welche seine Einsicht und Erfahrung begehrt wurden. Im Sommer 1834 fühlte er sich so weit gestärkt, daß er einem sehnlichen Wunsch, den er lange gehegt, will¬ fahren zu können glaubte, und mit den Seinigen eine Reise nach Kopenhagen unternahm. In dieser früheren Heimath fand er sich durch liebe Erinnerung und Gegen¬ wart doppelt angeregt, und freute sich insbesondere auch des Wiedersehens und der Huld des Königs von Däne¬ mark, der den treuen Sinn seines ehemaligen Dieners mit Rührung anerkannte.
Von Kopenhagen im Herbste nach Berlin zurückge¬ kehrt, empfand er bald wieder die Nachtheile der rauhe¬ ren Jahreszeit, doch gab ein wechselvoller Zustand auch Zeitabschnitte, in denen er eine zunehmende Besserung hoffen konnte. In solchen Zeiten hegte sein Gemüth besonders Ein Verlangen, das er wiederholt und mit Lebhaftigkeit äußerte; er wünschte herzlich, noch Einmal den König seinen Herrn zu sehen! Ihn seiner innig¬ sten Ehrfurcht und Dankbarkeit versichern, sie persönlich ausdrücken zu können, war ihm ein Bedürfniß, dem in seiner Seele jede tiefe und zarte Empfindung sich verknüpfte. Die Erfüllung dieses Wunsches vermochte er nicht mehr zu erreichen. Zwar traten wiederholt günstigere Tagesreihen ein, und die Heiterkeit seines Geistes wie die Wärme seines Gemüths erwiesen sich noch im Anfange des Jahres 1835 in erhöhter Lebens¬ frische, allein gerade in solchem versprechenderen Zustande
welche ſeine Einſicht und Erfahrung begehrt wurden. Im Sommer 1834 fuͤhlte er ſich ſo weit geſtaͤrkt, daß er einem ſehnlichen Wunſch, den er lange gehegt, will¬ fahren zu koͤnnen glaubte, und mit den Seinigen eine Reiſe nach Kopenhagen unternahm. In dieſer fruͤheren Heimath fand er ſich durch liebe Erinnerung und Gegen¬ wart doppelt angeregt, und freute ſich insbeſondere auch des Wiederſehens und der Huld des Koͤnigs von Daͤne¬ mark, der den treuen Sinn ſeines ehemaligen Dieners mit Ruͤhrung anerkannte.
Von Kopenhagen im Herbſte nach Berlin zuruͤckge¬ kehrt, empfand er bald wieder die Nachtheile der rauhe¬ ren Jahreszeit, doch gab ein wechſelvoller Zuſtand auch Zeitabſchnitte, in denen er eine zunehmende Beſſerung hoffen konnte. In ſolchen Zeiten hegte ſein Gemuͤth beſonders Ein Verlangen, das er wiederholt und mit Lebhaftigkeit aͤußerte; er wuͤnſchte herzlich, noch Einmal den Koͤnig ſeinen Herrn zu ſehen! Ihn ſeiner innig¬ ſten Ehrfurcht und Dankbarkeit verſichern, ſie perſoͤnlich ausdruͤcken zu koͤnnen, war ihm ein Beduͤrfniß, dem in ſeiner Seele jede tiefe und zarte Empfindung ſich verknuͤpfte. Die Erfuͤllung dieſes Wunſches vermochte er nicht mehr zu erreichen. Zwar traten wiederholt guͤnſtigere Tagesreihen ein, und die Heiterkeit ſeines Geiſtes wie die Waͤrme ſeines Gemuͤths erwieſen ſich noch im Anfange des Jahres 1835 in erhoͤhter Lebens¬ friſche, allein gerade in ſolchem verſprechenderen Zuſtande
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0391"n="377"/>
welche ſeine Einſicht und Erfahrung begehrt wurden.<lb/>
Im Sommer <hirendition="#b">1834</hi> fuͤhlte er ſich ſo weit geſtaͤrkt, daß<lb/>
