ander gewachsen/ wie die rechten Bezoarsteine sonsten beschaffen seyn: und wann er noch nicht gebrauchet worden/ ist er mit einem zarten Blätlein/ so gleichsam darüber geleimet/ überzogen/ welches/ so man ihn einweichet/ sich ablöset.

§. 6.

Unter dessen Qualitäten und Kräfften hat die Gifft- und Schweis-treibende den Vorzug/ welche Dimas Bosque Valentinus in Indien zum ersten dariun erfunden/ wie Boetius de Boot. in seiner Histori der Steinen t. 2. c. 8. p. 356. anmercket/ und kan solche füglich von dem vielen volatilischen Saltz/ so Le Wenhoeck, ein berühmter Holländer in Arcanis Nat. detectis pag. 115. mit einem curieusen Vergrösserungs Glas darinnen gesehen zu haben vorgibt / deriviret werden. Nechst dem dienet er auch in der Colic/ Uberschieße der Gall/ und darauß entspringender Cholera, welche die Indianer Mordexin nennen/ und vor eine Pest bey ihnen halten/ dargegen sie diesen Stein sehr gebrauchen. Er

§. I.

PEdra del porco oder Lapis Porcinus ist ein sehr kostbahrer Stein/ welcher vor wenig Jahren von den Portugiesen auß Ost-Indien nach Lisbon und Amsterdam gebracht worden/ hat die Grösse einer Haselnus/ von unterschiedlicher Form und Couleur, welche doch gemeiniglich entweder leberfarb oder weißgrünlicht außsiehet/ glatt/ wie Seiffen anzugreiffen/ wiewohl er einige Narben gleich wie Blatter-Gruben hat; wird von den Indianern Mastica de Soho, von den Portugiesen Piedra del Puerco, item: Pedra de Vassar, voll den Spaniern Pedra de Porcas, und von den Italiänern Pedra del Porco benambset: und weilen er in dem Königreich Malaca gesamblet wird/ so nennen ihn viele im Lateinischen Lapidem Malacensem, davon Aldrovandus in seinem Musaeo Metallico lib. 4. pag. 798. zu sehen ist.

§. 2.

Zwar sind einige Materialisten/ nahmentlich Pomet im Anhang seiner Histori von den Materialien pag. 2. welche davor halten/ daß Pedra del Porco etwas anderst sey/ als der Lapis Malacensis, indem sie davor halten/ daß jener in den Indianischen Schweinen/ dieser aber in dem Stachel-Schwein gefunden werde; allein dieser Unterscheid findet sich bey den Gelehrten nicht/ welche mit den Grossirern von der Ost-Indischen Compagnie alle davor halten/ daß dieser Pedra del Porco auß Pam in dem Königreich Malaca von den Stachel-Schweinen herrühre; und mag dieser Irrthum vielleicht daher kommen/ weilen einige das Stachel-Schwein auch porcum Spinosum und porcum marinum ein Meer-Schwein mit dem gemeinen Mann zu nennen pflegen/ wie Geßner in seinem Thier-Buch Lib. I. pag. 633. muthmasset.

§. 3.

Das Stachel-Schwein selbsten wird Lateinisch Histrix genennet/ dahero auch dieser Stein sonsten/ und zwar mit besserem Bestand/ Lapis Histricinus genandt wird. Andere nennen es Parcapus; ist eine Art Igeln/ und findet sich in Ost-Indien/ so groß als ein zwey-monatlich Schweingen/ hat einen Kopff wie ein Caninchen/ die fördern Füß als ein Dar/ und die hindern Füß wie ein Bär/ auf der Stirn einen langen Strauß/ über den gantzen Leib aber hat es lange spitzige Stacheln/ welche Gliedweis/ bald braun/ bald weiß gebildet/ und sonsten von den Mahlern zu den Pinselstielen employret werden; und weilen diese Stacheln einem Feder-Kiel nicht ungleich/ so nennen die Landfahrer dieses Thier den Vogel Taran oder Seydan. Wann man es zornig machet/ wirffet es die Stachel wie Spiesse von sich/ dahero vielleicht die Spanische Reuter im Feld Schweinsfedern genennet werden. Bestehe die Figur.

§. 4.

