Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

desselben, für deren Darbietung wir manchen Dank er¬
warten, aus mündlicher Mittheilung und eigner Kennt¬
niß zu vervollständigen gesucht, ohne deßhalb den An¬
spruch zu machen, das hier unvermeidliche aber auch
genügende Fragmentarische zur eigentlichen Lebensbe¬
schreibung zu erheben.

II.

Justus Erich Bollmann wurde geboren im Jahre
1769 zu Hoya im Hannöver'schen, wo seine Eltern in
geachteten und wohlhabenden Verhältnissen lebten. Er
zeichnete sich früh durch Fassungskraft und Lebhaftigkeit
aus; mit frischem Geistesmuthe verband er körperliche
Gesundheit und Rüstigkeit, er galt für einen kräftig¬
schönen Knaben, und man zweifelte nicht, daß er in
der Welt sein Glück machen würde. Zu den Studien
bestimmt, ließ er es an strengem Fleiß nicht fehlen,
und bemächtigte sich leicht und gründlich der Kenntnisse,
die ihm dargeboten wurden. Seine Einbildungskraft
aber war nicht hervorbringend; in den Werken der Dich¬
ter suchte er weniger ihre Gestalten, als einen allge¬
meinen Reiz und Schwung für unbestimmtes Große
und Schöne. Mit dieser Richtung jedoch verband er
thatfertige Einsicht und feste Besonnenheit, sobald es
Verhältnisse der Wirklichkeit zu behandeln gab. Aus
diesen Eigenschaften, deren Verknüpfung fast immer zu

deſſelben, fuͤr deren Darbietung wir manchen Dank er¬
warten, aus muͤndlicher Mittheilung und eigner Kennt¬
niß zu vervollſtaͤndigen geſucht, ohne deßhalb den An¬
ſpruch zu machen, das hier unvermeidliche aber auch
genuͤgende Fragmentariſche zur eigentlichen Lebensbe¬
ſchreibung zu erheben.

II.

