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Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.

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und einer schönen Jungfrau erwehnt/ findet sich in tausend Erempeln mehr. Unter welchen Mir nicht mehr beliebt/ als eines noch hierbey zusügen/ genommen von der Architectur. Ists nicht wahr/ wenn ein guter Baumeister seinen lehr- begierigen Jünger sorgfältig unterweist/ wie er so wol zu Papier/ nach verjüngtem Maaß-stab/ alle Theile eines schönen Gebäudes nach dem Modulo der oder jener Säulen- Ordnung richtig proportioniren/ oder im grossen Werck selbsten hernach sein eigen Winckel- Maaß/ Bley- Wage/ Schnur und Loth/ da und dort anlegen/ oder andern/ solches zu thun/ ohne augenscheinlichen Irrthum/ anbefehlen solle; so hat Er so fern sein Ampt verrichtet: Und wenn das Gebäude hernachmahls selbst/ zu glücklichen Stunden aufgeführet ist/ so verdienet es/ seiner Regularität wegen/ seinen Ruhm? welche Regularität sich gründet auf die natürliche Proportion der Glieder des menschlichen Leibes/ worauf der köstliche Autor, Vitruvius, alzeit mit höchstem Eifer und Fleiß gegangen ist/ wie solches theils Bernhardus Baldus (de Verborum Vitruv. Signis. sub tit. Denticuli) etlicher massen bezeugt/ schreibende: Magnus Naturae Imitator erat Vitruvius, &amp; Monstoru[unleserliches Material] osor &amp; exagittator; das ist: Vitrivius war ein grosser Nachfolger der Natur / und gehässiger Verfolger unförmlicher ungeheuret Wercke; theils Vitruvius selbst so viel deutlicher uns lehret/ in dem Er (libro 4. Archit. cap. I. §. 4.) außdrücklich sich heraus läst in diese Worte: Non potest AEdes ulla sine Symmetria atque proportione rationem habere compositionis, nisi uti ad Hominis benefigurati Membrorum habuerit exactam rationem; Das ist: Es kan kein Gebäude/ dem es an richtiger Gleich-einstimmung aller Theile desselben unter sich / und an proportion gebricht/ für wol-zusammen-gesetzt gehalten werden/ es treffe denn gantz genau mit den Glied- massen eines wolgestalten Menschen überein. Welches ich mir vorgenommen hatte/ weitläufftiger außzuführen/ und der Feder den Lauff zu lassen/ eine summarische Anatomische Civil-Bau-kunst/ oder Architectonische Anatomie/ zu so viel mehrer Belustigung des Lesers/ anzudenten/ von Glied zu Gliede des menschlichen Cörpers/ ie minder von allen Zeiten des Vitruvii biß auher/ so ein artiger parallelismus oder Vergleich zwischen dem Menschen/ als Grunde vieler anderr Mathematischen/ Wissenschafften mehr/ und absonderlich zwischen den Civil-Gebäuden/ in acht genommen worden.

§. 10. Aber noch kräfftig- und erbaulicher wird einein begierigen Schüler der so edlen Wissenschafft seyn/ fals sein Lehrmeister/ nach sattsamlich vorgelegten Regeln/ worinnen die Natur eines richtigen Gebäudes bestehe/ zum Uberfluß auch bey allen oder den meisten derselben / eine außdrückliche opposition und Gegenhalt irrsamer Exempel/ die da und dort in der Welt anzutreffen seyn/ vor Augen stelle. Denn solcher gestalt drückt der Schüller/ aus opposition aller beyder/ den wahren zierlichen Anstand und gebührende Regularität/ so viel tieffer in sein Gedächnüß ein: dergleichen diese ist/ die ich zur Zugabe hiemit wil nahmhafft machen / betreffende die Förm- oder Unförm- ligkeit der Dächer/ in Bürger- und höherer Personen Häusern.

