gesprochen hatte, ging auf die Eröffnungen Bollmanns lebhaft ein, und meinte, wenn er für Lafayette sein Leben wage, so zahle er damit nur eine Schuld seines Vaterlandes, dessen Freiheit jener habe erkämpfen helfen. Die Kürze der Zeit, innerhalb welcher die Sache voll¬ führt werden mußte, wenn sie noch vor dem Winter statt haben sollte, erlaubte nicht, alle Maßregeln so genau und umständlich anzuordnen, wie es zur Sicherung des Erfolges nöthig gewesen wäre. Allein der Ausgang konnte durch vervielfältigte Anstalten und größere Zahl der Theilnehmer einerseits zwar sicherer gemacht, andrer¬ seits aber auch gefährdet werden; nach reifer Ueberle¬ gung beschlossen die beiden Freunde, nur zu Zweien das Wagniß zu bestehen, und ihren Plan in größter Einfachheit zu halten. Sie betrieben ihre Abreise ganz offen, ließen ihre Pässe nach Mähren und Schlesien stellen, und verließen Wien gegen Ende des Oktobers. Sie führten ihren Wagen bei sich, außerdem aber auch zwei Reitpferde nebst einem Reitknecht; der letztere war gewöhnt worden, bald mit dem Wagen, bald mit den beiden Pferden vorauf zu gehen, je nachdem die Rei¬ senden es vorzogen, gemächlich der Straße zu folgen, oder zu Pferd und nach Umständen zu Fuß querfeldein auf Merkwürdigkeiten und Schönheiten der Gegend aus¬ zugehen. Um den Mangel eines dritten Pferdes zu ersetzen, dessen sie in der Folge benöthigt sein mußten, und das sie doch nicht rathsam fanden, zu ihren beiden
geſprochen hatte, ging auf die Eroͤffnungen Bollmanns lebhaft ein, und meinte, wenn er fuͤr Lafayette ſein Leben wage, ſo zahle er damit nur eine Schuld ſeines Vaterlandes, deſſen Freiheit jener habe erkaͤmpfen helfen. Die Kuͤrze der Zeit, innerhalb welcher die Sache voll¬ fuͤhrt werden mußte, wenn ſie noch vor dem Winter ſtatt haben ſollte, erlaubte nicht, alle Maßregeln ſo genau und umſtaͤndlich anzuordnen, wie es zur Sicherung des Erfolges noͤthig geweſen waͤre. Allein der Ausgang konnte durch vervielfaͤltigte Anſtalten und groͤßere Zahl der Theilnehmer einerſeits zwar ſicherer gemacht, andrer¬ ſeits aber auch gefaͤhrdet werden; nach reifer Ueberle¬ gung beſchloſſen die beiden Freunde, nur zu Zweien das Wagniß zu beſtehen, und ihren Plan in groͤßter Einfachheit zu halten. Sie betrieben ihre Abreiſe ganz offen, ließen ihre Paͤſſe nach Maͤhren und Schleſien ſtellen, und verließen Wien gegen Ende des Oktobers. Sie fuͤhrten ihren Wagen bei ſich, außerdem aber auch zwei Reitpferde nebſt einem Reitknecht; der letztere war gewoͤhnt worden, bald mit dem Wagen, bald mit den beiden Pferden vorauf zu gehen, je nachdem die Rei¬ ſenden es vorzogen, gemaͤchlich der Straße zu folgen, oder zu Pferd und nach Umſtaͤnden zu Fuß querfeldein auf Merkwuͤrdigkeiten und Schoͤnheiten der Gegend aus¬ zugehen. Um den Mangel eines dritten Pferdes zu erſetzen, deſſen ſie in der Folge benoͤthigt ſein mußten, und das ſie doch nicht rathſam fanden, zu ihren beiden
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0098"n="84"/>
geſprochen hatte, ging auf die Eroͤffnungen Bollmanns<lb/>
lebhaft ein, und meinte, wenn er fuͤr Lafayette ſein<lb/>
