Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.

Bild:
<< vorherige Seite

als den Indianern. Derohalben wollen wir von deren Kräfften und Eigenschafften allhier kein groß Wesen machen/ sondern insgemein ein weniges davon sagen/ und nur allein die meist- bekannte Nutzen erzehlen. Einige Authores haben vorgegeben/ daß die männliche Nüsse viel kräfftiger seyen / auch von den Javanen mehr gesuchet würden/ als die Weibger. Wann sie nun durch die Männliche die grosse lange Nüß verstehen/ kan man solches wohl passiren lassen: Allein wir haben schon droben gemeldet/ daß alle die Specerey-Nüsse vor Weibger gehalten würden/ weßwegen sie solches nothwendig von den wilden Männlein verstehen müssen/ darinnen sie sich doch betrogen befinden/ angesehen die Javaner und Maleyer/ wann sie vor diesem von den Bandaner ein paar Hand- voll Männlein-Nüsse verlangten/ solches nicht deßwegen thäten/ als ob sie besser und kräfftiger wären/ sondern einige Artzneyen davon zu machen/ worzu die gemeine unbequem waren. Die rechte Specerey-Nüsse eingenommen/ vertreibet alle Schmertzen und Grimmen/ so von Kälte und Winden herrühren/ und in dem Magen/ Gedarmes und der Beermutter gezeuget werden: stärcket und erwärmet den kalten Magen/ und hilfft zu dessen Dauung/ stillet das Brechen und das Schlucken/ und wann man die Muscaten-Nüsse zu Pulver stosset/ und mit Bakelale mischet / und in Wein eintrincket/ treiben sie den Harn/ stillen den Kalt-Seich/ und machen einen guten Athem. Sie sind auch gut gegen die Colic und Schmertzen des Leibs/ öffnen die verstopffte Leber und Miltz/ auf vorbesagte Weiß gebrauchet. Die Nuß wird auch bey dem Feuer gebraten und geröst/ alsdann mit dem gewöhnlichen Tranck eingenommen/ wormit man den Durchlauff und rothe Ruhr stopfften kan. Die Arabische Meister mischen in diesem Fall ein wenig Amphion darunter. Wir haben von einem guten Freund gehöret/ daß er dieses vor ein groß Secret von den Persianischen Mohren gelernet habe/ den Blutgang zustillen/ wann man nehmlich ein gebratene Muscatnus mit ein wenig Amphion/ in der grösse eines Cadiang/ in einem Trunck rothen Wein einnehme/ und wann man keinen rothen Wein hat/ mag man es in einem weichen Ey einnehmen. Sie ist insonderheit auch gut vor die Mutter/ Bauch-Nieren- und Blasen-Weh: ja einige fagen/ daß sie auch den Stein abzutreiben dienlich seye/ wann man sie zuvor in Mandel-Oehl einweiche.

