mit Bekker um so fester begründet wurde. Ein Schle¬ sier, von Przystanowski, ungeachtet seines polnischen Namens ganz deutsch, bildete seine guten Anlagen für philosophische Naturwissenschaft im Stillen beharrlich aus. Zwei Brüder Rust aus Dessau, beide der Musik wohl¬ kundig, zeigten den besten Willen. Andre drängten sich lebhaft heran, Manche mit mehr Eifer als Berechtigung, wie es schien, und daher ohne sonderlichen Erfolg und Dank. Noch Andre machten ihren Namen und Em¬ pfehlungen einen Augenblick geltend, ohne doch sonder¬ lich beachtet zu werden. Ein Doctor Klinger aus Wien und der Prediger Blanc, welcher von Berlin nach Halle gesetzt worden war, fehlten bei Schleiermacher selten; auch sah ich daselbst vor ihrem Abgange von der Uni¬ versität noch mehrmals die Philologen Karl Thiel und Johannes Schulze, von welchen der letztere in Littera¬ tur und Staatsverwaltung durch seine wissenschaftliche Wirksamkeit und seinen für das gesammte Unterrichts¬ wesen in Preußen gedeihlichen Eifer die ehrenvollste Be¬ rühmtheit erlangt hat. Ich suchte ferner einen jüngern Bruder von Theremin auf, lernte Neanders neue Freunde Strauß und Budde kennen, und erinnerte mich auch dem damals sehr jungen Börne aus Frankfurt am Main, der unter Reils Aufsicht und Obhut studirte, öfters be¬ gegnet zu sein.
Umgang und Freundschaft solcher Art auf der Universität zerstreuen nicht, sie beleben und kräftigen
mit Bekker um ſo feſter begruͤndet wurde. Ein Schle¬ ſier, von Przyſtanowski, ungeachtet ſeines polniſchen Namens ganz deutſch, bildete ſeine guten Anlagen fuͤr philoſophiſche Naturwiſſenſchaft im Stillen beharrlich aus. Zwei Bruͤder Ruſt aus Deſſau, beide der Muſik wohl¬ kundig, zeigten den beſten Willen. Andre draͤngten ſich lebhaft heran, Manche mit mehr Eifer als Berechtigung, wie es ſchien, und daher ohne ſonderlichen Erfolg und Dank. Noch Andre machten ihren Namen und Em¬ pfehlungen einen Augenblick geltend, ohne doch ſonder¬ lich beachtet zu werden. Ein Doctor Klinger aus Wien und der Prediger Blanc, welcher von Berlin nach Halle geſetzt worden war, fehlten bei Schleiermacher ſelten; auch ſah ich daſelbſt vor ihrem Abgange von der Uni¬ verſitaͤt noch mehrmals die Philologen Karl Thiel und Johannes Schulze, von welchen der letztere in Littera¬ tur und Staatsverwaltung durch ſeine wiſſenſchaftliche Wirkſamkeit und ſeinen fuͤr das geſammte Unterrichts¬ weſen in Preußen gedeihlichen Eifer die ehrenvollſte Be¬ ruͤhmtheit erlangt hat. Ich ſuchte ferner einen juͤngern Bruder von Theremin auf, lernte Neanders neue Freunde Strauß und Budde kennen, und erinnerte mich auch dem damals ſehr jungen Boͤrne aus Frankfurt am Main, der unter Reils Aufſicht und Obhut ſtudirte, oͤfters be¬ gegnet zu ſein.
