Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

vorübergehen lassen, und sich niemals über ein Urtheil,
wiefern er ihm beistimme oder nicht, erklärt. Die
richtige Deutung und das hellere Verständniß seines
Werkes bereitete er auf die sicherste und bündigste
Weise durch dessen Fortsetzung, die denn auch endlich,
nach mehr denn zwanzigjährigem Zwischenraume, als
Wilhelm Meisters Wanderjahre an das Licht trat.

Hier fand sich unvermuthet, zum Wunder und
Staunen derer, welche jener Textstellen eingedenk waren,
die eine derselben, die Betrachtung über den schon ge¬
nommenen Besitz alles Bodens, in neuer Wendung
wiederholt, und die Bestätigung, welche dadurch für
die Wichtigkeit jener Stelle ausgedrückt wurde, mußte
um so größer sein, als Göthe'n nicht unbekannt ge¬
blieben war, zu welchem Werthe man sie hatte erheben
wollen. Als nach abermaligem Verlauf einer Reihe
von Jahren das ganze Werk in veränderter und vollerer
Gestalt nochmals erschien, kam jene Wiederholung darin
sogar doppelt vor.

Mehr aber, als dieses buchstäbliche Zeugniß, sprach
nunmehr der gesammte Gang und Inhalt des Werkes,
wie solche nun jedem Auge sichtbar werden konnten,
für das Dasein eines tief eingreifenden, aus dem Zu¬
stande der Welt geschöpften und in das Leben zurück¬
wirkenden Gedankens, wie er in jenen Textworten
allerdings nach beiden Hauptseiten, nach der materialen
und nach der idealen hin, ausgedrückt worden.

voruͤbergehen laſſen, und ſich niemals uͤber ein Urtheil,
wiefern er ihm beiſtimme oder nicht, erklaͤrt. Die
richtige Deutung und das hellere Verſtaͤndniß ſeines
Werkes bereitete er auf die ſicherſte und buͤndigſte
Weiſe durch deſſen Fortſetzung, die denn auch endlich,
nach mehr denn zwanzigjaͤhrigem Zwiſchenraume, als
Wilhelm Meiſters Wanderjahre an das Licht trat.

Hier fand ſich unvermuthet, zum Wunder und
Staunen derer, welche jener Textſtellen eingedenk waren,
die eine derſelben, die Betrachtung uͤber den ſchon ge¬
nommenen Beſitz alles Bodens, in neuer Wendung
wiederholt, und die Beſtaͤtigung, welche dadurch fuͤr
die Wichtigkeit jener Stelle ausgedruͤckt wurde, mußte
um ſo groͤßer ſein, als Goͤthe'n nicht unbekannt ge¬
blieben war, zu welchem Werthe man ſie hatte erheben
wollen. Als nach abermaligem Verlauf einer Reihe
von Jahren das ganze Werk in veraͤnderter und vollerer
Geſtalt nochmals erſchien, kam jene Wiederholung darin
ſogar doppelt vor.