Hergegen müssen sich diejenige vor dem Gebrauch dieser Specerey hüten/ welche hartleibig sind/ mit der gülden Ader gequälet werden/ und ein dick/ grob und verbrandt Geblüt haben. Wann man Ingber darzu thut/ wird sie dadurch verbessert und durchdringender. Der tägliche Gebrauch dieser Nuß verschleimet den Magen wegen ihrer Fettigkeit/ und erfüllet das Haupt mit schweren Dämpffen/ worauß die vergessene Schlaffsucht entstehet. Man erzehlet auch/ daß ein schwangere Frau auf eine Zeit von 10. biß 12. Nüß/ so sie gegessen/ närrisch und Sinnlos worden sey. Dieses destomehr zu bekräfftigen/ wollen wir 2. Historien erzehlen/ welche beyde zu unserer Zeit geschehen sind. Anno 1655. assen erliche Teutsche eine kalte Schaal von schlechtem Bier und Wein/ worinnen sie nach ihrem Bericht/ nichts anderst/ als Zucker und 6. biß 8. geraspelte Muscaten-Nüsse gethan hatten/ welche den anderen Tages in eine solche Beschwerung auf der Brust fielen/ als wann sie erstickten müßten: Anbey wurde der Mund sehr trucken/ die Lippen schwellend und an einander klebend: mit grosser Müh schöpfften sie Athem: in Haupt fühlten sie solche Schwürigkeit und Düsternus/ daß sie ihres Gedächtnus gäntzlich beraubet schienen: der Bauch war hart und verstofft/ so gar/ daß man kaum mit vieler Mühe und Juleppen diesen Leuten wieder zurecht helffen können/ welchen zugleich Aderlaß/ purgiren und dergl. gebraucher worden. Auf eine andere Zeit schlieffen: 2. Soldaten unter einem Muscaten Nuß-Baum zu Manipa/ die gantze Nacht durch/ welchen des andern Tages das Haupt so schwer war / daß sie truncken und halb kranck schienen; dergleichen Exempel hat man auch in Banda gehabt / indem Anno 1650. 2. Soldaten in Banda gewesen/ welche 5. biß a. Nusse auß der Hand assen / worvon sie gleicherstalt närrisch und halb Sinnlos worden. Demnach Anno 1657. funde man eine andere Person auf ihrem Lager todt liegen/ vor welcher ein Körbgen voll Muscaten-Nüß stunde / worauß man praesumirte/ daß sie derselbigen vielleicht gegessen hätte/ daß sie dadurch in einen tödlichen Schlaff gefallen sey. Was für Schade und Ungemach diejenige Leute/ welche in Häusern wohnen/ oder in Schiffen fahren/ worinnen gekalckte Nüsse innen sind/ haben wir schon oben gemeldet; worauß erhellet/ daß die Muscaten-Nüsse in India mehr Schaden/ als Nutzen bringen/ und daß der allweise Schöpffer solche vielmehr vor die Norder-Welt erschaffen habe/ wo ihre Fettigkeit durch die zusammenzihende Kälte also verändert und verbessert wird / daß sie nicht allein durabeler/ sondern auch gesunder und wohlriechender werden/ wie auch von den Nägelein kan gesagt werden.

Die grüne Nüsse werden auch eingemacht/ und nicht allein durch gantz Indien/ sondern auch in Europa verführet/ welches also zugehet: wann die Nüsse bald reiff werden wollen/ und doch noch nicht bersten/ nimmt man sie sacht und gemach von dem Baum/ daß sie nicht zerfallen oder zerknirst werden: diese kocht man in Wasser ab/ und durchsticht sie mit Pfriemen/ weicht sie. 8. biß 10. Tage in frisch Wasser/ [unleserliches Material]biß daß sie ihre Strengigkeit und herben Geschmack verlieren: hernach macht man einen Julep von halb Wasser und halb Zucker/ und kocht sie darinn / lange oder kurtze Zeit/ nachdem man sie weich oder hart haben will. So man sie hart

als den Indianern. Derohalben wollen wir von deren Kräfften und Eigenschafften allhier kein groß Wesen machen/ sondern insgemein ein weniges davon sagen/ und nur allein die meist- bekannte Nutzen erzehlen. Einige Authores haben vorgegeben/ daß die männliche Nüsse viel kräfftiger seyen / auch von den Javanen mehr gesuchet würden/ als die Weibger. Wann sie nun durch die Männliche die grosse lange Nüß verstehen/ kan man solches wohl passiren lassen: Allein wir haben schon droben gemeldet/ daß alle die Specerey-Nüsse vor Weibger gehalten würden/ weßwegen sie solches nothwendig von den wilden Männlein verstehen müssen/ darinnen sie sich doch betrogen befinden/ angesehen die Javaner und Maleyer/ wann sie vor diesem von den Bandaner ein paar Hand- voll Männlein-Nüsse verlangten/ solches nicht deßwegen thäten/ als