Und auch auf die Lehrjahre fiel jetzt eine neue Be¬ leuchtung zurück; ein bisher wenig vortretender, ein oft ganz übersehener Inhalt erschien inmitten der zarten Herzens- und Geistesangelegenheiten wirksam, und zeigte sich in unmittelbarer, strenger Beziehung mit den deutlicher herausgearbeiteten derartigen Bestandtheilen der Wanderjahre. Wir haben dies schon vor längerer Zeit ausgesprochen und die Meinung aufgestellt: die zwei letzten Bücher der Lehrjahre sonderten sich bereits merklich von den früheren ab, und reiheten sich fast schon den Wanderjahren zu.
Bevor wir nun weiter schreiten, lassen wir einige allgemeine Betrachtungen, die sich aufdrängen, hier vorangehen, da sie unsern Weg auf diese Art nur erleichtern.
Was man von Shakspeare gesagt hat, daß er auf den Scheidewegen und Uebergängen zweier Zeitalter stehe, gilt im Grunde von jedem Dichter, dem dieser Name im großen Sinne des Wortes zukommt, und diese Stellung gehört recht eigentlich zu den Bedingun¬ gen, welche sein Erscheinen tragen, seiner Ausbil¬ dung und Wirksamkeit die Mittel darbieten, und ihm die reife widerstrebende Welt, so wie die unreife har¬ rende, gleichsam als die Stoffe seiner Kunst in die Hände liefern.
Göthe's Leben und Dichten gehört ohne Frage einem der Zeitabschnitte an, die im Gegensatze des Er¬
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Und auch auf die Lehrjahre fiel jetzt eine neue Be¬ leuchtung zuruͤck; ein bisher wenig vortretender, ein oft ganz uͤberſehener Inhalt erſchien inmitten der zarten Herzens- und Geiſtesangelegenheiten wirkſam, und zeigte ſich in unmittelbarer, ſtrenger Beziehung mit den deutlicher herausgearbeiteten derartigen Beſtandtheilen der Wanderjahre. Wir haben dies ſchon vor laͤngerer Zeit ausgeſprochen und die Meinung aufgeſtellt: die zwei letzten Buͤcher der Lehrjahre ſonderten ſich bereits merklich von den fruͤheren ab, und reiheten ſich faſt ſchon den Wanderjahren zu.
Bevor wir nun weiter ſchreiten, laſſen wir einige allgemeine Betrachtungen, die ſich aufdraͤngen, hier vorangehen, da ſie unſern Weg auf dieſe Art nur erleichtern.
Was man von Shakſpeare geſagt hat, daß er auf den Scheidewegen und Uebergaͤngen zweier Zeitalter ſtehe, gilt im Grunde von jedem Dichter, dem dieſer Name im großen Sinne des Wortes zukommt, und dieſe Stellung gehoͤrt recht eigentlich zu den Bedingun¬ gen, welche ſein Erſcheinen tragen, ſeiner Ausbil¬ dung und Wirkſamkeit die Mittel darbieten, und ihm die reife widerſtrebende Welt, ſo wie die unreife har¬ rende, gleichſam als die Stoffe ſeiner Kunſt in die Haͤnde liefern.
Goͤthe's Leben und Dichten gehoͤrt ohne Frage einem der Zeitabſchnitte an, die im Gegenſatze des Er¬
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Und auch auf die Lehrjahre fiel jetzt eine neue Be¬
leuchtung zuruͤck; ein bisher wenig vortretender, ein
oft ganz uͤberſehener Inhalt erſchien inmitten der zarten
Herzens- und Geiſtesangelegenheiten wirkſam, und
zeigte ſich in unmittelbarer, ſtrenger Beziehung mit den
deutlicher herausgearbeiteten derartigen Beſtandtheilen
der Wanderjahre. Wir haben dies ſchon vor laͤngerer
Zeit ausgeſprochen und die Meinung aufgeſtellt: die
zwei letzten Buͤcher der Lehrjahre ſonderten ſich bereits
merklich von den fruͤheren ab, und reiheten ſich faſt
ſchon den Wanderjahren zu.
Bevor wir nun weiter ſchreiten, laſſen wir einige
allgemeine Betrachtungen, die ſich aufdraͤngen, hier
vorangehen, da ſie unſern Weg auf dieſe Art nur
erleichtern.
Was man von Shakſpeare geſagt hat, daß er auf
den Scheidewegen und Uebergaͤngen zweier Zeitalter
ſtehe, gilt im Grunde von jedem Dichter, dem dieſer
Name im großen Sinne des Wortes zukommt, und
dieſe Stellung gehoͤrt recht eigentlich zu den Bedingun¬
gen, welche ſein Erſcheinen tragen, ſeiner Ausbil¬
dung und Wirkſamkeit die Mittel darbieten, und ihm
die reife widerſtrebende Welt, ſo wie die unreife har¬
rende, gleichſam als die Stoffe ſeiner Kunſt in die
Haͤnde liefern.
Goͤthe's Leben und Dichten gehoͤrt ohne Frage
einem der Zeitabſchnitte an, die im Gegenſatze des Er¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/431>, abgerufen am 22.11.2024.
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