Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.8. Der Geist. Woher ihr kommt, wohin ihr geht, Ihr wißt es nicht, und wo ihr steht, Da forschet ewig ihr vergebens Nach eures räthselvollen Lebens Geheimem Grund und letzten Ziele. Seid preisgegeben ihr dem Spiele Des Zufalls, oder blind gestellt In das Gesetz der Körperwelt? Doch nein! ihr habt es längst erkannt, Der freigeschaff'ne Geist, verwandt Der unsichtbaren Himmelskraft, Die ewig wirkt und ewig schafft, Verschmäht, was nur den Stoff gestaltet. Er wählt und sondert, mißt und waltet Nach strengem, selbstgewognem Recht, Bekennt sich dieses Rechtes Knecht, Verkündet laut das Heil der Wahrheit, Und gründet sich ein Reich der Klarheit. Freundesgräber. 1. Den 21. Juni 1797. Hier zog ein großer Todter ein. Vergebens spräche hier der Stein. 8. Der Geiſt. Woher ihr kommt, wohin ihr geht, Ihr wißt es nicht, und wo ihr ſteht, Da forſchet ewig ihr vergebens Nach eures räthſelvollen Lebens Geheimem Grund und letzten Ziele. Seid preisgegeben ihr dem Spiele Des Zufalls, oder blind geſtellt In das Geſetz der Körperwelt? Doch nein! ihr habt es längſt erkannt, Der freigeſchaff'ne Geiſt, verwandt Der unſichtbaren Himmelskraft, Die ewig wirkt und ewig ſchafft, Verſchmäht, was nur den Stoff geſtaltet. Er wählt und ſondert, mißt und waltet Nach ſtrengem, ſelbſtgewognem Recht, Bekennt ſich dieſes Rechtes Knecht, Verkündet laut das Heil der Wahrheit, Und gründet ſich ein Reich der Klarheit. Freundesgräber. 1. Den 21. Juni 1797. Hier zog ein großer Todter ein. Vergebens ſpräche hier der Stein. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <pb facs="#f0407" n="393"/> </div> <div n="5"> <head> <hi rendition="#b">8.</hi><lb/> <hi rendition="#g">Der Geiſt.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l>Woher ihr kommt, wohin ihr geht,</l><lb/> <l>Ihr wißt es nicht, und wo ihr ſteht,</l><lb/> <l>Da forſchet ewig ihr vergebens</l><lb/> <l>Nach eures räthſelvollen Lebens</l><lb/> <l>Geheimem Grund und letzten Ziele.</l><lb/> <l>Seid preisgegeben ihr dem Spiele</l><lb/> <l>Des Zufalls, oder blind geſtellt</l><lb/> <l>In das Geſetz der Körperwelt?</l><lb/> <l>Doch nein! ihr habt es längſt erkannt,</l><lb/> <l>Der freigeſchaff'ne Geiſt, verwandt</l><lb/> <l>Der unſichtbaren Himmelskraft,</l><lb/> <l>Die ewig wirkt und ewig ſchafft,</l><lb/> <l>Verſchmäht, was nur den Stoff geſtaltet.</l><lb/> <l>Er wählt und ſondert, mißt und waltet</l><lb/> <l>Nach ſtrengem, ſelbſtgewognem Recht,</l><lb/> <l>Bekennt ſich dieſes Rechtes Knecht,</l><lb/> <l>Verkündet laut das Heil der Wahrheit,</l><lb/> <l>Und gründet ſich ein Reich der Klarheit.</l><lb/> </lg> </div> </div> <div n="4"> <head> <hi rendition="#g">Freundesgräber.</hi><lb/> </head> <div n="5"> <head> <hi rendition="#b">1.</hi><lb/> </head> <p rendition="#c">Den <hi rendition="#b">21</hi>. Juni <hi rendition="#b">1797</hi>.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Hier zog ein großer Todter ein.</l><lb/> <l>Vergebens ſpräche hier der Stein.</l><lb/> </lg> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [393/0407]
8.
Der Geiſt.
Woher ihr kommt, wohin ihr geht,
Ihr wißt es nicht, und wo ihr ſteht,
Da forſchet ewig ihr vergebens
Nach eures räthſelvollen Lebens
Geheimem Grund und letzten Ziele.
Seid preisgegeben ihr dem Spiele
Des Zufalls, oder blind geſtellt
In das Geſetz der Körperwelt?
Doch nein! ihr habt es längſt erkannt,
Der freigeſchaff'ne Geiſt, verwandt
Der unſichtbaren Himmelskraft,
Die ewig wirkt und ewig ſchafft,
Verſchmäht, was nur den Stoff geſtaltet.
Er wählt und ſondert, mißt und waltet
Nach ſtrengem, ſelbſtgewognem Recht,
Bekennt ſich dieſes Rechtes Knecht,
Verkündet laut das Heil der Wahrheit,
Und gründet ſich ein Reich der Klarheit.
Freundesgräber.
1.
Den 21. Juni 1797.
Hier zog ein großer Todter ein.
Vergebens ſpräche hier der Stein.
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