ob sie besser und kräfftiger wären/ sondern einige Artzneyen davon zu machen/ worzu die gemeine unbequem waren. Die rechte Specerey-Nüsse eingenom̃en/ vertreibet alle Schmertzen und Grimmen/ so von Kälte und Winden herrühren/ und in dem Magen/ Gedarmes und der Beermutter gezeuget werden: stärcket und erwärmet den kalten Magen/ und hilfft zu dessen Dauung/ stillet das Brechen und das Schlucken/ und wann man die Muscaten-Nüsse zu Pulver stosset/ und mit Bakelale mischet / und in Wein eintrincket/ treiben sie den Harn/ stillen den Kalt-Seich/ und machen einen guten Athem. Sie sind auch gut gegen die Colic und Schmertzen des Leibs/ öffnen die verstopffte Leber und Miltz/ auf vorbesagte Weiß gebrauchet. Die Nuß wird auch bey dem Feuer gebraten und geröst/ alsdann mit dem gewöhnlichen Tranck eingenommen/ wormit man den Durchlauff und rothe Ruhr stopfften kan. Die Arabische Meister mischen in diesem Fall ein wenig Amphion darunter. Wir haben von einem guten Freund gehöret/ daß er dieses vor ein groß Secret von den Persianischen Mohren gelernet habe/ den Blutgang zustillen/ wann man nehmlich ein gebratene Muscatnus mit ein wenig Amphion/ in der grösse eines Cadiang/ in einem Trunck rothen Wein einnehme/ und wann man keinen rothen Wein hat/ mag man es in einem weichen Ey einnehmen. Sie ist insonderheit auch gut vor die Mutter/ Bauch-Nieren- und Blasen-Weh: ja einige fagen/ daß sie auch den Stein abzutreiben dienlich seye/ wann man sie zuvor in Mandel-Oehl einweiche.

Hergegen müssen sich diejenige vor dem Gebrauch dieser Specerey hüten/ welche hartleibig sind/ mit der gülden Ader gequälet werden/ und ein dick/ grob und verbrandt Geblüt haben. Wann man Ingber darzu thut/ wird sie dadurch verbessert und durchdringender. Der tägliche Gebrauch dieser Nuß verschleimet den Magen wegen ihrer Fettigkeit/ und erfüllet das Haupt mit schweren Dämpffen/ worauß die vergessene Schlaffsucht entstehet. Man erzehlet auch/ daß ein schwangere Frau auf eine Zeit von 10. biß 12. Nüß/ so sie gegessen/ närrisch und Sinnlos worden sey. Dieses destomehr zu bekräfftigen/ wollen wir 2. Historien erzehlen/ welche beyde zu unserer Zeit geschehen sind. Anno 1655. assen erliche Teutsche eine kalte Schaal von schlechtem Bier und Wein/ worinnen sie nach ihrem Bericht/ nichts anderst/ als Zucker und 6. biß 8. geraspelte Muscaten-Nüsse gethan hatten/ welche den anderen Tages in eine solche Beschwerung auf der Brust fielen/ als wann sie erstickten müßten: Anbey wurde der Mund sehr trucken/ die Lippen schwellend und an einander klebend: mit grosser Müh schöpfften sie Athem: in Haupt fühlten sie solche Schwürigkeit und Düsternus/ daß sie ihres Gedächtnus gäntzlich beraubet schienen: der Bauch war hart und verstofft/ so gar/ daß man kaum mit vieler Mühe und Juleppen diesen Leuten wieder zurecht helffen können/ welchen zugleich Aderlaß/ purgiren und dergl. gebraucher worden. Auf eine andere Zeit schlieffen: 2. Soldaten unter einem Muscaten Nuß-Baum zu Manipa/ die gantze Nacht durch/ welchen des andern Tages das Haupt so schwer war / daß sie truncken und halb kranck schienen; dergleichen Exempel hat man auch in Banda gehabt / indem Anno 1650. 2. Soldaten in Banda gewesen/ welche 5. biß a. Nusse auß der Hand assen / worvon sie gleicherstalt närrisch und halb Sinnlos worden. Demnach Anno 1657. funde man eine andere Person auf ihrem Lager todt liegen/ vor welcher ein Körbgen voll Muscaten-Nüß stunde / worauß man praesumirte/ daß sie derselbigen vielleicht gegessen hätte/ daß sie dadurch in einen tödlichen Schlaff gefallen sey. Was für Schade und Ungemach diejenige Leute/ welche in Häusern wohnen/ oder in Schiffen fahren/ worinnen gekalckte Nüsse innen sind/ haben wir schon oben gemeldet; worauß erhellet/ daß die Muscaten-Nüsse in India mehr Schaden/ als Nutzen bringen/ und daß der allweise Schöpffer solche vielmehr vor die Norder-Welt erschaffen habe/ wo ihre Fettigkeit durch die zusammenzihende Kälte also verändert und verbessert wird / daß sie nicht allein durabeler/ sondern auch gesunder und wohlriechender werden/ wie auch von den Nägelein kan gesagt werden.

