dem künftigen Geschichtschreiber überlassen, jedoch in dem Bilde, welches im Wiederscheine des Karakters des Hin¬ geschiedenen sich davon fassen läßt, einen Augenblick hier festhalten wollen.
Von früher Jugend durch weise Fürsorge mit allen Elementen der höheren Bildung umgeben, eignete er sich vorzugsweise alles an, was der Feinheit eines edlen Sinnes, der Anmuth einer wohlwollenden Seele, dem Bedürfniß eines hellen Geistes entsprechen konnte. Doch wurde auch schon in früher Zeit diese schöne und heitre Bildung durch trübe Eindrücke verdüstert, sowohl der Welt im Allgemeinen, die sich in Kampf und Zerstörung darstellte, als auch der eignen persönlichen Erfahrung, deren Prüfung ihm in großen Maßen beschieden war.
Für edle Gemüther sind Prüfungen zugleich Stär¬ kungen. Nur größer und reiner ging Alexander aus ihnen hervor. Den innern Kern einer wahrhaften, tiefen Religiosität vermochten alle widerstreitenden Bewegungen der Zeit, die verwirrenden Ereignisse und schwankenden Umstände, welchen auch der sonst Mächtigste nicht immer zu gebieten noch zu entgehen vermag, niemals in ihm zu erschüttern. Dieser Kern entfaltete sich vielmehr im Gedränge der Schwierigkeiten, von welchen jede politische Richtung umgeben war, nur immer kräftiger, und wurde ihm zur Weihe seiner weltgeschichtlichen Bestimmung, die in den Jahrbüchern wenige ihres Gleichen finden dürfte.
dem kuͤnftigen Geſchichtſchreiber uͤberlaſſen, jedoch in dem Bilde, welches im Wiederſcheine des Karakters des Hin¬ geſchiedenen ſich davon faſſen laͤßt, einen Augenblick hier feſthalten wollen.
Von fruͤher Jugend durch weiſe Fuͤrſorge mit allen Elementen der hoͤheren Bildung umgeben, eignete er ſich vorzugsweiſe alles an, was der Feinheit eines edlen Sinnes, der Anmuth einer wohlwollenden Seele, dem Beduͤrfniß eines hellen Geiſtes entſprechen konnte. Doch wurde auch ſchon in fruͤher Zeit dieſe ſchoͤne und heitre Bildung durch truͤbe Eindruͤcke verduͤſtert, ſowohl der Welt im Allgemeinen, die ſich in Kampf und Zerſtoͤrung darſtellte, als auch der eignen perſoͤnlichen Erfahrung, deren Pruͤfung ihm in großen Maßen beſchieden war.
Fuͤr edle Gemuͤther ſind Pruͤfungen zugleich Staͤr¬ kungen. Nur groͤßer und reiner ging Alexander aus ihnen hervor. Den innern Kern einer wahrhaften, tiefen Religioſitaͤt vermochten alle widerſtreitenden Bewegungen der Zeit, die verwirrenden Ereigniſſe und ſchwankenden Umſtaͤnde, welchen auch der ſonſt Maͤchtigſte nicht immer zu gebieten noch zu entgehen vermag, niemals in ihm zu erſchuͤttern. Dieſer Kern entfaltete ſich vielmehr im Gedraͤnge der Schwierigkeiten, von welchen jede politiſche Richtung umgeben war, nur immer kraͤftiger, und wurde ihm zur Weihe ſeiner weltgeſchichtlichen Beſtimmung, die in den Jahrbuͤchern wenige ihres Gleichen finden duͤrfte.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0213"n="199"/>
dem kuͤnftigen Geſchichtſchreiber uͤberlaſſen, jedoch in dem<lb/>
Bilde, welches im Wiederſcheine des Karakters des Hin¬<lb/>
