Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

mußte es geschehen lassen, daß Leichtsinn und auch
mitunter Bosheit seinen redlichen Sinn laut verun¬
glimpften. Stille dichterische Thätigkeit und sein glück¬
liches Gattenverhältniß wurden in dieser Zeit um so
mehr seine Zuflucht.

Der allgefürchteten Krankheit schien er glücklich
entgangen, aber in dem bisher bewahrt gebliebenen
Lande schlich ihn ein andres Uebel todbringend an.
Er erkrankte im Juni des Jahres 1832 an einem Ner¬
venfieber, das durch einen Rückfall tödtlich wurde. Er
entschlief, nach vorausgegangenem mehrwöchentlichen
Kampfe, gefaßt und sanft am 5. Juli, unter der treuen
Pflege der trostlosen Gattin, die schon nach wenigen
Wochen, von der gleichen Krankheit ergriffen, ihm
nachfolgte!

Der Eindruck dieses doppelten Todesfalles wurde
allgemein tiefschmerzlich empfunden. Dem ausgezeich¬
neten Dichter und edlen Menschen, der schönen, holden
Frau und lieblichen Dichterin, -- denn auch ihr war
die Gabe des anmuthigen Liedes verliehen, -- folgten
aus der Nähe und Ferne viele herzliche Klagelaute,
voll Anerkennung, Bedauern und Sehnsucht. Von
den öffentlichen Nachrufen, welche uns bekannt gewor¬
den, fügen wir als Zeugniß ehrenvoller Theilnahme
hier die beiden nachstehenden an, einen deutschen und
einen französischen, die zugleich als bezeichnende Wür¬
digung des Dichtertalents dienen mögen, dessen kritische

22

mußte es geſchehen laſſen, daß Leichtſinn und auch
mitunter Bosheit ſeinen redlichen Sinn laut verun¬
glimpften. Stille dichteriſche Thaͤtigkeit und ſein gluͤck¬
liches Gattenverhaͤltniß wurden in dieſer Zeit um ſo
mehr ſeine Zuflucht.

Der allgefuͤrchteten Krankheit ſchien er gluͤcklich
entgangen, aber in dem bisher bewahrt gebliebenen
Lande ſchlich ihn ein andres Uebel todbringend an.
Er erkrankte im Juni des Jahres 1832 an einem Ner¬
venfieber, das durch einen Ruͤckfall toͤdtlich wurde. Er
entſchlief, nach vorausgegangenem mehrwoͤchentlichen
Kampfe, gefaßt und ſanft am 5. Juli, unter der treuen
Pflege der troſtloſen Gattin, die ſchon nach wenigen
Wochen, von der gleichen Krankheit ergriffen, ihm
nachfolgte!

Der Eindruck dieſes doppelten Todesfalles wurde
allgemein tiefſchmerzlich empfunden. Dem ausgezeich¬
neten Dichter und edlen Menſchen, der ſchoͤnen, holden
Frau und lieblichen Dichterin, — denn auch ihr war
die Gabe des anmuthigen Liedes verliehen, — folgten
aus der Naͤhe und Ferne viele herzliche Klagelaute,
voll Anerkennung, Bedauern und Sehnſucht. Von
den oͤffentlichen Nachrufen, welche uns bekannt gewor¬
den, fuͤgen wir als Zeugniß ehrenvoller Theilnahme
hier die beiden nachſtehenden an, einen deutſchen und
einen franzoͤſiſchen, die zugleich als bezeichnende Wuͤr¬
digung des Dichtertalents dienen moͤgen, deſſen kritiſche