Die grüne Nüsse werden auch eingemacht/ und nicht allein durch gantz Indien/ sondern auch in Europa verführet/ welches also zugehet: wann die Nüsse bald reiff werden wollen/ und doch noch nicht bersten/ nimmt man sie sacht und gemach von dem Baum/ daß sie nicht zerfallen oder zerknirst werden: diese kocht man in Wasser ab/ und durchsticht sie mit Pfriemen/ weicht sie. 8. biß 10. Tage in frisch Wasser/ [unleserliches Material]biß daß sie ihre Strengigkeit und herben Geschmack verlieren: hernach macht man einen Julep von halb Wasser und halb Zucker/ und kocht sie darinn / lange oder kurtze Zeit/ nachdem man sie weich oder hart haben will. So man sie hart

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0743" n="87"/>
als den       Indianern. Derohalben wollen wir von deren Kräfften und Eigenschafften allhier kein groß Wesen       machen/ sondern insgemein ein weniges davon sagen/ und nur allein die meist- bekannte Nutzen       erzehlen. Einige Authores haben vorgegeben/ daß die männliche Nüsse viel kräfftiger seyen /       auch von den Javanen mehr gesuchet würden/ als die Weibger. Wann sie nun durch die Männliche       die grosse lange Nüß verstehen/ kan man solches wohl passiren lassen: Allein wir haben schon       droben gemeldet/ daß alle die Specerey-Nüsse vor Weibger gehalten würden/ weßwegen sie       solches nothwendig von den wilden Männlein verstehen müssen/ darinnen sie sich doch betrogen       befinden/ angesehen die Javaner und Maleyer/ wann sie vor diesem von den Bandaner ein paar       Hand- voll Männlein-Nüsse verlangten/ solches nicht deßwegen thäten/ als ob sie besser und       kräfftiger wären/ sondern einige Artzneyen davon zu machen/ worzu die gemeine unbequem waren.       Die rechte Specerey-Nüsse eingenom&#x0303;en/ vertreibet alle Schmertzen und Grimmen/ so von       Kälte und Winden herrühren/ und in dem Magen/ Gedarmes und der Beermutter gezeuget werden:       stärcket und erwärmet den kalten Magen/ und hilfft zu dessen Dauung/ stillet das Brechen und       das Schlucken/ und wann man die Muscaten-Nüsse zu Pulver stosset/ und mit Bakelale mischet /       und in Wein eintrincket/ treiben sie den Harn/ stillen den Kalt-Seich/ und machen einen       guten Athem. Sie sind auch gut gegen die Colic und Schmertzen des Leibs/ öffnen die       verstopffte Leber und Miltz/ auf vorbesagte Weiß gebrauchet. Die Nuß wird auch bey dem Feuer       gebraten und geröst/ alsdann mit dem gewöhnlichen Tranck eingenommen/ wormit man den       Durchlauff und rothe Ruhr stopfften kan. Die Arabische Meister mischen in diesem Fall ein wenig       Amphion darunter. Wir haben von einem guten Freund gehöret/ daß er dieses vor ein groß Secret       von den Persianischen Mohren gelernet habe/ den Blutgang zustillen/ wann man nehmlich ein       gebratene Muscatnus mit ein wenig Amphion/ in der grösse eines Cadiang/ in einem Trunck       rothen Wein einnehme/ und wann man keinen rothen Wein hat/ mag man es in einem weichen Ey       einnehmen. Sie ist insonderheit auch gut vor die Mutter/ Bauch-Nieren- und Blasen-Weh: ja       einige fagen/ daß sie auch den Stein abzutreiben dienlich seye/ wann man sie zuvor in       Mandel-Oehl einweiche.</p>
