folgen. Fräulein von Schuckmann begleitete sie, fand aber die Reise und das ganze Verhältniß je länger je mehr bedenklich und unbefriedigend. Als in Frankfurt am Main noch ein andres Frauenzimmer von guter Herkunft und einigen Mitteln, aber nicht erfreulichen Karakters sich angeschlossen hatte, und kleine Ränke und Widrigkeiten das Zusammensein noch mehr verbitterten, erklärte Fräulein von Schuckmann, die Reise nach Paris nicht fortsetzen zu wollen, und kehrte von Mainz allein zurück. Sie behielt aber zeitlebens eine liebevolle An¬ hänglichkeit für die räthselhafte Freundin, deren unglück¬ liches Loos sie noch in später Zeit mit schmerzlicher Theilnahme beklagte.
Mad. Guachet kam nach Paris, wo sie jedoch die Umstände ihren Absichten nicht günstig fand. Bona¬ parte wünschte die alten adligen Familien für seine Herrschaft zu gewinnen, aber die ehemals regierende Familie mußte er um so feindlicher ausschließen. Ein zweideutiges, geheimnißvolles Mitglied des Hauses Bour¬ bon konnte nur sein Mißtrauen, seinen Widerwillen aufregen. Da Mad. Guachet in Paris mit einigen Leuten umging, die sich in dem Kriege der Vendee thätig erwiesen hatten, so vermehrte dies nur den Arg¬ wohn des damaligen Machthabers. Sie war in Paris, durch die frühern Verhältnisse von Berlin her, mit Fried¬ rich Schlegel bekannt geworden, und lebte einige Zeit
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folgen. Fraͤulein von Schuckmann begleitete ſie, fand aber die Reiſe und das ganze Verhaͤltniß je laͤnger je mehr bedenklich und unbefriedigend. Als in Frankfurt am Main noch ein andres Frauenzimmer von guter Herkunft und einigen Mitteln, aber nicht erfreulichen Karakters ſich angeſchloſſen hatte, und kleine Raͤnke und Widrigkeiten das Zuſammenſein noch mehr verbitterten, erklaͤrte Fraͤulein von Schuckmann, die Reiſe nach Paris nicht fortſetzen zu wollen, und kehrte von Mainz allein zuruͤck. Sie behielt aber zeitlebens eine liebevolle An¬ haͤnglichkeit fuͤr die raͤthſelhafte Freundin, deren ungluͤck¬ liches Loos ſie noch in ſpaͤter Zeit mit ſchmerzlicher Theilnahme beklagte.
Mad. Guachet kam nach Paris, wo ſie jedoch die Umſtaͤnde ihren Abſichten nicht guͤnſtig fand. Bona¬ parte wuͤnſchte die alten adligen Familien fuͤr ſeine Herrſchaft zu gewinnen, aber die ehemals regierende Familie mußte er um ſo feindlicher ausſchließen. Ein zweideutiges, geheimnißvolles Mitglied des Hauſes Bour¬ bon konnte nur ſein Mißtrauen, ſeinen Widerwillen aufregen. Da Mad. Guachet in Paris mit einigen Leuten umging, die ſich in dem Kriege der Vendee thaͤtig erwieſen hatten, ſo vermehrte dies nur den Arg¬ wohn des damaligen Machthabers. Sie war in Paris, durch die fruͤhern Verhaͤltniſſe von Berlin her, mit Fried¬ rich Schlegel bekannt geworden, und lebte einige Zeit
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folgen. Fraͤulein von Schuckmann begleitete ſie, fand
aber die Reiſe und das ganze Verhaͤltniß je laͤnger je
mehr bedenklich und unbefriedigend. Als in Frankfurt
am Main noch ein andres Frauenzimmer von guter
Herkunft und einigen Mitteln, aber nicht erfreulichen
Karakters ſich angeſchloſſen hatte, und kleine Raͤnke und
Widrigkeiten das Zuſammenſein noch mehr verbitterten,
erklaͤrte Fraͤulein von Schuckmann, die Reiſe nach Paris
nicht fortſetzen zu wollen, und kehrte von Mainz allein
zuruͤck. Sie behielt aber zeitlebens eine liebevolle An¬
haͤnglichkeit fuͤr die raͤthſelhafte Freundin, deren ungluͤck¬
liches Loos ſie noch in ſpaͤter Zeit mit ſchmerzlicher
Theilnahme beklagte.
Mad. Guachet kam nach Paris, wo ſie jedoch die
Umſtaͤnde ihren Abſichten nicht guͤnſtig fand. Bona¬
parte wuͤnſchte die alten adligen Familien fuͤr ſeine
Herrſchaft zu gewinnen, aber die ehemals regierende
Familie mußte er um ſo feindlicher ausſchließen. Ein
zweideutiges, geheimnißvolles Mitglied des Hauſes Bour¬
bon konnte nur ſein Mißtrauen, ſeinen Widerwillen
aufregen. Da Mad. Guachet in Paris mit einigen
Leuten umging, die ſich in dem Kriege der Vendee
thaͤtig erwieſen hatten, ſo vermehrte dies nur den Arg¬
wohn des damaligen Machthabers. Sie war in Paris,
durch die fruͤhern Verhaͤltniſſe von Berlin her, mit Fried¬
rich Schlegel bekannt geworden, und lebte einige Zeit
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/465>, abgerufen am 24.11.2024.
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