dem besten Sinne geleiteten Angelegenheit. Auch bei andern Vorgängen, wo Gemeingeist und Geselligkeit sich angesprochen fanden, bezeigte er lebhaften Eifer und heitern Sinn, den sichtbar zu trüben schon ein ernster und bedeutender Anlaß erfodert wurde.
So durfte Neumann bei arbeitsvollen Mühen, aber leidlicher Gesundheit und gutem Muth, in häuslichem Glück und frohem Freundesumgang noch manches Le¬ bensjahr zu genießen, noch vielerlei zu bilden und ge¬ deihen zu sehen hoffen, als ihn, unerwartet ihm selbst und den Seinen, im vierundfünfzigsten Jahre der Tod abrief. Er starb auf einer Dienstreise, von Magdeburg zurückkehrend, am 9. Oktober 1835 zu Brandenburg, nach kurzer Krankheit, unter der Pflege einer befreun¬ deten Familie, die den Erkrankten liebevoll aufgenom¬ men hatte.
Sein reiner und so gütiger als fester Karakter war sich stets gleich geblieben und hatte ihm in Allen, die ihn kannten, nur Freunde erworben; sein persönliches Andenken läßt nirgends einen feindlichen Stachel zurück. Von Natur schweigsam und verschlossen, doch nie ver¬ stockt; wenig selbstthätig; aber leicht erregbar, beschei¬ den und nachgiebig, doch freimüthig und fest, bei stil¬ lem Ernste stets aufgelegt zu Witz und Laune; mit die¬ sen Eigenschaften noch die tiefern und werthvollern der Wahrheitsliebe, des höchsten Strebens und der edelsten Gesinnung vereinigend, konnte er nur eine freundliche
dem beſten Sinne geleiteten Angelegenheit. Auch bei andern Vorgaͤngen, wo Gemeingeiſt und Geſelligkeit ſich angeſprochen fanden, bezeigte er lebhaften Eifer und heitern Sinn, den ſichtbar zu truͤben ſchon ein ernſter und bedeutender Anlaß erfodert wurde.
So durfte Neumann bei arbeitsvollen Muͤhen, aber leidlicher Geſundheit und gutem Muth, in haͤuslichem Gluͤck und frohem Freundesumgang noch manches Le¬ bensjahr zu genießen, noch vielerlei zu bilden und ge¬ deihen zu ſehen hoffen, als ihn, unerwartet ihm ſelbſt und den Seinen, im vierundfuͤnfzigſten Jahre der Tod abrief. Er ſtarb auf einer Dienſtreiſe, von Magdeburg zuruͤckkehrend, am 9. Oktober 1835 zu Brandenburg, nach kurzer Krankheit, unter der Pflege einer befreun¬ deten Familie, die den Erkrankten liebevoll aufgenom¬ men hatte.
Sein reiner und ſo guͤtiger als feſter Karakter war ſich ſtets gleich geblieben und hatte ihm in Allen, die ihn kannten, nur Freunde erworben; ſein perſoͤnliches Andenken laͤßt nirgends einen feindlichen Stachel zuruͤck. Von Natur ſchweigſam und verſchloſſen, doch nie ver¬ ſtockt; wenig ſelbſtthaͤtig; aber leicht erregbar, beſchei¬ den und nachgiebig, doch freimuͤthig und feſt, bei ſtil¬ lem Ernſte ſtets aufgelegt zu Witz und Laune; mit die¬ ſen Eigenſchaften noch die tiefern und werthvollern der Wahrheitsliebe, des hoͤchſten Strebens und der edelſten Geſinnung vereinigend, konnte er nur eine freundliche
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dem beſten Sinne geleiteten Angelegenheit. Auch bei
andern Vorgaͤngen, wo Gemeingeiſt und Geſelligkeit ſich
angeſprochen fanden, bezeigte er lebhaften Eifer und
heitern Sinn, den ſichtbar zu truͤben ſchon ein ernſter
und bedeutender Anlaß erfodert wurde.
So durfte Neumann bei arbeitsvollen Muͤhen, aber
leidlicher Geſundheit und gutem Muth, in haͤuslichem
Gluͤck und frohem Freundesumgang noch manches Le¬
bensjahr zu genießen, noch vielerlei zu bilden und ge¬
deihen zu ſehen hoffen, als ihn, unerwartet ihm ſelbſt
und den Seinen, im vierundfuͤnfzigſten Jahre der Tod
abrief. Er ſtarb auf einer Dienſtreiſe, von Magdeburg
zuruͤckkehrend, am 9. Oktober 1835 zu Brandenburg,
nach kurzer Krankheit, unter der Pflege einer befreun¬
deten Familie, die den Erkrankten liebevoll aufgenom¬
men hatte.
Sein reiner und ſo guͤtiger als feſter Karakter war
ſich ſtets gleich geblieben und hatte ihm in Allen, die
ihn kannten, nur Freunde erworben; ſein perſoͤnliches
Andenken laͤßt nirgends einen feindlichen Stachel zuruͤck.
Von Natur ſchweigſam und verſchloſſen, doch nie ver¬
ſtockt; wenig ſelbſtthaͤtig; aber leicht erregbar, beſchei¬
den und nachgiebig, doch freimuͤthig und feſt, bei ſtil¬
lem Ernſte ſtets aufgelegt zu Witz und Laune; mit die¬
ſen Eigenſchaften noch die tiefern und werthvollern der
Wahrheitsliebe, des hoͤchſten Strebens und der edelſten
Geſinnung vereinigend, konnte er nur eine freundliche
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/370>, abgerufen am 21.11.2024.
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