§. 11. Ein Dach nemlich sol einem Gehäude das jenige seyn/ was bey dem Menschen natürlicher weise ist das Obertheil des Haupts oder auch/ ausser dem/ der darauf gesetzte Hut. In Italien derhalben hat es mehren-theils nur platte/ gantz nicht-hoch-zugespitz te Dächer. In Teutschland hingegen/ aus respect des mehrern Schnees/ hat man die Dächer aus Nothwendigkeit was höher zu führen/ und gleichsam dem Kopff einen so viel höhern und spitzigern Hutt auffsetzen müssen. Diese Licentz/ in Aufführung des Dachs/ haben die Zimmer-Leute/ und anderer/ der mit dem Menschlichen Cörper harmonischen Bau-Kunst unterfahrne Leute/ und nach und nach weiter extendiret/ als sie gesolt/ und machen hier zu Lande biß dato die Dächer dermassen jpitz- und hoch/ daß die perpendiculier-Linie derselben gemeiniglich gleich ist/ ja umb ein mercklich Stücke noch vorgeht/ der übrigen Höhe der Wand/ genommen von der Unter-schwelle der Thür am Eingang des Vauses/ biß auf den untersten Stein des Dachs. Welches / daß es seltzam und[unleserliches Material]ächerlich sey/ wer es nicht/ als etwa in Vau-Sachen minder erfahren / degreiffen kanider belustige sich andieser Figur/ vorstellende (welch es eben so viel ist) einen Zwerg/ stehende biß an die Hüfften unter einem grossen Hutte

und einer schönen Jungfrau erwehnt/ findet sich in tausend Erempeln mehr. Unter welchen Mir nicht mehr beliebt/ als eines noch hierbey zusügen/ genommen von der Architectur. Ists nicht wahr/ wenn ein guter Baumeister seinen lehr- begierigen Jünger sorgfältig unterweist/ wie er so wol zu Papier/ nach verjüngtem Maaß-stab/ alle Theile eines schönen Gebäudes nach dem Modulo der oder jener Säulen- Ordnung richtig proportioniren/ oder im grossen Werck selbsten hernach sein eigen Winckel- Maaß/ Bley- Wage/ Schnur und Loth/ da und dort anlegen/ oder andern/ solches zu thun/ ohne augenscheinlichen Irrthum/ anbefehlen solle; so hat Er so fern sein Ampt verrichtet: Und wenn das Gebäude hernachmahls selbst/ zu glücklichen Stunden aufgeführet ist/ so verdienet es/ seiner Regularität wegen/ seinen Ruhm? welche Regularität sich gründet auf die natürliche Proportion der Glieder des menschlichen Leibes/ worauf der köstliche Autor, Vitruvius, alzeit mit höchstem Eifer und Fleiß gegangen ist/ wie solches theils Bernhardus Baldus (de Verborum Vitruv. Signis. sub tit. Denticuli) etlicher massen bezeugt/ schreibende: Magnus Naturae Imitator erat Vitruvius, &amp; Monstoru[unleserliches Material] osor &amp; exagittator; das ist: Vitrivius war ein grosser Nachfolger der Natur / und gehässiger Verfolger unförmlicher ungeheuret Wercke; theils Vitruvius selbst so viel deutlicher uns lehret/ in dem Er (libro 4. Archit. cap. I. §. 4.) außdrücklich sich heraus läst in diese Worte: Non potest AEdes ulla sine Symmetriâ atque proportione rationem habere compositionis, nisi uti ad Hominis benefigurati Membrorum habuerit exactam rationem; Das ist: Es kan kein Gebäude/ dem es an richtiger Gleich-einstimmung aller Theile desselben unter sich / und an proportion gebricht/ für wol-zusammen-gesetzt gehalten werden/ es treffe denn gantz genau mit den Glied- massen eines wolgestalten Menschen überein. Welches ich mir vorgenommen hatte/ weitläufftiger außzuführen/ und der Feder den Lauff zu lassen/ eine summarische Anatomische Civil-Bau-kunst/ oder Architectonische Anatomie/ zu so viel mehrer Belustigung des Lesers/ anzudenten/ von Glied zu Gliede des menschlichen Cörpers/ ie minder von allen Zeiten des Vitruvii biß auher/ so ein artiger parallelismus oder Vergleich zwischen dem Menschen/ als Grunde vieler anderr Mathematischen/ Wissenschafften mehr/ und absonderlich zwischen den Civil-Gebäuden/ in acht genommen worden.