Juſtus Erich Bollmann wurde geboren im Jahre
1769 zu Hoya im Hannoͤver'ſchen, wo ſeine Eltern in
geachteten und wohlhabenden Verhaͤltniſſen lebten. Er
zeichnete ſich fruͤh durch Faſſungskraft und Lebhaftigkeit
aus; mit friſchem Geiſtesmuthe verband er koͤrperliche
Geſundheit und Ruͤſtigkeit, er galt fuͤr einen kraͤftig¬
ſchoͤnen Knaben, und man zweifelte nicht, daß er in
der Welt ſein Gluͤck machen wuͤrde. Zu den Studien
beſtimmt, ließ er es an ſtrengem Fleiß nicht fehlen,
und bemaͤchtigte ſich leicht und gruͤndlich der Kenntniſſe,
die ihm dargeboten wurden. Seine Einbildungskraft
aber war nicht hervorbringend; in den Werken der Dich¬
ter ſuchte er weniger ihre Geſtalten, als einen allge¬
meinen Reiz und Schwung fuͤr unbeſtimmtes Große
und Schoͤne. Mit dieſer Richtung jedoch verband er
thatfertige Einſicht und feſte Beſonnenheit, ſobald es
Verhaͤltniſſe der Wirklichkeit zu behandeln gab. Aus
dieſen Eigenſchaften, deren Verknuͤpfung faſt immer zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0019" n="5"/>
de&#x017F;&#x017F;elben, fu&#x0364;r deren Darbietung wir manchen Dank er¬<lb/>
warten, aus mu&#x0364;ndlicher Mittheilung und eigner Kennt¬<lb/>
niß zu vervoll&#x017F;ta&#x0364;ndigen ge&#x017F;ucht, ohne deßhalb den An¬<lb/>
&#x017F;pruch zu machen, das hier unvermeidliche aber auch<lb/>
genu&#x0364;gende Fragmentari&#x017F;che zur eigentlichen Lebensbe¬<lb/>
&#x017F;chreibung zu erheben.</p><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">II.</hi><lb/>
            </head>
            <p>Ju&#x017F;tus Erich Bollmann wurde geboren im Jahre<lb/><hi rendition="#b">1769</hi> zu Hoya im Hanno&#x0364;ver'&#x017F;chen, wo &#x017F;eine Eltern in<lb/>
geachteten und wohlhabenden Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en lebten. Er<lb/>
zeichnete &#x017F;ich fru&#x0364;h durch Fa&#x017F;&#x017F;ungskraft und Lebhaftigkeit<lb/>
aus; mit fri&#x017F;chem Gei&#x017F;tesmuthe verband er ko&#x0364;rperliche<lb/>
Ge&#x017F;undheit und Ru&#x0364;&#x017F;tigkeit, er galt fu&#x0364;r einen kra&#x0364;ftig¬<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen Knaben, und man zweifelte nicht, daß er in<lb/>
der Welt &#x017F;ein Glu&#x0364;ck machen wu&#x0364;rde. Zu den Studien<lb/>
be&#x017F;timmt, ließ er es an &#x017F;trengem Fleiß nicht fehlen,<lb/>
und bema&#x0364;chtigte &#x017F;ich leicht und gru&#x0364;ndlich der Kenntni&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
die ihm dargeboten wurden. Seine Einbildungskraft<lb/>
aber war nicht hervorbringend; in den Werken der Dich¬<lb/>
ter &#x017F;uchte er weniger ihre Ge&#x017F;talten, als einen allge¬<lb/>
meinen Reiz und Schwung fu&#x0364;r unbe&#x017F;timmtes Große<lb/>
und Scho&#x0364;ne. Mit die&#x017F;er Richtung jedoch verband er<lb/>
thatfertige Ein&#x017F;icht und fe&#x017F;te Be&#x017F;onnenheit, &#x017F;obald es<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e der Wirklichkeit zu behandeln gab. Aus<lb/>
die&#x017F;en Eigen&#x017F;chaften, deren Verknu&#x0364;pfung fa&#x017F;t immer zu<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0019] deſſelben, fuͤr deren Darbietung wir manchen Dank er¬ warten, aus muͤndlicher Mittheilung und eigner Kennt¬ niß zu vervollſtaͤndigen geſucht, ohne deßhalb den An¬ ſpruch zu machen, das hier unvermeidliche aber auch genuͤgende Fragmentariſche zur eigentlichen Lebensbe¬ ſchreibung zu erheben. II. Juſtus Erich Bollmann wurde geboren im Jahre 1769 zu Hoya im Hannoͤver'ſchen, wo ſeine Eltern in geachteten und wohlhabenden Verhaͤltniſſen lebten. Er zeichnete ſich fruͤh durch Faſſungskraft und Lebhaftigkeit aus; mit friſchem Geiſtesmuthe verband er koͤrperliche Geſundheit und Ruͤſtigkeit, er galt fuͤr einen kraͤftig¬ ſchoͤnen Knaben, und man zweifelte nicht, daß er in der Welt ſein Gluͤck machen wuͤrde. Zu den Studien beſtimmt, ließ er es an ſtrengem Fleiß nicht fehlen, und bemaͤchtigte ſich leicht und gruͤndlich der Kenntniſſe, die ihm dargeboten wurden. Seine Einbildungskraft aber war nicht hervorbringend; in den Werken der Dich¬ ter ſuchte er weniger ihre Geſtalten, als einen allge¬ meinen Reiz und Schwung fuͤr unbeſtimmtes Große und Schoͤne. Mit dieſer Richtung jedoch verband er thatfertige Einſicht und feſte Beſonnenheit, ſobald es Verhaͤltniſſe der Wirklichkeit zu behandeln gab. Aus dieſen Eigenſchaften, deren Verknuͤpfung faſt immer zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/19
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/19>, abgerufen am 03.12.2024.