Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

"Ursachen und Motiven weßhalb er katholisch geworden",
die noch im Jahre 1653 in Olmütz an das Licht trat.
Darauf ließ er unermüdet eine Menge Gelegenheits-
und Streitschriften ausgehen, meist unter erdichtetem
Namen, und griff in die damaligen theologischen Kämpfe
heftig ein. Kurz vor seinem Tode, der am 9. Juli
1677 zu Breslau erfolgte, erschien eine Sammlung der
vorzüglichsten dieser Schriften in zwei Folianten, und
zum Theil bezeugen schon die dort aufgereiheten Titel
der einzelnen Aufsätze, mit welcher Wuth und in wel¬
cher Mißgestalt diese Erörterungen in jener Zeit geführt
wurden. Sein Hauptgegner in diesen Kämpfen war
der Professor Adam Schertzer in Leipzig, mit dem er
viele Streitschriften wechselte. Als besonderer Feind
stand ihm aber auch der Hofprediger Christoph Freitag
in Oels entgegen, der auch den Druck der Schriften
desselben in Schlesien möglichst hinderte. Dagegen hatte
Scheffler den Triumph, daß im Jahre 1662 in Breslau
selbst, größtentheils durch seine Bemühung, die katho¬
lische Geistlichkeit den Frohnleichnamstag mit öffentlicher
Prozession, wobei er selber die Monstranz trug, unter
Trompeten- und Paukenschall feiern durfte, welches
dort seit der Reformation nicht geschehen war.

Die Tiefe und Schönheit unsres Autors sind nicht
in jenen Schriften zu suchen, noch in diesen Verhält¬
nissen der äußern Lebensstellung, sondern vielmehr in
seinen reingeistigen, dichterischen Erzeugnissen ausgedrückt.

„Urſachen und Motiven weßhalb er katholiſch geworden“,
die noch im Jahre 1653 in Olmuͤtz an das Licht trat.
Darauf ließ er unermuͤdet eine Menge Gelegenheits-
und Streitſchriften ausgehen, meiſt unter erdichtetem
Namen, und griff in die damaligen theologiſchen Kaͤmpfe
heftig ein. Kurz vor ſeinem Tode, der am 9. Juli
1677 zu Breslau erfolgte, erſchien eine Sammlung der
vorzuͤglichſten dieſer Schriften in zwei Folianten, und
zum Theil bezeugen ſchon die dort aufgereiheten Titel
der einzelnen Aufſaͤtze, mit welcher Wuth und in wel¬
cher Mißgeſtalt dieſe Eroͤrterungen in jener Zeit gefuͤhrt
wurden. Sein Hauptgegner in dieſen Kaͤmpfen war
der Profeſſor Adam Schertzer in Leipzig, mit dem er
viele Streitſchriften wechſelte. Als beſonderer Feind
ſtand ihm aber auch der Hofprediger Chriſtoph Freitag
in Oels entgegen, der auch den Druck der Schriften
deſſelben in Schleſien moͤglichſt hinderte. Dagegen hatte
Scheffler den Triumph, daß im Jahre 1662 in Breslau
ſelbſt, groͤßtentheils durch ſeine Bemuͤhung, die katho¬
liſche Geiſtlichkeit den Frohnleichnamstag mit oͤffentlicher
Prozeſſion, wobei er ſelber die Monſtranz trug, unter
Trompeten- und Paukenſchall feiern durfte, welches
dort ſeit der Reformation nicht geſchehen war.