Es findet sich aber dieser Stein in sehr wenigen/ und zwar nur in krancken Stachel-Schweinen / weßwegen er auch so rar und theur ist/ indem selten mehr als 2. oder 3. unter denjenigen Waaren/ welche die Ost-Indische Compagnien zu Lißbon und Amsterdam groß zu verkauffen pflegen / gefunden/ auch das Stück alsdann von 135. bis 275. Holländische fl. verkaufft/ von den Materialisten aber nachmahlen von 4. bis 600. fl. gehalten werden/ welche ihn auch in Holland außzulehnen/ und von jeden 24. Stunden einen Ducaten zu nehmen pflegen. Insgemein aber behalten ihn vornehme reiche Kauffleute/ entweder solchen vornehmen Herren zu praesentiren / oder vor ihre Erben und Freunde zu gebrauchen; weßwegen sie überall in güldene durchlöcherte Büchslein eingefasset und an ein gülden Kettgen gehänget werden.

§. 5.

Indessen muß man sich wohl fürsehen/ daß man den rechten/ auffrichtigen Stein überkomme / indem auch ein anderer bastart dieses Nahmens zu finden/ welchen vor diesem bey H[unleserliches Material]. Vito, einem Materialisten in Wormbs/ als er eben auß Ost-Indien gekommen/ gesehen/ war rund / schwartz und schwer/ auch nicht sehr bitter; der rechte aber ist sehr bitter/ so gar/ daß einige vorgeben/ man könte die Bitterkeit davon auf dem Rücken der Hand spühren/ wann man ihn eine Zeit lang in der Fläche derselben halten thätte: welche Bitterkeit er von der Gallen Blas / darinnen er gezenget wird/ und der Galle selbsten hat. Er bestehet im übrigen auß dünnen Schalen und Häutlein/ deren eines über das ander gewachsen/ wie die rechten Bezoarsteine sonsten beschaffen seyn: und wann er noch nicht gebrauchet worden/ ist er mit einem zarten Blätlein/ so gleichsam darüber geleimet/ überzogen/ welches/ so man ihn einweichet/ sich ablöset.

§. 6.

Unter dessen Qualitäten und Kräfften hat die Gifft- und Schweis-treibende den Vorzug/ welche Dimas Bosque Valentinus in Indien zum ersten dariun erfunden/ wie Boëtius de Boot. in seiner Histori der Steinen t. 2. c. 8. p. 356. anmercket/ und kan solche füglich von dem vielen volatilischen Saltz/ so Le Wenhoeck, ein berühmter Holländer in Arcanis Nat. detectis pag. 115. mit einem curieusen Vergrösserungs Glas dariñen gesehen zu haben vorgibt / deriviret werden. Nechst dem dienet er auch in der Colic/ Uberschießë der Gall/ und darauß entspringender Cholera, welche die Indianer Mordexin neñen/ und vor eine Pest bey ihnen halten/ dargegen sie diesen Stein sehr gebrauchen. Er