22
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0351" n="337"/>
mußte es ge&#x017F;chehen la&#x017F;&#x017F;en, daß Leicht&#x017F;inn und auch<lb/>
mitunter Bosheit &#x017F;einen redlichen Sinn laut verun¬<lb/>
glimpften. Stille dichteri&#x017F;che Tha&#x0364;tigkeit und &#x017F;ein glu&#x0364;ck¬<lb/>
liches Gattenverha&#x0364;ltniß wurden in die&#x017F;er Zeit um &#x017F;o<lb/>
mehr &#x017F;eine Zuflucht.</p><lb/>
          <p>Der allgefu&#x0364;rchteten Krankheit &#x017F;chien er glu&#x0364;cklich<lb/>
entgangen, aber in dem bisher bewahrt gebliebenen<lb/>
Lande &#x017F;chlich ihn ein andres Uebel todbringend an.<lb/>
Er erkrankte im Juni des Jahres <hi rendition="#b">1832</hi> an einem Ner¬<lb/>
venfieber, das durch einen Ru&#x0364;ckfall to&#x0364;dtlich wurde. Er<lb/>
ent&#x017F;chlief, nach vorausgegangenem mehrwo&#x0364;chentlichen<lb/>
Kampfe, gefaßt und &#x017F;anft am <hi rendition="#b">5</hi>. Juli, unter der treuen<lb/>
Pflege der tro&#x017F;tlo&#x017F;en Gattin, die &#x017F;chon nach wenigen<lb/>
Wochen, von der gleichen Krankheit ergriffen, ihm<lb/>
nachfolgte!</p><lb/>
          <p>Der Eindruck die&#x017F;es doppelten Todesfalles wurde<lb/>
allgemein tief&#x017F;chmerzlich empfunden. Dem ausgezeich¬<lb/>
neten Dichter und edlen Men&#x017F;chen, der &#x017F;cho&#x0364;nen, holden<lb/>
Frau und lieblichen Dichterin, &#x2014; denn auch ihr war<lb/>
die Gabe des anmuthigen Liedes verliehen, &#x2014; folgten<lb/>
aus der Na&#x0364;he und Ferne viele herzliche Klagelaute,<lb/>
voll Anerkennung, Bedauern und Sehn&#x017F;ucht. Von<lb/>
den o&#x0364;ffentlichen Nachrufen, welche uns bekannt gewor¬<lb/>
den, fu&#x0364;gen wir als Zeugniß ehrenvoller Theilnahme<lb/>
hier die beiden nach&#x017F;tehenden an, einen deut&#x017F;chen und<lb/>
einen franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen, die zugleich als bezeichnende Wu&#x0364;<lb/>
digung des Dichtertalents dienen mo&#x0364;gen, de&#x017F;&#x017F;en kriti&#x017F;che<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#b">22</hi><lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[337/0351] mußte es geſchehen laſſen, daß Leichtſinn und auch mitunter Bosheit ſeinen redlichen Sinn laut verun¬ glimpften. Stille dichteriſche Thaͤtigkeit und ſein gluͤck¬ liches Gattenverhaͤltniß wurden in dieſer Zeit um ſo mehr ſeine Zuflucht. Der allgefuͤrchteten Krankheit ſchien er gluͤcklich entgangen, aber in dem bisher bewahrt gebliebenen Lande ſchlich ihn ein andres Uebel todbringend an. Er erkrankte im Juni des Jahres 1832 an einem Ner¬ venfieber, das durch einen Ruͤckfall toͤdtlich wurde. Er entſchlief, nach vorausgegangenem mehrwoͤchentlichen Kampfe, gefaßt und ſanft am 5. Juli, unter der treuen Pflege der troſtloſen Gattin, die ſchon nach wenigen Wochen, von der gleichen Krankheit ergriffen, ihm nachfolgte! Der Eindruck dieſes doppelten Todesfalles wurde allgemein tiefſchmerzlich empfunden. Dem ausgezeich¬ neten Dichter und edlen Menſchen, der ſchoͤnen, holden Frau und lieblichen Dichterin, — denn auch ihr war die Gabe des anmuthigen Liedes verliehen, — folgten aus der Naͤhe und Ferne viele herzliche Klagelaute, voll Anerkennung, Bedauern und Sehnſucht. Von den oͤffentlichen Nachrufen, welche uns bekannt gewor¬ den, fuͤgen wir als Zeugniß ehrenvoller Theilnahme hier die beiden nachſtehenden an, einen deutſchen und einen franzoͤſiſchen, die zugleich als bezeichnende Wuͤr¬ digung des Dichtertalents dienen moͤgen, deſſen kritiſche 22

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/351
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/351>, abgerufen am 20.05.2024.