§. 10. Aber noch kräfftig- und erbaulicher wird einein begierigen Schüler der so edlen Wissenschafft seyn/ fals sein Lehrmeister/ nach sattsamlich vorgelegten Regeln/ worinnen die Natur eines richtigen Gebäudes bestehe/ zum Uberfluß auch bey allen oder den meisten derselben / eine außdrückliche opposition und Gegenhalt irrsamer Exempel/ die da und dort in der Welt anzutreffen seyn/ vor Augen stelle. Denn solcher gestalt drückt der Schüller/ aus opposition aller beyder/ den wahren zierlichen Anstand und gebührende Regularität/ so viel tieffer in sein Gedächnüß ein: dergleichen diese ist/ die ich zur Zugabe hiemit wil nahmhafft machen / betreffende die Förm- oder Unförm- ligkeit der Dächer/ in Bürger- und höherer Personen Häusern.

§. 11. Ein Dach nemlich sol einem Gehäude das jenige seyn/ was bey dem Menschen natürlicher weise ist das Obertheil des Haupts oder auch/ ausser dem/ der darauf gesetzte Hut. In Italien derhalben hat es mehren-theils nur platte/ gantz nicht-hoch-zugespitz te Dächer. In Teutschland hingegen/ aus respect des mehrern Schnees/ hat man die Dächer aus Nothwendigkeit was höher zu führen/ und gleichsam dem Kopff einen so viel höhern und spitzigern Hutt auffsetzen müssen. Diese Licentz/ in Aufführung des Dachs/ haben die Zimmer-Leute/ und anderer/ der mit dem Menschlichen Cörper harmonischen Bau-Kunst unterfahrne Leute/ und nach und nach weiter extendiret/ als sie gesolt/ und machen hier zu Lande biß dato die Dächer dermassen jpitz- und hoch/ daß die perpendiculier-Linie derselben gemeiniglich gleich ist/ ja umb ein mercklich Stücke noch vorgeht/ der übrigen Höhe der Wand/ genommen von der Unter-schwelle der Thür am Eingang des Vauses/ biß auf den untersten Stein des Dachs. Welches / daß es seltzam und[unleserliches Material]ächerlich sey/ wer es nicht/ als etwa in Vau-Sachen minder erfahren / degreiffen kanider belustige sich andieser Figur/ vorstellende (welch es eben so viel ist) einen Zwerg/ stehende biß an die Hüfften unter einem grossen Hutte

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und einer schönen Jungfrau erwehnt/ findet sich in tausend Erempeln       mehr. Unter welchen Mir nicht mehr beliebt/ als eines noch hierbey zusügen/ genommen von der       Architectur. Ists nicht wahr/ wenn ein guter Baumeister seinen lehr- begierigen Jünger       sorgfältig unterweist/ wie er so wol zu Papier/ nach verjüngtem Maaß-stab/ alle Theile eines       schönen Gebäudes nach dem Modulo der oder jener Säulen- Ordnung richtig proportioniren/ oder       im grossen Werck selbsten hernach sein eigen Winckel- Maaß/ Bley- Wage/ Schnur und Loth/ da       und dort anlegen/ oder andern/ solches zu thun/ ohne augenscheinlichen Irrthum/ anbefehlen       solle; so hat Er so fern sein Ampt verrichtet: Und wenn das Gebäude hernachmahls selbst/ zu       glücklichen Stunden aufgeführet ist/ so verdienet es/ seiner Regularität wegen/ seinen Ruhm?       welche Regularität sich gründet auf die natürliche Proportion der Glieder des menschlichen       Leibes/ worauf der köstliche Autor, Vitruvius, alzeit mit höchstem Eifer und Fleiß gegangen       ist/ wie solches theils Bernhardus Baldus (de Verborum Vitruv. Signis. sub tit. Denticuli)       etlicher massen bezeugt/ schreibende: Magnus Naturae Imitator erat Vitruvius, &amp;amp;       Monstoru<gap reason="illegible"/> osor &amp;amp; exagittator; das ist: Vitrivius war ein grosser Nachfolger der Natur      / und gehässiger Verfolger unförmlicher ungeheuret Wercke; theils Vitruvius selbst so viel       deutlicher uns lehret/ in dem Er (libro 4. Archit. cap. I. §. 