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[456/0502] §. I. PEdra del porco oder Lapis Porcinus ist ein sehr kostbahrer Stein/ welcher vor wenig Jahren von den Portugiesen auß Ost-Indien nach Lisbon und Amsterdam gebracht worden/ hat die Grösse einer Haselnus/ von unterschiedlicher Form und Couleur, welche doch gemeiniglich entweder leberfarb oder weißgrünlicht außsiehet/ glatt/ wie Seiffen anzugreiffen/ wiewohl er einige Narben gleich wie Blatter-Gruben hat; wird von den Indianern Mastica de Soho, von den Portugiesen Piedra del Puerco, item: Pedra de Vassar, voll den Spaniern Pedra de Porcas, und von den Italiänern Pedra del Porco benambset: und weilen er in dem Königreich Malaca gesamblet wird/ so nennen ihn viele im Lateinischen Lapidem Malacensem, davon Aldrovandus in seinem Musaeo Metallico lib. 4. pag. 798. zu sehen ist. §. 2. Zwar sind einige Materialisten/ nahmentlich Pomet im Anhang seiner Histori von den Materialien pag. 2. welche davor halten/ daß Pedra del Porco etwas anderst sey/ als der Lapis Malacensis, indem sie davor halten/ daß jener in den Indianischen Schweinen/ dieser aber in dem Stachel-Schwein gefunden werde; allein dieser Unterscheid findet sich bey den Gelehrten nicht/ welche mit den Grossirern von der Ost-Indischen Compagnie alle davor halten/ daß dieser Pedra del Porco auß Pam in dem Königreich Malaca von den Stachel-Schweinen herrühre; und mag dieser Irrthum vielleicht daher kommen/ weilen einige das Stachel-Schwein auch porcum Spinosum und porcum marinum ein Meer-Schwein mit dem gemeinen Mann zu nennen pflegen/ wie Geßner in seinem Thier-Buch Lib. I. pag. 633. muthmasset. §. 3. Das Stachel-Schwein selbsten wird Lateinisch Histrix genennet/ dahero auch dieser Stein sonsten/ und zwar mit besserem Bestand/ Lapis Histricinus genandt wird. Andere nennen es Parcapus; ist eine Art Igeln/ und findet sich in Ost-Indien/ so groß als ein zwey-monatlich Schweingen/ hat einen Kopff wie ein Caninchen/ die fördern Füß als ein Dar/ und die hindern Füß wie ein Bär/ auf der Stirn einen langen Strauß/ über den gantzen Leib aber hat es lange spitzige Stacheln/ welche Gliedweis/ bald braun/ bald weiß gebildet/ und sonsten von den Mahlern zu den Pinselstielen employret werden; und weilen diese Stacheln einem Feder-Kiel nicht ungleich/ so nennen die Landfahrer dieses Thier den Vogel Taran oder Seydan. Wann man es zornig machet/ wirffet es die Stachel wie Spiesse von sich/ dahero vielleicht die Spanische Reuter im Feld Schweinsfedern genennet werden. Bestehe die Figur. §. 4. Es findet sich aber dieser Stein in sehr wenigen/ und zwar nur in krancken Stachel-Schweinen / weßwegen er auch so rar und theur ist/ indem selten mehr als 2. oder 3. unter denjenigen Waaren/ welche die Ost-Indische Compagnien zu Lißbon und Amsterdam groß zu verkauffen pflegen / gefunden/ auch das Stück alsdann von 135. bis 275. Holländische fl. verkaufft/ von den Materialisten aber nachmahlen von 4. bis 600. fl. gehalten werden/ welche ihn auch in Holland außzulehnen/ und von jeden 24. Stunden einen Ducaten zu nehmen pflegen. Insgemein aber behalten ihn vornehme reiche Kauffleute/ entweder solchen vornehmen Herren zu praesentiren / oder vor ihre Erben und Freunde zu gebrauchen; weßwegen sie überall in güldene durchlöcherte Büchslein eingefasset und an ein gülden Kettgen gehänget werden. §. 5. Indessen muß man sich wohl fürsehen/ daß man den rechten/ auffrichtigen Stein überkomme / indem auch ein anderer bastart dieses Nahmens zu finden/ welchen vor diesem bey H_ . Vito, einem Materialisten in Wormbs/ als er eben auß Ost-Indien gekommen/ gesehen/ war rund / schwartz und schwer/ auch nicht sehr bitter; der rechte aber ist sehr bitter/ so gar/ daß einige vorgeben/ man könte die Bitterkeit davon auf dem Rücken der Hand spühren/ wann man ihn eine Zeit lang in der Fläche derselben halten thätte: welche Bitterkeit er von der Gallen Blas / darinnen er gezenget wird/ und der Galle selbsten hat. Er bestehet im übrigen auß dünnen Schalen und Häutlein/ deren eines über das ander gewachsen/ wie die rechten Bezoarsteine sonsten beschaffen seyn: und wann er noch nicht gebrauchet worden/ ist er mit einem zarten Blätlein/ so gleichsam darüber geleimet/ überzogen/ welches/ so man ihn einweichet/ sich ablöset. §. 6. Unter dessen Qualitäten und Kräfften hat die Gifft- und Schweis-treibende den Vorzug/ welche Dimas Bosque Valentinus in Indien zum ersten dariun erfunden/ wie Boëtius de Boot. in seiner Histori der Steinen t. 2. c. 8. p. 356. anmercket/ und kan solche füglich von dem vielen volatilischen Saltz/ so Le Wenhoeck, ein berühmter Holländer in Arcanis Nat. detectis pag. 115. mit einem curieusen Vergrösserungs Glas dariñen gesehen zu haben vorgibt / deriviret werden. Nechst dem dienet er auch in der Colic/ Uberschießë der Gall/ und darauß entspringender Cholera, welche die Indianer Mordexin neñen/ und vor eine Pest bey ihnen halten/ dargegen sie diesen Stein sehr gebrauchen. Er

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Zitationshilfe: Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/502>, abgerufen am 22.11.2024.