geantwortet. Ich lasse diesen Brief auf's Gerathewohl nach Berlin gehn. --
Mehrere Angelegenheiten werden mich für's Erste hier auf¬ halten. Meine weiteren Bewegungen werden von Umständen abhängen. Die Absicht ist, wenigstens einige Jahre in Europa zuzubringen. Da meine Töchter nun mit mir sind, so zieht mich nichts mehr stark nach Amerika zurück, es sei denn bessere Aus¬ sichten für diese. -- Es erschreckt mich zuweilen, sie nun in einer Welt zu sehn, wo, außer mir, sie Niemand kennt und liebt, und wo sie Niemand angehören. -- Mein Leben schien mir nie so nothwendig. Weibliche Geschöpfe, vorzüglich wenn sie mehr Werth als Schönheit besitzen, vertragen das Verpflanzen nicht gut. Ich denke oft an Sie, und Ihre liebe Frau, und wollte, wir wären uns näher. --
Stadion -- wie ich so eben gehört -- bringt nun alle meine Pläne zur Ausführung. Bedeutend ist diese Revolution doch ge¬ wiß, und von mir ging sie aus, wiewohl mich in der Sache Niemand nennt, und mir auch daraus bis jetzt noch nicht der mindeste Vortheil entsprungen. Mein Plan ist in allen Zügen -- im Wesentlichen, wie im Besondern, beibehalten worden, nur hat man sich Eine Abweichung erlaubt, die mir gefährlich scheint. Die allmählige Einziehung der im Umlauf bleibenden Scheine, nach Errichtung der Bank, sollte nach meiner Idee durch den Verkauf der neuen 21/2 Prozent tragenden Staatsobligationen bewirkt werden. Die Bank sollte diese gegen Scheine verkaufen, und der Staat der Bank für die so eingezogenen Scheine neue Obligationen geben -- die sie dann hätte wieder verkaufen kön¬ nen -- und so fort. -- Dann hätte man den Gang des Geschäfts in seiner Gewalt behalten, der Staat hätte den Vortheil des Markts genossen, und der Kours hätte sich allmählig gehoben. Statt dessen erbietet man sich, baar Geld den Inhabern zu
geantwortet. Ich laſſe dieſen Brief auf’s Gerathewohl nach Berlin gehn. —
Mehrere Angelegenheiten werden mich fuͤr’s Erſte hier auf¬ halten. Meine weiteren Bewegungen werden von Umſtaͤnden abhaͤngen. Die Abſicht iſt, wenigſtens einige Jahre in Europa zuzubringen. Da meine Toͤchter nun mit mir ſind, ſo zieht mich nichts mehr ſtark nach Amerika zuruͤck, es ſei denn beſſere Aus¬ ſichten fuͤr dieſe. — Es erſchreckt mich zuweilen, ſie nun in einer Welt zu ſehn, wo, außer mir, ſie Niemand kennt und liebt, und wo ſie Niemand angehoͤren. — Mein Leben ſchien mir nie ſo nothwendig. Weibliche Geſchoͤpfe, vorzuͤglich wenn ſie mehr Werth als Schoͤnheit beſitzen, vertragen das Verpflanzen nicht gut. Ich denke oft an Sie, und Ihre liebe Frau, und wollte, wir waͤren uns naͤher. —
Stadion — wie ich ſo eben gehoͤrt — bringt nun alle meine Plaͤne zur Ausfuͤhrung. Bedeutend iſt dieſe Revolution doch ge¬ wiß, und von mir ging ſie aus, wiewohl mich in der Sache Niemand nennt, und mir auch daraus bis jetzt noch nicht der mindeſte Vortheil entſprungen. Mein Plan iſt in allen Zuͤgen — im Weſentlichen, wie im Beſondern, beibehalten worden, nur hat man ſich Eine Abweichung erlaubt, die mir gefaͤhrlich ſcheint. Die allmaͤhlige Einziehung der im Umlauf bleibenden Scheine, nach Errichtung der Bank, ſollte nach meiner Idee durch den Verkauf der neuen 2½ Prozent tragenden Staatsobligationen bewirkt werden. Die Bank ſollte dieſe gegen Scheine verkaufen, und der Staat der Bank fuͤr die ſo eingezogenen Scheine neue Obligationen geben — die ſie dann haͤtte wieder verkaufen koͤn¬ nen — und ſo fort. — Dann haͤtte man den Gang des Geſchaͤfts in ſeiner Gewalt behalten, der Staat haͤtte den Vortheil des Markts genoſſen, und der Kours haͤtte ſich allmaͤhlig gehoben. Statt deſſen erbietet man ſich, baar Geld den Inhabern zu
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0130"n="116"/>
geantwortet. Ich laſſe dieſen Brief auf’s Gerathewohl nach<lb/>
Berlin gehn. —</p><lb/><p>Mehrere Angelegenheiten werden mich fuͤr’s Erſte hier auf¬<lb/>
halten. Meine weiteren Bewegungen werden von Umſtaͤnden<lb/>