        <p>Hergegen müssen sich diejenige vor dem Gebrauch dieser Specerey hüten/ welche hartleibig       sind/ mit der gülden Ader gequälet werden/ und ein dick/ grob und verbrandt Geblüt haben.       Wann man Ingber darzu thut/ wird sie dadurch verbessert und durchdringender. Der tägliche       Gebrauch dieser Nuß verschleimet den Magen wegen ihrer Fettigkeit/ und erfüllet das Haupt mit       schweren Dämpffen/ worauß die vergessene Schlaffsucht entstehet. Man erzehlet auch/ daß ein       schwangere Frau auf eine Zeit von 10. biß 12. Nüß/ so sie gegessen/ närrisch und Sinnlos       worden sey. Dieses destomehr zu bekräfftigen/ wollen wir 2. Historien erzehlen/ welche beyde       zu unserer Zeit geschehen sind. Anno 1655. assen erliche Teutsche eine kalte Schaal von       schlechtem Bier und Wein/ worinnen sie nach ihrem Bericht/ nichts anderst/ als Zucker und 6.       biß 8. geraspelte Muscaten-Nüsse gethan hatten/ welche den anderen Tages in eine solche       Beschwerung auf der Brust fielen/ als wann sie erstickten müßten: Anbey wurde der Mund sehr       trucken/ die Lippen schwellend und an einander klebend: mit grosser Müh schöpfften sie Athem:       in Haupt fühlten sie solche Schwürigkeit und Düsternus/ daß sie ihres Gedächtnus gäntzlich       beraubet schienen: der Bauch war hart und verstofft/ so gar/ daß man kaum mit vieler Mühe und       Juleppen diesen Leuten wieder zurecht helffen können/ welchen zugleich Aderlaß/ purgiren und       dergl. gebraucher worden. Auf eine andere Zeit schlieffen: 2. Soldaten unter einem Muscaten       Nuß-Baum zu Manipa/ die gantze Nacht durch/ welchen des andern Tages das Haupt so schwer war      / daß sie truncken und halb kranck schienen; dergleichen Exempel hat man auch in Banda gehabt /       indem Anno 1650. 2. Soldaten in Banda gewesen/ welche 5. biß a. Nusse auß der Hand assen /       worvon sie gleicherstalt närrisch und halb Sinnlos worden. Demnach Anno 1657. funde man eine       andere Person auf ihrem Lager todt liegen/ vor welcher ein Körbgen voll Muscaten-Nüß stunde /       worauß man praesumirte/ daß sie derselbigen vielleicht gegessen hätte/ daß sie dadurch in       einen tödlichen Schlaff gefallen sey. Was für Schade und Ungemach diejenige Leute/ welche in       Häusern wohnen/ oder in Schiffen fahren/ worinnen gekalckte Nüsse innen sind/ haben wir       schon oben gemeldet; worauß erhellet/ daß die Muscaten-Nüsse in India mehr Schaden/ als       Nutzen bringen/ und daß der allweise Schöpffer solche vielmehr vor die Norder-Welt erschaffen       habe/ wo ihre Fettigkeit durch die zusammenzihende Kälte also verändert und verbessert wird /       daß sie nicht allein durabeler/ sondern auch gesunder und wohlriechender werden/ wie auch von       den Nägelein kan gesagt werden.</p>