Die Tiefe und Schoͤnheit unſres Autors ſind nicht
in jenen Schriften zu ſuchen, noch in dieſen Verhaͤlt¬
niſſen der aͤußern Lebensſtellung, ſondern vielmehr in
ſeinen reingeiſtigen, dichteriſchen Erzeugniſſen ausgedruͤckt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0413" n="399"/>
&#x201E;Ur&#x017F;achen und Motiven weßhalb er katholi&#x017F;ch geworden&#x201C;,<lb/>
die noch im Jahre <hi rendition="#b">1653</hi> in Olmu&#x0364;tz an das Licht trat.<lb/>
Darauf ließ er unermu&#x0364;det eine Menge Gelegenheits-<lb/>
und Streit&#x017F;chriften ausgehen, mei&#x017F;t unter erdichtetem<lb/>
Namen, und griff in die damaligen theologi&#x017F;chen Ka&#x0364;mpfe<lb/>
heftig ein. Kurz vor &#x017F;einem Tode, der am <hi rendition="#b">9</hi>. Juli<lb/><hi rendition="#b">1677</hi> zu Breslau erfolgte, er&#x017F;chien eine Sammlung der<lb/>
vorzu&#x0364;glich&#x017F;ten die&#x017F;er Schriften in zwei Folianten, und<lb/>
zum Theil bezeugen &#x017F;chon die dort aufgereiheten Titel<lb/>
der einzelnen Auf&#x017F;a&#x0364;tze, mit welcher Wuth und in wel¬<lb/>
cher Mißge&#x017F;talt die&#x017F;e Ero&#x0364;rterungen in jener Zeit gefu&#x0364;hrt<lb/>
wurden. Sein Hauptgegner in die&#x017F;en Ka&#x0364;mpfen war<lb/>
der Profe&#x017F;&#x017F;or Adam Schertzer in Leipzig, mit dem er<lb/>
viele Streit&#x017F;chriften wech&#x017F;elte. Als be&#x017F;onderer Feind<lb/>
&#x017F;tand ihm aber auch der Hofprediger Chri&#x017F;toph Freitag<lb/>
in Oels entgegen, der auch den Druck der Schriften<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben in Schle&#x017F;ien mo&#x0364;glich&#x017F;t hinderte. Dagegen hatte<lb/>
Scheffler den Triumph, daß im Jahre <hi rendition="#b">1662</hi> in Breslau<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t, gro&#x0364;ßtentheils durch &#x017F;eine Bemu&#x0364;hung, die katho¬<lb/>
li&#x017F;che Gei&#x017F;tlichkeit den Frohnleichnamstag mit o&#x0364;ffentlicher<lb/>
Proze&#x017F;&#x017F;ion, wobei er &#x017F;elber die Mon&#x017F;tranz trug, unter<lb/>
Trompeten- und Pauken&#x017F;chall feiern durfte, welches<lb/>
dort &#x017F;eit der Reformation nicht ge&#x017F;chehen war.</p><lb/>
          <p>Die Tiefe und Scho&#x0364;nheit un&#x017F;res Autors &#x017F;ind nicht<lb/>
in jenen Schriften zu &#x017F;uchen, noch in die&#x017F;en Verha&#x0364;lt¬<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;en der a&#x0364;ußern Lebens&#x017F;tellung, &#x017F;ondern vielmehr in<lb/>
&#x017F;einen reingei&#x017F;tigen, dichteri&#x017F;chen Erzeugni&#x017F;&#x017F;en ausgedru&#x0364;ckt.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[399/0413] „Urſachen und Motiven weßhalb er katholiſch geworden“, die noch im Jahre 1653 in Olmuͤtz an das Licht trat. Darauf ließ er unermuͤdet eine Menge Gelegenheits- und Streitſchriften ausgehen, meiſt unter erdichtetem Namen, und griff in die damaligen theologiſchen Kaͤmpfe heftig ein. Kurz vor ſeinem Tode, der am 9. Juli 1677 zu Breslau erfolgte, erſchien eine Sammlung der vorzuͤglichſten dieſer Schriften in zwei Folianten, und zum Theil bezeugen ſchon die dort aufgereiheten Titel der einzelnen Aufſaͤtze, mit welcher Wuth und in wel¬ cher Mißgeſtalt dieſe Eroͤrterungen in jener Zeit gefuͤhrt wurden. Sein Hauptgegner in dieſen Kaͤmpfen war der Profeſſor Adam Schertzer in Leipzig, mit dem er viele Streitſchriften wechſelte. Als beſonderer Feind ſtand ihm aber auch der Hofprediger Chriſtoph Freitag in Oels entgegen, der auch den Druck der Schriften deſſelben in Schleſien moͤglichſt hinderte. Dagegen hatte Scheffler den Triumph, daß im Jahre 1662 in Breslau ſelbſt, groͤßtentheils durch ſeine Bemuͤhung, die katho¬ liſche Geiſtlichkeit den Frohnleichnamstag mit oͤffentlicher Prozeſſion, wobei er ſelber die Monſtranz trug, unter Trompeten- und Paukenſchall feiern durfte, welches dort ſeit der Reformation nicht geſchehen war. Die Tiefe und Schoͤnheit unſres Autors ſind nicht in jenen Schriften zu ſuchen, noch in dieſen Verhaͤlt¬ niſſen der aͤußern Lebensſtellung, ſondern vielmehr in ſeinen reingeiſtigen, dichteriſchen Erzeugniſſen ausgedruͤckt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/413
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/413>, abgerufen am 22.11.2024.