treibende, oder doch etwas, und was Bedeutendes gilt. In dem Allen -- in der durchgängigen Herrschaft der Regel, statt des Ansehns und der Willkür, liegt eben das Freie. Das möchten sie auch jenseits der See wohl, aber das geht doch aus dem Gewesenen hervor, und kann auch nur aus dem Gewesenen bleibend hervorgehn. Das scheint man nicht begreifen zu können! Deßwegen setzt sich der Despotismus sublimer Conzeptionen, die dann doch auch an Narrheit gränzen, so oft an die Stelle des Despotismus verjährten Dünkels, und wird in seiner Ruhe bald wieder ein Opfer des kräftigern Despotismus gemeiner Ränke, und grundsatzloser Consequenz. -- Alles bleibt am Ende oft beim Alten, weil man anfängt, wo man endigen sollte. Möchten doch Ihre wackeren Studenten auf drei oder vier Jahre unter den englischen Bauern auf Universität gehen!
Ich liebe die Engländer in Masse, und wer sie nur im Auslande einzeln sieht, der kennt sie nicht. Das Nationalgefühl ist indessen wesentlich zur glücklichen Existenz unter ihnen. Mir Fremden -- wiewohl ich's nun kaum bin -- ist für den Lebens¬ genuß das heitere Frankreich lieber. -- Ein Engländer ist mir immer nur ein Theil eines Ganzen, dem ich nicht angehöre, und der mich nicht braucht, während im Deutschen und Fran¬ zosen oft ein Ganzes mich anspricht, dem ich viel sein kann. -- Ueberdies ist Vieles auf dem festen Lande so gemüthlich und zu¬ sagend, mir wenigstens, der früheren Associationen wegen! -- Kurz, ich suche hier frei zu bleiben, und mich so einzurichten, daß ich bald -- vielleicht nächsten Sommer -- meinen Töchtern das Vergnügen einer Reise nach Frankreich und Deutschland machen kann. -- Wenn ich mit einem Frauenzimmer bekannt werden könnte, das etwas Schönheit, etwas Geld und viel Ver¬ nunft besäße, und mich leiden möchte, so würde ich mich wieder verheirathen -- denn so allein zu sein in der Welt mit zwei
treibende, oder doch etwas, und was Bedeutendes gilt. In dem Allen — in der durchgaͤngigen Herrſchaft der Regel, ſtatt des Anſehns und der Willkuͤr, liegt eben das Freie. Das moͤchten ſie auch jenſeits der See wohl, aber das geht doch aus dem Geweſenen hervor, und kann auch nur aus dem Geweſenen bleibend hervorgehn. Das ſcheint man nicht begreifen zu koͤnnen! Deßwegen ſetzt ſich der Deſpotismus ſublimer Conzeptionen, die dann doch auch an Narrheit graͤnzen, ſo oft an die Stelle des Deſpotismus verjaͤhrten Duͤnkels, und wird in ſeiner Ruhe bald wieder ein Opfer des kraͤftigern Deſpotismus gemeiner Raͤnke, und grundſatzloſer Conſequenz. — Alles bleibt am Ende oft beim Alten, weil man anfaͤngt, wo man endigen ſollte. Moͤchten doch Ihre wackeren Studenten auf drei oder vier Jahre unter den engliſchen Bauern auf Univerſitaͤt gehen!
Ich liebe die Englaͤnder in Maſſe, und wer ſie nur im Auslande einzeln ſieht, der kennt ſie nicht. Das Nationalgefuͤhl iſt indeſſen weſentlich zur gluͤcklichen Exiſtenz unter ihnen. Mir Fremden — wiewohl ich's nun kaum bin — iſt fuͤr den Lebens¬ genuß das heitere Frankreich lieber. — Ein Englaͤnder iſt mir immer nur ein Theil eines Ganzen, dem ich nicht angehoͤre, und der mich nicht braucht, waͤhrend im Deutſchen und Fran¬ zoſen oft ein Ganzes mich anſpricht, dem ich viel ſein kann. — Ueberdies iſt Vieles auf dem feſten Lande ſo gemuͤthlich und zu¬ ſagend, mir wenigſtens, der fruͤheren Aſſociationen wegen! — Kurz, ich ſuche hier frei zu bleiben, und mich ſo einzurichten, daß ich bald — vielleicht naͤchſten Sommer — meinen Toͤchtern das Vergnuͤgen einer Reiſe nach Frankreich und Deutſchland machen kann. — Wenn ich mit einem Frauenzimmer bekannt werden koͤnnte, das etwas Schoͤnheit, etwas Geld und viel Ver¬ nunft beſaͤße, und mich leiden moͤchte, ſo wuͤrde ich mich wieder verheirathen — denn ſo allein zu ſein in der Welt mit zwei
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treibende, oder doch etwas, und was Bedeutendes gilt. In dem
Allen — in der durchgaͤngigen Herrſchaft der Regel, ſtatt
des Anſehns und der Willkuͤr, liegt eben das Freie. Das
moͤchten ſie auch jenſeits der See wohl, aber das geht doch aus
dem Geweſenen hervor, und kann auch nur aus dem Geweſenen
bleibend hervorgehn. Das ſcheint man nicht begreifen zu koͤnnen!
Deßwegen ſetzt ſich der Deſpotismus ſublimer Conzeptionen, die
dann doch auch an Narrheit graͤnzen, ſo oft an die Stelle des
Deſpotismus verjaͤhrten Duͤnkels, und wird in ſeiner Ruhe bald
wieder ein Opfer des kraͤftigern Deſpotismus gemeiner Raͤnke,
und grundſatzloſer Conſequenz. — Alles bleibt am Ende oft
beim Alten, weil man anfaͤngt, wo man endigen ſollte. Moͤchten
doch Ihre wackeren Studenten auf drei oder vier Jahre unter
den engliſchen Bauern auf Univerſitaͤt gehen!
Ich liebe die Englaͤnder in Maſſe, und wer ſie nur im
Auslande einzeln ſieht, der kennt ſie nicht. Das Nationalgefuͤhl
iſt indeſſen weſentlich zur gluͤcklichen Exiſtenz unter ihnen. Mir
Fremden — wiewohl ich's nun kaum bin — iſt fuͤr den Lebens¬
genuß das heitere Frankreich lieber. — Ein Englaͤnder iſt mir
immer nur ein Theil eines Ganzen, dem ich nicht angehoͤre,
und der mich nicht braucht, waͤhrend im Deutſchen und Fran¬
zoſen oft ein Ganzes mich anſpricht, dem ich viel ſein kann. —
Ueberdies iſt Vieles auf dem feſten Lande ſo gemuͤthlich und zu¬
ſagend, mir wenigſtens, der fruͤheren Aſſociationen wegen! —
Kurz, ich ſuche hier frei zu bleiben, und mich ſo einzurichten,
daß ich bald — vielleicht naͤchſten Sommer — meinen Toͤchtern
das Vergnuͤgen einer Reiſe nach Frankreich und Deutſchland
machen kann. — Wenn ich mit einem Frauenzimmer bekannt
werden koͤnnte, das etwas Schoͤnheit, etwas Geld und viel Ver¬
nunft beſaͤße, und mich leiden moͤchte, ſo wuͤrde ich mich wieder
verheirathen — denn ſo allein zu ſein in der Welt mit zwei
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/144>, abgerufen am 24.11.2024.
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