4.) außdrücklich sich heraus       läst in diese Worte: Non potest AEdes ulla sine Symmetriâ atque proportione rationem habere       compositionis, nisi uti ad Hominis benefigurati Membrorum habuerit exactam rationem; Das ist:       Es kan kein Gebäude/ dem es an richtiger Gleich-einstimmung aller Theile desselben unter sich      / und an proportion gebricht/ für wol-zusammen-gesetzt gehalten werden/ es treffe denn gantz       genau mit den Glied- massen eines wolgestalten Menschen überein. Welches ich mir vorgenommen       hatte/ weitläufftiger außzuführen/ und der Feder den Lauff zu lassen/ eine summarische       Anatomische Civil-Bau-kunst/ oder Architectonische Anatomie/ zu so viel mehrer Belustigung       des Lesers/ anzudenten/ von Glied zu Gliede des menschlichen Cörpers/ ie minder von allen       Zeiten des Vitruvii biß auher/ so ein artiger parallelismus oder Vergleich zwischen dem       Menschen/ als Grunde vieler anderr Mathematischen/ Wissenschafften mehr/ und absonderlich       zwischen den Civil-Gebäuden/ in acht genommen worden.</p>
        <p>§. 10. Aber noch kräfftig- und erbaulicher wird einein begierigen Schüler der so edlen       Wissenschafft seyn/ fals sein Lehrmeister/ nach sattsamlich vorgelegten Regeln/ worinnen die       Natur eines richtigen Gebäudes bestehe/ zum Uberfluß auch bey allen oder den meisten derselben      / eine außdrückliche opposition und Gegenhalt irrsamer Exempel/ die da und dort in der Welt       anzutreffen seyn/ vor Augen stelle. Denn solcher gestalt drückt der Schüller/ aus opposition       aller beyder/ den wahren zierlichen Anstand und gebührende Regularität/ so viel tieffer in       sein Gedächnüß ein: dergleichen diese ist/ die ich zur Zugabe hiemit wil nahmhafft machen /       betreffende die Förm- oder Unförm- ligkeit der Dächer/ in Bürger- und höherer Personen       Häusern.</p>
        <p>§. 11. Ein Dach nemlich sol einem Gehäude das jenige seyn/ was bey dem Menschen natürlicher       weise ist das Obertheil des Haupts oder auch/ ausser dem/ der darauf gesetzte Hut. In Italien       derhalben hat es mehren-theils nur platte/ gantz nicht-hoch-zugespitz te Dächer. In       Teutschland hingegen/ aus respect des mehrern Schnees/ hat man die Dächer aus Nothwendigkeit       was höher zu führen/ und gleichsam dem Kopff einen so viel höhern und spitzigern Hutt       auffsetzen müssen. Diese Licentz/ in Aufführung des Dachs/ haben die Zimmer-Leute/ und       anderer/ der mit dem Menschlichen Cörper harmonischen Bau-Kunst unterfahrne Leute/ und nach       und nach weiter extendiret/ als sie gesolt/ und machen hier zu Lande biß dato die Dächer       dermassen jpitz- und hoch/ daß die perpendiculier-Linie derselben gemeiniglich gleich ist/ ja       umb ein mercklich Stücke noch vorgeht/ der übrigen Höhe der Wand/ genommen von der       Unter-schwelle der Thür am Eingang des Vauses/ biß auf den untersten Stein des Dachs. Welches      / daß es seltzam und<gap reason="illegible"/>ächerlich sey/ wer es nicht/ als etwa in Vau-Sachen minder erfahren /       degreiffen kanider belustige sich andieser Figur/ vorstellende (welch es eben so viel ist)       einen Zwerg/ stehende biß an die Hüfften unter einem grossen Hutte</p>
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[33/0609] und einer schönen Jungfrau erwehnt/ findet sich in tausend Erempeln mehr. Unter welchen Mir nicht mehr beliebt/ als eines noch hierbey zusügen/ genommen von der Architectur. Ists nicht wahr/ wenn ein guter Baumeister seinen lehr- begierigen Jünger sorgfältig unterweist/ wie er so wol zu Papier/ nach verjüngtem Maaß-stab/ alle Theile eines schönen Gebäudes nach dem Modulo der oder jener Säulen- Ordnung richtig proportioniren/ oder im grossen Werck selbsten hernach sein eigen Winckel- Maaß/ Bley- Wage/ Schnur und Loth/ da und dort anlegen/ oder andern/ solches zu thun/ ohne augenscheinlichen Irrthum/ anbefehlen solle; so hat Er so fern sein Ampt verrichtet: Und wenn das Gebäude hernachmahls selbst/ zu glücklichen Stunden