Wir haben Bollmann in seinen eignen Briefen bis nach Wien begleitet, müssen aber nun für ihn die Er¬ zählung wieder aufnehmen, und den Zusammenhang seiner Absichten und Ereignisse durch einige frühere Be¬ züge erläutern, ehe wir zu seinen ferneren Schicksalen übergehen.
Die zu Gunsten Lafayette's eingeleitete Unterhand¬ lung war fehlgeschlagen. Die von Lally-Tolendal ver¬ faßte Denkschrift, welche die Ungerechtigkeit der Ver¬ haftung Lafayette's darstellen sollte, und alle Beweg¬ gründe zu seiner Freilassung eindringlich vortrug, hatte dem Prinzen Heinrich von Preußen ungemein gefallen und dessen lebhafteste Theilnahme angeregt; er hatte seine eifrigste Unterstützung versprochen. Wie in Rheins¬ berg war Bollmann auch in Berlin günstig angehört, und ihm von angesehenen und einflußreichen Personen gute Hoffnung gemacht worden. Die herrschende Stim¬ mung, welche sogar in den höchsten Kreisen laut für die Sache Frankreichs und wider den Krieg zu sprechen wagte, hatte hieran nicht minder Theil, als die bedeu¬ tenden Empfehlungen Pitt's und Grenville's, und der persönliche Eindruck selber, welchen der jugendliche Sach¬ walter machte. König Friedrich Wilhelm der Zweite, an welchen die erwähnte Denkschrift gerichtet war, hatte wenigstens von ihrem Inhalte -- denn sie selbst konnte nicht übergeben werden -- Kenntniß genommen, und
III.
Wir haben Bollmann in ſeinen eignen Briefen bis nach Wien begleitet, muͤſſen aber nun fuͤr ihn die Er¬ zaͤhlung wieder aufnehmen, und den Zuſammenhang ſeiner Abſichten und Ereigniſſe durch einige fruͤhere Be¬ zuͤge erlaͤutern, ehe wir zu ſeinen ferneren Schickſalen uͤbergehen.
Die zu Gunſten Lafayette's eingeleitete Unterhand¬ lung war fehlgeſchlagen. Die von Lally-Tolendal ver¬ faßte Denkſchrift, welche die Ungerechtigkeit der Ver¬ haftung Lafayette's darſtellen ſollte, und alle Beweg¬ gruͤnde zu ſeiner Freilaſſung eindringlich vortrug, hatte dem Prinzen Heinrich von Preußen ungemein gefallen und deſſen lebhafteſte Theilnahme angeregt; er hatte ſeine eifrigſte Unterſtuͤtzung verſprochen. Wie in Rheins¬ berg war Bollmann auch in Berlin guͤnſtig angehoͤrt, und ihm von angeſehenen und einflußreichen Perſonen gute Hoffnung gemacht worden. Die herrſchende Stim¬ mung, welche ſogar in den hoͤchſten Kreiſen laut fuͤr die Sache Frankreichs und wider den Krieg zu ſprechen wagte, hatte hieran nicht minder Theil, als die bedeu¬ tenden Empfehlungen Pitt's und Grenville's, und der perſoͤnliche Eindruck ſelber, welchen der jugendliche Sach¬ walter machte. Koͤnig Friedrich Wilhelm der Zweite, an welchen die erwaͤhnte Denkſchrift gerichtet war, hatte wenigſtens von ihrem Inhalte — denn ſie ſelbſt konnte nicht uͤbergeben werden — Kenntniß genommen, und
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III.
Wir haben Bollmann in ſeinen eignen Briefen bis
nach Wien begleitet, muͤſſen aber nun fuͤr ihn die Er¬
zaͤhlung wieder aufnehmen, und den Zuſammenhang
ſeiner Abſichten und Ereigniſſe durch einige fruͤhere Be¬
zuͤge erlaͤutern, ehe wir zu ſeinen ferneren Schickſalen
uͤbergehen.
Die zu Gunſten Lafayette's eingeleitete Unterhand¬
lung war fehlgeſchlagen. Die von Lally-Tolendal ver¬
faßte Denkſchrift, welche die Ungerechtigkeit der Ver¬
haftung Lafayette's darſtellen ſollte, und alle Beweg¬
gruͤnde zu ſeiner Freilaſſung eindringlich vortrug, hatte
dem Prinzen Heinrich von Preußen ungemein gefallen
und deſſen lebhafteſte Theilnahme angeregt; er hatte
ſeine eifrigſte Unterſtuͤtzung verſprochen. Wie in Rheins¬
berg war Bollmann auch in Berlin guͤnſtig angehoͤrt,
und ihm von angeſehenen und einflußreichen Perſonen
gute Hoffnung gemacht worden. Die herrſchende Stim¬
mung, welche ſogar in den hoͤchſten Kreiſen laut fuͤr
die Sache Frankreichs und wider den Krieg zu ſprechen
wagte, hatte hieran nicht minder Theil, als die bedeu¬
tenden Empfehlungen Pitt's und Grenville's, und der
perſoͤnliche Eindruck ſelber, welchen der jugendliche Sach¬
walter machte. Koͤnig Friedrich Wilhelm der Zweite,
an welchen die erwaͤhnte Denkſchrift gerichtet war, hatte
wenigſtens von ihrem Inhalte — denn ſie ſelbſt konnte
nicht uͤbergeben werden — Kenntniß genommen, und
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/87>, abgerufen am 21.11.2024.
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