Umgang und Freundſchaft ſolcher Art auf der Univerſitaͤt zerſtreuen nicht, ſie beleben und kraͤftigen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0115"n="101"/>
mit Bekker um ſo feſter begruͤndet wurde. Ein Schle¬<lb/>ſier, von Przyſtanowski, ungeachtet ſeines polniſchen<lb/>
Namens ganz deutſch, bildete ſeine guten Anlagen fuͤr<lb/>
philoſophiſche Naturwiſſenſchaft im Stillen beharrlich aus.<lb/>
Zwei Bruͤder Ruſt aus Deſſau, beide der Muſik wohl¬<lb/>
kundig, zeigten den beſten Willen. Andre draͤngten ſich<lb/>
lebhaft heran, Manche mit mehr Eifer als Berechtigung,<lb/>
wie es ſchien, und daher ohne ſonderlichen Erfolg und<lb/>
Dank. Noch Andre machten ihren Namen und Em¬<lb/>
pfehlungen einen Augenblick geltend, ohne doch ſonder¬<lb/>
lich beachtet zu werden. Ein Doctor Klinger aus Wien<lb/>
und der Prediger Blanc, welcher von Berlin nach Halle<lb/>
geſetzt worden war, fehlten bei Schleiermacher ſelten;<lb/>
auch ſah ich daſelbſt vor ihrem Abgange von der Uni¬<lb/>
verſitaͤt noch mehrmals die Philologen Karl Thiel und<lb/>
Johannes Schulze, von welchen der letztere in Littera¬<lb/>
tur und Staatsverwaltung durch ſeine wiſſenſchaftliche<lb/>
Wirkſamkeit und ſeinen fuͤr das geſammte Unterrichts¬<lb/>
weſen in Preußen gedeihlichen Eifer die ehrenvollſte Be¬<lb/>
ruͤhmtheit erlangt hat. Ich ſuchte ferner einen juͤngern<lb/>
Bruder von Theremin auf, lernte Neanders neue Freunde<lb/>
Strauß und Budde kennen, und erinnerte mich auch<lb/>
dem damals ſehr jungen Boͤrne aus Frankfurt am Main,<lb/>
der unter Reils Aufſicht und Obhut ſtudirte, oͤfters be¬<lb/>
gegnet zu ſein.</p><lb/><p>Umgang und Freundſchaft ſolcher Art auf der<lb/>
Univerſitaͤt zerſtreuen nicht, ſie beleben und kraͤftigen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[101/0115]
mit Bekker um ſo feſter begruͤndet wurde. Ein Schle¬
ſier, von Przyſtanowski, ungeachtet ſeines polniſchen
Namens ganz deutſch, bildete ſeine guten Anlagen fuͤr
philoſophiſche Naturwiſſenſchaft im Stillen beharrlich aus.
Zwei Bruͤder Ruſt aus Deſſau, beide der Muſik wohl¬
kundig, zeigten den beſten Willen. Andre draͤngten ſich
lebhaft heran, Manche mit mehr Eifer als Berechtigung,
wie es ſchien, und daher ohne ſonderlichen Erfolg und
Dank. Noch Andre machten ihren Namen und Em¬
pfehlungen einen Augenblick geltend, ohne doch ſonder¬
lich beachtet zu werden. Ein Doctor Klinger aus Wien
und der Prediger Blanc, welcher von Berlin nach Halle
geſetzt worden war, fehlten bei Schleiermacher ſelten;
auch ſah ich daſelbſt vor ihrem Abgange von der Uni¬
verſitaͤt noch mehrmals die Philologen Karl Thiel und
Johannes Schulze, von welchen der letztere in Littera¬
tur und Staatsverwaltung durch ſeine wiſſenſchaftliche
Wirkſamkeit und ſeinen fuͤr das geſammte Unterrichts¬
weſen in Preußen gedeihlichen Eifer die ehrenvollſte Be¬
ruͤhmtheit erlangt hat. Ich ſuchte ferner einen juͤngern
Bruder von Theremin auf, lernte Neanders neue Freunde
Strauß und Budde kennen, und erinnerte mich auch
dem damals ſehr jungen Boͤrne aus Frankfurt am Main,
der unter Reils Aufſicht und Obhut ſtudirte, oͤfters be¬
gegnet zu ſein.
Umgang und Freundſchaft ſolcher Art auf der
Univerſitaͤt zerſtreuen nicht, ſie beleben und kraͤftigen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/115>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.