aufgeführet ist/ so verdienet es/ seiner Regularität wegen/ seinen Ruhm? welche Regularität sich gründet auf die natürliche Proportion der Glieder des menschlichen Leibes/ worauf der köstliche Autor, Vitruvius, alzeit mit höchstem Eifer und Fleiß gegangen ist/ wie solches theils Bernhardus Baldus (de Verborum Vitruv. Signis. sub tit. Denticuli) etlicher massen bezeugt/ schreibende: Magnus Naturae Imitator erat Vitruvius, &amp; Monstoru_ osor &amp; exagittator; das ist: Vitrivius war ein grosser Nachfolger der Natur / und gehässiger Verfolger unförmlicher ungeheuret Wercke; theils Vitruvius selbst so viel deutlicher uns lehret/ in dem Er (libro 4. Archit. cap. I. §. 4.) außdrücklich sich heraus läst in diese Worte: Non potest AEdes ulla sine Symmetriâ atque proportione rationem habere compositionis, nisi uti ad Hominis benefigurati Membrorum habuerit exactam rationem; Das ist: Es kan kein Gebäude/ dem es an richtiger Gleich-einstimmung aller Theile desselben unter sich / und an proportion gebricht/ für wol-zusammen-gesetzt gehalten werden/ es treffe denn gantz genau mit den Glied- massen eines wolgestalten Menschen überein. Welches ich mir vorgenommen hatte/ weitläufftiger außzuführen/ und der Feder den Lauff zu lassen/ eine summarische Anatomische Civil-Bau-kunst/ oder Architectonische Anatomie/ zu so viel mehrer Belustigung des Lesers/ anzudenten/ von Glied zu Gliede des menschlichen Cörpers/ ie minder von allen Zeiten des Vitruvii biß auher/ so ein artiger parallelismus oder Vergleich zwischen dem Menschen/ als Grunde vieler anderr Mathematischen/ Wissenschafften mehr/ und absonderlich zwischen den Civil-Gebäuden/ in acht genommen worden. §. 10. Aber noch kräfftig- und erbaulicher wird einein begierigen Schüler der so edlen Wissenschafft seyn/ fals sein Lehrmeister/ nach sattsamlich vorgelegten Regeln/ worinnen die Natur eines richtigen Gebäudes bestehe/ zum Uberfluß auch bey allen oder den meisten derselben / eine außdrückliche opposition und Gegenhalt irrsamer Exempel/ die da und dort in der Welt anzutreffen seyn/ vor Augen stelle. Denn solcher gestalt drückt der Schüller/ aus opposition aller beyder/ den wahren zierlichen Anstand und gebührende Regularität/ so viel tieffer in sein Gedächnüß ein: dergleichen diese ist/ die ich zur Zugabe hiemit wil nahmhafft machen / betreffende die Förm- oder Unförm- ligkeit der Dächer/ in Bürger- und höherer Personen Häusern. §. 11. Ein Dach nemlich sol einem Gehäude das jenige seyn/ was bey dem Menschen natürlicher weise ist das Obertheil des Haupts oder auch/ ausser dem/ der darauf gesetzte Hut. In Italien derhalben hat es mehren-theils nur platte/ gantz nicht-hoch-zugespitz te Dächer. In Teutschland hingegen/ aus respect des mehrern Schnees/ hat man die Dächer aus Nothwendigkeit was höher zu führen/ und gleichsam dem Kopff einen so viel höhern und spitzigern Hutt auffsetzen müssen. Diese Licentz/ in Aufführung des Dachs/ haben die Zimmer-Leute/ und anderer/ der mit dem Menschlichen Cörper harmonischen Bau-Kunst unterfahrne Leute/ und nach und nach weiter extendiret/ als sie gesolt/ und machen hier zu Lande biß dato die Dächer dermassen jpitz- und hoch/ daß die perpendiculier-Linie derselben gemeiniglich gleich ist/ ja umb ein mercklich Stücke noch vorgeht/ der übrigen Höhe der Wand/ genommen von der Unter-schwelle der Thür am Eingang des Vauses/ biß auf den untersten Stein des Dachs. Welches / daß es seltzam und_ ächerlich sey/ wer es nicht/ als etwa in Vau-Sachen minder erfahren / degreiffen kanider belustige sich andieser Figur/ vorstellende (welch es eben so viel ist) einen Zwerg/ stehende biß an die Hüfften unter einem grossen Hutte

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Zitationshilfe: Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/609>, abgerufen am 22.11.2024.