        <p>Die grüne Nüsse werden auch eingemacht/ und nicht allein durch gantz Indien/ sondern auch       in Europa verführet/ welches also zugehet: wann die Nüsse bald reiff werden wollen/ und doch       noch nicht bersten/ nimmt man sie sacht und gemach von dem Baum/ daß sie nicht zerfallen oder       zerknirst werden: diese kocht man in Wasser ab/ und durchsticht sie mit Pfriemen/ weicht sie.       8. biß 10. Tage in frisch Wasser/ <gap reason="illegible"/>biß daß sie ihre Strengigkeit und herben Geschmack       verlieren: hernach macht man einen Julep von halb Wasser und halb Zucker/ und kocht sie darinn      / lange oder kurtze Zeit/ nachdem man sie weich oder hart haben will. So man sie hart
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0743] als den Indianern. Derohalben wollen wir von deren Kräfften und Eigenschafften allhier kein groß Wesen machen/ sondern insgemein ein weniges davon sagen/ und nur allein die meist- bekannte Nutzen erzehlen. Einige Authores haben vorgegeben/ daß die männliche Nüsse viel kräfftiger seyen / auch von den Javanen mehr gesuchet würden/ als die Weibger. Wann sie nun durch die Männliche die grosse lange Nüß verstehen/ kan man solches wohl passiren lassen: Allein wir haben schon droben gemeldet/ daß alle die Specerey-Nüsse vor Weibger gehalten würden/ weßwegen sie solches nothwendig von den wilden Männlein verstehen müssen/ darinnen sie sich doch betrogen befinden/ angesehen die Javaner und Maleyer/ wann sie vor diesem von den Bandaner ein paar Hand- voll Männlein-Nüsse verlangten/ solches nicht deßwegen thäten/ als ob sie besser und kräfftiger wären/ sondern einige Artzneyen davon zu machen/ worzu die gemeine unbequem waren. Die rechte Specerey-Nüsse eingenom̃en/ vertreibet alle Schmertzen und Grimmen/ so von Kälte und Winden herrühren/ und in dem Magen/ Gedarmes und der Beermutter gezeuget werden: stärcket und erwärmet den kalten Magen/ und hilfft zu dessen Dauung/ stillet das Brechen und das Schlucken/ und wann man die Muscaten-Nüsse zu Pulver stosset/ und mit Bakelale mischet / und in Wein eintrincket/ treiben sie den Harn/ stillen den Kalt-Seich/ und machen einen guten Athem. Sie sind auch gut gegen die Colic und Schmertzen des Leibs/ öffnen die verstopffte Leber und Miltz/ auf vorbesagte Weiß gebrauchet. Die Nuß wird auch bey dem Feuer gebraten und geröst/ alsdann mit dem gewöhnlichen Tranck eingenommen/ wormit man den Durchlauff und rothe Ruhr stopfften kan. Die Arabische Meister mischen in diesem Fall ein wenig Amphion darunter. Wir haben von einem guten Freund gehöret/ daß er dieses vor ein groß Secret von den Persianischen Mohren gelernet habe/ den Blutgang zustillen/ wann man nehmlich ein gebratene Muscatnus mit ein wenig Amphion/ in der grösse eines Cadiang/ in einem Trunck rothen Wein einnehme/ und wann man keinen rothen Wein hat/ mag man es in einem weichen Ey einnehmen. Sie ist insonderheit auch gut vor die Mutter/ Bauch-Nieren- und Blasen-Weh: ja einige fagen/ daß sie auch den Stein abzutreiben dienlich seye/ wann man sie zuvor in Mandel-Oehl einweiche. Hergegen müssen sich diejenige vor dem Gebrauch dieser Specerey hüten/ welche hartleibig sind/ mit der gülden Ader gequälet werden/ und ein dick/ grob und verbrandt Geblüt haben. Wann man Ingber darzu thut/ wird sie dadurch verbessert und durchdringender. Der tägliche Gebrauch dieser