abhaͤngen. Die Abſicht iſt, wenigſtens einige Jahre in Europa<lb/>
zuzubringen. Da meine Toͤchter nun mit mir ſind, ſo zieht mich<lb/>
nichts mehr <hirendition="#g">ſtark</hi> nach Amerika zuruͤck, es ſei denn beſſere Aus¬<lb/>ſichten fuͤr dieſe. — Es erſchreckt mich zuweilen, ſie nun in<lb/>
einer Welt zu ſehn, wo, außer mir, ſie Niemand kennt und<lb/>
liebt, und wo ſie Niemand angehoͤren. — Mein Leben ſchien mir<lb/>
nie ſo nothwendig. Weibliche Geſchoͤpfe, vorzuͤglich wenn ſie<lb/>
mehr Werth als Schoͤnheit beſitzen, vertragen das Verpflanzen<lb/>
nicht gut. Ich denke oft an Sie, und Ihre liebe Frau, und<lb/>
wollte, wir waͤren uns naͤher. —</p><lb/><p>Stadion — wie ich ſo eben gehoͤrt — bringt nun alle meine<lb/>
Plaͤne zur Ausfuͤhrung. Bedeutend iſt dieſe Revolution doch ge¬<lb/>
wiß, und von mir ging ſie aus, wiewohl mich in der Sache<lb/>
Niemand nennt, und mir auch daraus bis jetzt noch nicht der<lb/>
mindeſte Vortheil entſprungen. Mein Plan iſt in allen Zuͤgen<lb/>— im Weſentlichen, wie im Beſondern, beibehalten worden, nur<lb/>
hat man ſich Eine Abweichung erlaubt, die mir gefaͤhrlich ſcheint.<lb/>
Die allmaͤhlige Einziehung der im Umlauf bleibenden Scheine,<lb/>
nach Errichtung der Bank, ſollte nach meiner Idee durch den<lb/>
Verkauf der neuen <hirendition="#b">2</hi>½ Prozent tragenden Staatsobligationen<lb/>
bewirkt werden. Die Bank ſollte dieſe gegen Scheine verkaufen,<lb/>
und der Staat der Bank fuͤr die ſo eingezogenen Scheine neue<lb/>
Obligationen geben — die ſie dann haͤtte wieder verkaufen koͤn¬<lb/>
nen — und ſo fort. — Dann haͤtte man den Gang des Geſchaͤfts<lb/>
in ſeiner Gewalt behalten, der Staat haͤtte den Vortheil des<lb/>
Markts genoſſen, und der Kours haͤtte ſich allmaͤhlig gehoben.<lb/>
Statt deſſen erbietet man ſich, <formulanotation="TeX">\frac{2}{7}</formula> baar Geld den Inhabern zu<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[116/0130]
geantwortet. Ich laſſe dieſen Brief auf’s Gerathewohl nach
Berlin gehn. —
Mehrere Angelegenheiten werden mich fuͤr’s Erſte hier auf¬
halten. Meine weiteren Bewegungen werden von Umſtaͤnden
abhaͤngen. Die Abſicht iſt, wenigſtens einige Jahre in Europa
zuzubringen. Da meine Toͤchter nun mit mir ſind, ſo zieht mich
nichts mehr ſtark nach Amerika zuruͤck, es ſei denn beſſere Aus¬
ſichten fuͤr dieſe. — Es erſchreckt mich zuweilen, ſie nun in
einer Welt zu ſehn, wo, außer mir, ſie Niemand kennt und
liebt, und wo ſie Niemand angehoͤren. — Mein Leben ſchien mir
nie ſo nothwendig. Weibliche Geſchoͤpfe, vorzuͤglich wenn ſie
mehr Werth als Schoͤnheit beſitzen, vertragen das Verpflanzen
nicht gut. Ich denke oft an Sie, und Ihre liebe Frau, und
wollte, wir waͤren uns naͤher. —
Stadion — wie ich ſo eben gehoͤrt — bringt nun alle meine
Plaͤne zur Ausfuͤhrung. Bedeutend iſt dieſe Revolution doch ge¬
wiß, und von mir ging ſie aus, wiewohl mich in der Sache
Niemand nennt, und mir auch daraus bis jetzt noch nicht der
mindeſte Vortheil entſprungen. Mein Plan iſt in allen Zuͤgen
— im Weſentlichen, wie im Beſondern, beibehalten worden, nur
hat man ſich Eine Abweichung erlaubt, die mir gefaͤhrlich ſcheint.
Die allmaͤhlige Einziehung der im Umlauf bleibenden Scheine,
nach Errichtung der Bank, ſollte nach meiner Idee durch den
Verkauf der neuen 2½ Prozent tragenden Staatsobligationen
bewirkt werden. Die Bank ſollte dieſe gegen Scheine verkaufen,
und der Staat der Bank fuͤr die ſo eingezogenen Scheine neue
Obligationen geben — die ſie dann haͤtte wieder verkaufen koͤn¬
nen — und ſo fort. — Dann haͤtte man den Gang des Geſchaͤfts
in ſeiner Gewalt behalten, der Staat haͤtte den Vortheil des
Markts genoſſen, und der Kours haͤtte ſich allmaͤhlig gehoben.
Statt deſſen erbietet man ſich, [FORMEL] baar Geld den Inhabern zu
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/130>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.