Mehr aber, als dieſes buchſtaͤbliche Zeugniß, ſprach
nunmehr der geſammte Gang und Inhalt des Werkes,
wie ſolche nun jedem Auge ſichtbar werden konnten,
fuͤr das Daſein eines tief eingreifenden, aus dem Zu¬
ſtande der Welt geſchoͤpften und in das Leben zuruͤck¬
wirkenden Gedankens, wie er in jenen Textworten
allerdings nach beiden Hauptſeiten, nach der materialen
und nach der idealen hin, ausgedruͤckt worden.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0430" n="416"/>
voru&#x0364;bergehen la&#x017F;&#x017F;en, und &#x017F;ich niemals u&#x0364;ber ein Urtheil,<lb/>
wiefern er ihm bei&#x017F;timme oder nicht, erkla&#x0364;rt. Die<lb/>
richtige Deutung und das hellere Ver&#x017F;ta&#x0364;ndniß &#x017F;eines<lb/>
Werkes bereitete er auf die &#x017F;icher&#x017F;te und bu&#x0364;ndig&#x017F;te<lb/>
Wei&#x017F;e durch de&#x017F;&#x017F;en Fort&#x017F;etzung, die denn auch endlich,<lb/>
nach mehr denn zwanzigja&#x0364;hrigem Zwi&#x017F;chenraume, als<lb/>
Wilhelm Mei&#x017F;ters Wanderjahre an das Licht trat.</p><lb/>
          <p>Hier fand &#x017F;ich unvermuthet, zum Wunder und<lb/>
Staunen derer, welche jener Text&#x017F;tellen eingedenk waren,<lb/>
die eine der&#x017F;elben, die Betrachtung u&#x0364;ber den &#x017F;chon ge¬<lb/>
nommenen Be&#x017F;itz alles Bodens, in neuer Wendung<lb/>
wiederholt, und die Be&#x017F;ta&#x0364;tigung, welche dadurch fu&#x0364;r<lb/>
die Wichtigkeit jener Stelle ausgedru&#x0364;ckt wurde, mußte<lb/>
um &#x017F;o gro&#x0364;ßer &#x017F;ein, als Go&#x0364;the'n nicht unbekannt ge¬<lb/>
blieben war, zu welchem Werthe man &#x017F;ie hatte erheben<lb/>
wollen. Als nach abermaligem Verlauf einer Reihe<lb/>
von Jahren das ganze Werk in vera&#x0364;nderter und vollerer<lb/>
Ge&#x017F;talt nochmals er&#x017F;chien, kam jene Wiederholung darin<lb/>
&#x017F;ogar doppelt vor.</p><lb/>
          <p>Mehr aber, als die&#x017F;es buch&#x017F;ta&#x0364;bliche Zeugniß, &#x017F;prach<lb/>
nunmehr der ge&#x017F;ammte Gang und Inhalt des Werkes,<lb/>
wie &#x017F;olche nun jedem Auge &#x017F;ichtbar werden konnten,<lb/>
fu&#x0364;r das Da&#x017F;ein eines tief eingreifenden, aus dem Zu¬<lb/>
&#x017F;tande der Welt ge&#x017F;cho&#x0364;pften und in das Leben zuru&#x0364;ck¬<lb/>
wirkenden Gedankens, wie er in jenen Textworten<lb/>
allerdings nach beiden Haupt&#x017F;eiten, nach der materialen<lb/>
und nach der idealen hin, ausgedru&#x0364;ckt worden.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[416/0430] voruͤbergehen laſſen, und ſich niemals uͤber ein Urtheil, wiefern er ihm beiſtimme oder nicht, erklaͤrt. Die richtige Deutung und das hellere Verſtaͤndniß ſeines Werkes bereitete er auf die ſicherſte und buͤndigſte Weiſe durch deſſen Fortſetzung, die denn auch endlich, nach mehr denn zwanzigjaͤhrigem Zwiſchenraume, als Wilhelm Meiſters Wanderjahre an das Licht trat. Hier fand ſich unvermuthet, zum Wunder und Staunen derer, welche jener Textſtellen eingedenk waren, die eine derſelben, die Betrachtung uͤber den ſchon ge¬ nommenen Beſitz alles Bodens, in neuer Wendung wiederholt, und die Beſtaͤtigung, welche dadurch fuͤr die Wichtigkeit jener Stelle ausgedruͤckt wurde, mußte um ſo groͤßer ſein, als Goͤthe'n nicht unbekannt ge¬ blieben war, zu welchem Werthe man ſie hatte erheben wollen. Als nach abermaligem Verlauf einer Reihe von Jahren das ganze Werk in veraͤnderter und vollerer Geſtalt nochmals erſchien, kam jene Wiederholung darin ſogar doppelt vor. Mehr aber, als dieſes buchſtaͤbliche Zeugniß, ſprach nunmehr der geſammte Gang und Inhalt des Werkes, wie ſolche nun jedem Auge ſichtbar werden konnten, fuͤr das Daſein eines tief eingreifenden, aus dem Zu¬ ſtande der Welt geſchoͤpften und in das Leben zuruͤck¬ wirkenden Gedankens, wie er in jenen Textworten allerdings nach beiden Hauptſeiten, nach der materialen und nach der idealen hin, ausgedruͤckt worden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/430
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/430>, abgerufen am 01.11.2024.