Nuß verschleimet den Magen wegen ihrer Fettigkeit/ und erfüllet das Haupt mit schweren Dämpffen/ worauß die vergessene Schlaffsucht entstehet. Man erzehlet auch/ daß ein schwangere Frau auf eine Zeit von 10. biß 12. Nüß/ so sie gegessen/ närrisch und Sinnlos worden sey. Dieses destomehr zu bekräfftigen/ wollen wir 2. Historien erzehlen/ welche beyde zu unserer Zeit geschehen sind. Anno 1655. assen erliche Teutsche eine kalte Schaal von schlechtem Bier und Wein/ worinnen sie nach ihrem Bericht/ nichts anderst/ als Zucker und 6. biß 8. geraspelte Muscaten-Nüsse gethan hatten/ welche den anderen Tages in eine solche Beschwerung auf der Brust fielen/ als wann sie erstickten müßten: Anbey wurde der Mund sehr trucken/ die Lippen schwellend und an einander klebend: mit grosser Müh schöpfften sie Athem: in Haupt fühlten sie solche Schwürigkeit und Düsternus/ daß sie ihres Gedächtnus gäntzlich beraubet schienen: der Bauch war hart und verstofft/ so gar/ daß man kaum mit vieler Mühe und Juleppen diesen Leuten wieder zurecht helffen können/ welchen zugleich Aderlaß/ purgiren und dergl. gebraucher worden. Auf eine andere Zeit schlieffen: 2. Soldaten unter einem Muscaten Nuß-Baum zu Manipa/ die gantze Nacht durch/ welchen des andern Tages das Haupt so schwer war / daß sie truncken und halb kranck schienen; dergleichen Exempel hat man auch in Banda gehabt / indem Anno 1650. 2. Soldaten in Banda gewesen/ welche 5. biß a. Nusse auß der Hand assen / worvon sie gleicherstalt närrisch und halb Sinnlos worden. Demnach Anno 1657. funde man eine andere Person auf ihrem Lager todt liegen/ vor welcher ein Körbgen voll Muscaten-Nüß stunde / worauß man praesumirte/ daß sie derselbigen vielleicht gegessen hätte/ daß sie dadurch in einen tödlichen Schlaff gefallen sey. Was für Schade und Ungemach diejenige Leute/ welche in Häusern wohnen/ oder in Schiffen fahren/ worinnen gekalckte Nüsse innen sind/ haben wir schon oben gemeldet; worauß erhellet/ daß die Muscaten-Nüsse in India mehr Schaden/ als Nutzen bringen/ und daß der allweise Schöpffer solche vielmehr vor die Norder-Welt erschaffen habe/ wo ihre Fettigkeit durch die zusammenzihende Kälte also verändert und verbessert wird / daß sie nicht allein durabeler/ sondern auch gesunder und wohlriechender werden/ wie auch von den Nägelein kan gesagt werden. Die grüne Nüsse werden auch eingemacht/ und nicht allein durch gantz Indien/ sondern auch in Europa verführet/ welches also zugehet: wann die Nüsse bald reiff werden wollen/ und doch noch nicht bersten/ nimmt man sie sacht und gemach von dem Baum/ daß sie nicht zerfallen oder zerknirst werden: diese kocht man in Wasser ab/ und durchsticht sie mit Pfriemen/ weicht sie. 8. biß 10. Tage in frisch Wasser/ _ biß daß sie ihre Strengigkeit und herben Geschmack verlieren: hernach macht man einen Julep von halb Wasser und halb Zucker/ und kocht sie darinn / lange oder kurtze Zeit/ nachdem man sie weich oder hart haben will. So man sie hart

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/743
Zitationshilfe: Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/743>, abgerufen am 02.06.2024.