Vaterstadt herrschend. Einer meiner Bekannten hatte sich erschossen, und ein anderer, Namens Dörrbaum, mit dem ich am innigsten vertraut war, hatte nebst vie¬ len sehr guten Eigenschaften einen sehr phantastischen Liebeshandel. Dies steckte mich an, und ich wählte mir auch eine Dame, und schwärmte in Gesellschaft mit meinem Freunde. Keine von diesen Damen erfuhr aber etwas von meiner Liebe zu ihr, und erst 1784 machte ich die erste Liebeserklärung. Früher hatte ich aber schon mich zur engsten Freundschaft mit obenerwähntem Dörrbaum verbunden, und 1781 hatten wir meinen bis jetzt noch unveränderlich getreuen Freund Osterhau¬ sen in unsern Bund mit aufgenommen. Im Jahre 1782 starb Dörrbaum, und ich und Osterhausen schlos¬ sen sich nun noch inniger aneinander. Keine Fügung des Schicksals hat seitdem unsre Herzen getrennt, kein Schein von Glauben an Untreue uns in unserm Ver¬ trauen irre gemacht, und wenn wir zwar einigemal mit einander unzufrieden waren, so war doch nie der leiseste Verdacht von Unredlichkeit in unsere Seele gekommen.
Dörrbaum hatte außer einem nicht ganz guten Ein¬ fluß auf meine Gefühle, weil er mich zu verliebten Schwärmereien zu frühe verleitete, einen sehr guten auf meine Urtheilskraft. Als ich nach meiner Krankheit wieder zu studiren anfing, so gab mir dieser etwas Unterricht im Griechischen. Wir exponirten das Neue Testament, und er legte es nach der damals gangbaren
Vaterſtadt herrſchend. Einer meiner Bekannten hatte ſich erſchoſſen, und ein anderer, Namens Doͤrrbaum, mit dem ich am innigſten vertraut war, hatte nebſt vie¬ len ſehr guten Eigenſchaften einen ſehr phantaſtiſchen Liebeshandel. Dies ſteckte mich an, und ich waͤhlte mir auch eine Dame, und ſchwaͤrmte in Geſellſchaft mit meinem Freunde. Keine von dieſen Damen erfuhr aber etwas von meiner Liebe zu ihr, und erſt 1784 machte ich die erſte Liebeserklaͤrung. Fruͤher hatte ich aber ſchon mich zur engſten Freundſchaft mit obenerwaͤhntem Doͤrrbaum verbunden, und 1781 hatten wir meinen bis jetzt noch unveraͤnderlich getreuen Freund Oſterhau¬ ſen in unſern Bund mit aufgenommen. Im Jahre 1782 ſtarb Doͤrrbaum, und ich und Oſterhauſen ſchloſ¬ ſen ſich nun noch inniger aneinander. Keine Fuͤgung des Schickſals hat ſeitdem unſre Herzen getrennt, kein Schein von Glauben an Untreue uns in unſerm Ver¬ trauen irre gemacht, und wenn wir zwar einigemal mit einander unzufrieden waren, ſo war doch nie der leiſeſte Verdacht von Unredlichkeit in unſere Seele gekommen.
Doͤrrbaum hatte außer einem nicht ganz guten Ein¬ fluß auf meine Gefuͤhle, weil er mich zu verliebten Schwaͤrmereien zu fruͤhe verleitete, einen ſehr guten auf meine Urtheilskraft. Als ich nach meiner Krankheit wieder zu ſtudiren anfing, ſo gab mir dieſer etwas Unterricht im Griechiſchen. Wir exponirten das Neue Teſtament, und er legte es nach der damals gangbaren
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Vaterſtadt herrſchend. Einer meiner Bekannten hatte
ſich erſchoſſen, und ein anderer, Namens Doͤrrbaum,
mit dem ich am innigſten vertraut war, hatte nebſt vie¬
len ſehr guten Eigenſchaften einen ſehr phantaſtiſchen
Liebeshandel. Dies ſteckte mich an, und ich waͤhlte
mir auch eine Dame, und ſchwaͤrmte in Geſellſchaft mit
meinem Freunde. Keine von dieſen Damen erfuhr aber
etwas von meiner Liebe zu ihr, und erſt 1784 machte
ich die erſte Liebeserklaͤrung. Fruͤher hatte ich aber
ſchon mich zur engſten Freundſchaft mit obenerwaͤhntem
Doͤrrbaum verbunden, und 1781 hatten wir meinen
bis jetzt noch unveraͤnderlich getreuen Freund Oſterhau¬
ſen in unſern Bund mit aufgenommen. Im Jahre
1782 ſtarb Doͤrrbaum, und ich und Oſterhauſen ſchloſ¬
ſen ſich nun noch inniger aneinander. Keine Fuͤgung
des Schickſals hat ſeitdem unſre Herzen getrennt, kein
Schein von Glauben an Untreue uns in unſerm Ver¬
trauen irre gemacht, und wenn wir zwar einigemal mit
einander unzufrieden waren, ſo war doch nie der leiſeſte
Verdacht von Unredlichkeit in unſere Seele gekommen.
Doͤrrbaum hatte außer einem nicht ganz guten Ein¬
fluß auf meine Gefuͤhle, weil er mich zu verliebten
Schwaͤrmereien zu fruͤhe verleitete, einen ſehr guten
auf meine Urtheilskraft. Als ich nach meiner Krankheit
wieder zu ſtudiren anfing, ſo gab mir dieſer etwas
Unterricht im Griechiſchen. Wir exponirten das Neue
Teſtament, und er legte es nach der damals gangbaren
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/246>, abgerufen am 24.11.2024.
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