er einem ſehnlichen Wunſch, den er lange gehegt, will¬<lb/>
fahren zu koͤnnen glaubte, und mit den Seinigen eine<lb/>
Reiſe nach Kopenhagen unternahm. In dieſer fruͤheren<lb/>
Heimath fand er ſich durch liebe Erinnerung und Gegen¬<lb/>
wart doppelt angeregt, und freute ſich insbeſondere auch<lb/>
des Wiederſehens und der Huld des Koͤnigs von Daͤne¬<lb/>
mark, der den treuen Sinn ſeines ehemaligen Dieners<lb/>
mit Ruͤhrung anerkannte.</p><lb/><p>Von Kopenhagen im Herbſte nach Berlin zuruͤckge¬<lb/>
kehrt, empfand er bald wieder die Nachtheile der rauhe¬<lb/>
ren Jahreszeit, doch gab ein wechſelvoller Zuſtand auch<lb/>
Zeitabſchnitte, in denen er eine zunehmende Beſſerung<lb/>
hoffen konnte. In ſolchen Zeiten hegte ſein Gemuͤth<lb/>
beſonders Ein Verlangen, das er wiederholt und mit<lb/>
Lebhaftigkeit aͤußerte; er wuͤnſchte herzlich, noch Einmal<lb/>
den Koͤnig ſeinen Herrn zu ſehen! Ihn ſeiner innig¬<lb/>ſten Ehrfurcht und Dankbarkeit verſichern, ſie perſoͤnlich<lb/>
ausdruͤcken zu koͤnnen, war ihm ein Beduͤrfniß, dem<lb/>
in ſeiner Seele jede tiefe und zarte Empfindung ſich<lb/>
verknuͤpfte. Die Erfuͤllung dieſes Wunſches vermochte<lb/>
er nicht mehr zu erreichen. Zwar traten wiederholt<lb/>
guͤnſtigere Tagesreihen ein, und die Heiterkeit ſeines<lb/>
Geiſtes wie die Waͤrme ſeines Gemuͤths erwieſen ſich<lb/>
noch im Anfange des Jahres <hirendition="#b">1835</hi> in erhoͤhter Lebens¬<lb/>
friſche, allein gerade in ſolchem verſprechenderen Zuſtande<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[377/0391]
welche ſeine Einſicht und Erfahrung begehrt wurden.
Im Sommer 1834 fuͤhlte er ſich ſo weit geſtaͤrkt, daß
er einem ſehnlichen Wunſch, den er lange gehegt, will¬
fahren zu koͤnnen glaubte, und mit den Seinigen eine
Reiſe nach Kopenhagen unternahm. In dieſer fruͤheren
Heimath fand er ſich durch liebe Erinnerung und Gegen¬
wart doppelt angeregt, und freute ſich insbeſondere auch
des Wiederſehens und der Huld des Koͤnigs von Daͤne¬
mark, der den treuen Sinn ſeines ehemaligen Dieners
mit Ruͤhrung anerkannte.
Von Kopenhagen im Herbſte nach Berlin zuruͤckge¬
kehrt, empfand er bald wieder die Nachtheile der rauhe¬
ren Jahreszeit, doch gab ein wechſelvoller Zuſtand auch
Zeitabſchnitte, in denen er eine zunehmende Beſſerung
hoffen konnte. In ſolchen Zeiten hegte ſein Gemuͤth
beſonders Ein Verlangen, das er wiederholt und mit
Lebhaftigkeit aͤußerte; er wuͤnſchte herzlich, noch Einmal
den Koͤnig ſeinen Herrn zu ſehen! Ihn ſeiner innig¬
ſten Ehrfurcht und Dankbarkeit verſichern, ſie perſoͤnlich
ausdruͤcken zu koͤnnen, war ihm ein Beduͤrfniß, dem
in ſeiner Seele jede tiefe und zarte Empfindung ſich
verknuͤpfte. Die Erfuͤllung dieſes Wunſches vermochte
er nicht mehr zu erreichen. Zwar traten wiederholt
guͤnſtigere Tagesreihen ein, und die Heiterkeit ſeines
Geiſtes wie die Waͤrme ſeines Gemuͤths erwieſen ſich
noch im Anfange des Jahres 1835 in erhoͤhter Lebens¬
friſche, allein gerade in ſolchem verſprechenderen Zuſtande
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/391>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.