geſchiedenen ſich davon faſſen laͤßt, einen Augenblick hier<lb/>
feſthalten wollen.</p><lb/><p>Von fruͤher Jugend durch weiſe Fuͤrſorge mit allen<lb/>
Elementen der hoͤheren Bildung umgeben, eignete er<lb/>ſich vorzugsweiſe alles an, was der Feinheit eines edlen<lb/>
Sinnes, der Anmuth einer wohlwollenden Seele, dem<lb/>
Beduͤrfniß eines hellen Geiſtes entſprechen konnte. Doch<lb/>
wurde auch ſchon in fruͤher Zeit dieſe ſchoͤne und heitre<lb/>
Bildung durch truͤbe Eindruͤcke verduͤſtert, ſowohl der<lb/>
Welt im Allgemeinen, die ſich in Kampf und Zerſtoͤrung<lb/>
darſtellte, als auch der eignen perſoͤnlichen Erfahrung,<lb/>
deren Pruͤfung ihm in großen Maßen beſchieden war.</p><lb/><p>Fuͤr edle Gemuͤther ſind Pruͤfungen zugleich Staͤr¬<lb/>
kungen. Nur groͤßer und reiner ging Alexander aus<lb/>
ihnen hervor. Den innern Kern einer wahrhaften, tiefen<lb/>
Religioſitaͤt vermochten alle widerſtreitenden Bewegungen<lb/>
der Zeit, die verwirrenden Ereigniſſe und ſchwankenden<lb/>
Umſtaͤnde, welchen auch der ſonſt Maͤchtigſte nicht immer<lb/>
zu gebieten noch zu entgehen vermag, niemals in ihm<lb/>
zu erſchuͤttern. Dieſer Kern entfaltete ſich vielmehr im<lb/>
Gedraͤnge der Schwierigkeiten, von welchen jede politiſche<lb/>
Richtung umgeben war, nur immer kraͤftiger, und wurde<lb/>
ihm zur Weihe ſeiner weltgeſchichtlichen Beſtimmung,<lb/>
die in den Jahrbuͤchern wenige ihres Gleichen finden<lb/>
duͤrfte.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[199/0213]
dem kuͤnftigen Geſchichtſchreiber uͤberlaſſen, jedoch in dem
Bilde, welches im Wiederſcheine des Karakters des Hin¬
geſchiedenen ſich davon faſſen laͤßt, einen Augenblick hier
feſthalten wollen.
Von fruͤher Jugend durch weiſe Fuͤrſorge mit allen
Elementen der hoͤheren Bildung umgeben, eignete er
ſich vorzugsweiſe alles an, was der Feinheit eines edlen
Sinnes, der Anmuth einer wohlwollenden Seele, dem
Beduͤrfniß eines hellen Geiſtes entſprechen konnte. Doch
wurde auch ſchon in fruͤher Zeit dieſe ſchoͤne und heitre
Bildung durch truͤbe Eindruͤcke verduͤſtert, ſowohl der
Welt im Allgemeinen, die ſich in Kampf und Zerſtoͤrung
darſtellte, als auch der eignen perſoͤnlichen Erfahrung,
deren Pruͤfung ihm in großen Maßen beſchieden war.
Fuͤr edle Gemuͤther ſind Pruͤfungen zugleich Staͤr¬
kungen. Nur groͤßer und reiner ging Alexander aus
ihnen hervor. Den innern Kern einer wahrhaften, tiefen
Religioſitaͤt vermochten alle widerſtreitenden Bewegungen
der Zeit, die verwirrenden Ereigniſſe und ſchwankenden
Umſtaͤnde, welchen auch der ſonſt Maͤchtigſte nicht immer
zu gebieten noch zu entgehen vermag, niemals in ihm
zu erſchuͤttern. Dieſer Kern entfaltete ſich vielmehr im
Gedraͤnge der Schwierigkeiten, von welchen jede politiſche
Richtung umgeben war, nur immer kraͤftiger, und wurde
ihm zur Weihe ſeiner weltgeſchichtlichen Beſtimmung,
die in den Jahrbuͤchern wenige ihres Gleichen finden
duͤrfte.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/213>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.