Leben wage, ſo zahle er damit nur eine Schuld ſeines<lb/>
Vaterlandes, deſſen Freiheit jener habe erkaͤmpfen helfen.<lb/>
Die Kuͤrze der Zeit, innerhalb welcher die Sache voll¬<lb/>
fuͤhrt werden mußte, wenn ſie noch vor dem Winter<lb/>ſtatt haben ſollte, erlaubte nicht, alle Maßregeln ſo<lb/>
genau und umſtaͤndlich anzuordnen, wie es zur Sicherung<lb/>
des Erfolges noͤthig geweſen waͤre. Allein der Ausgang<lb/>
konnte durch vervielfaͤltigte Anſtalten und groͤßere Zahl<lb/>
der Theilnehmer einerſeits zwar ſicherer gemacht, andrer¬<lb/>ſeits aber auch gefaͤhrdet werden; nach reifer Ueberle¬<lb/>
gung beſchloſſen die beiden Freunde, nur zu Zweien<lb/>
das Wagniß zu beſtehen, und ihren Plan in groͤßter<lb/>
Einfachheit zu halten. Sie betrieben ihre Abreiſe ganz<lb/>
offen, ließen ihre Paͤſſe nach Maͤhren und Schleſien<lb/>ſtellen, und verließen Wien gegen Ende des Oktobers.<lb/>
Sie fuͤhrten ihren Wagen bei ſich, außerdem aber auch<lb/>
zwei Reitpferde nebſt einem Reitknecht; der letztere war<lb/>
gewoͤhnt worden, bald mit dem Wagen, bald mit den<lb/>
beiden Pferden vorauf zu gehen, je nachdem die Rei¬<lb/>ſenden es vorzogen, gemaͤchlich der Straße zu folgen,<lb/>
oder zu Pferd und nach Umſtaͤnden zu Fuß querfeldein<lb/>
auf Merkwuͤrdigkeiten und Schoͤnheiten der Gegend aus¬<lb/>
zugehen. Um den Mangel eines dritten Pferdes zu<lb/>
erſetzen, deſſen ſie in der Folge benoͤthigt ſein mußten,<lb/>
und das ſie doch nicht rathſam fanden, zu ihren beiden<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[84/0098]
geſprochen hatte, ging auf die Eroͤffnungen Bollmanns
lebhaft ein, und meinte, wenn er fuͤr Lafayette ſein
Leben wage, ſo zahle er damit nur eine Schuld ſeines
Vaterlandes, deſſen Freiheit jener habe erkaͤmpfen helfen.
Die Kuͤrze der Zeit, innerhalb welcher die Sache voll¬
fuͤhrt werden mußte, wenn ſie noch vor dem Winter
ſtatt haben ſollte, erlaubte nicht, alle Maßregeln ſo
genau und umſtaͤndlich anzuordnen, wie es zur Sicherung
des Erfolges noͤthig geweſen waͤre. Allein der Ausgang
konnte durch vervielfaͤltigte Anſtalten und groͤßere Zahl
der Theilnehmer einerſeits zwar ſicherer gemacht, andrer¬
ſeits aber auch gefaͤhrdet werden; nach reifer Ueberle¬
gung beſchloſſen die beiden Freunde, nur zu Zweien
das Wagniß zu beſtehen, und ihren Plan in groͤßter
Einfachheit zu halten. Sie betrieben ihre Abreiſe ganz
offen, ließen ihre Paͤſſe nach Maͤhren und Schleſien
ſtellen, und verließen Wien gegen Ende des Oktobers.
Sie fuͤhrten ihren Wagen bei ſich, außerdem aber auch
zwei Reitpferde nebſt einem Reitknecht; der letztere war
gewoͤhnt worden, bald mit dem Wagen, bald mit den
beiden Pferden vorauf zu gehen, je nachdem die Rei¬
ſenden es vorzogen, gemaͤchlich der Straße zu folgen,
oder zu Pferd und nach Umſtaͤnden zu Fuß querfeldein
auf Merkwuͤrdigkeiten und Schoͤnheiten der Gegend aus¬
zugehen. Um den Mangel eines dritten Pferdes zu
erſetzen, deſſen ſie in der Folge benoͤthigt ſein mußten,
und das ſie doch nicht rathſam fanden, zu ihren beiden
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/98>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.