ich keine Verbindung hatte, und zugleich war kein Augenblick zu verlieren, denn bis zum nächsten Sonn¬ tage war nur noch ein Tag übrig. In dieser Noth wandte ich mich zunächst, um nur Namen und Woh¬ nung der Senioren der Landsmannschaften zu erfahren, an die Frau Gevatterin, eine unter diesem Namen weit und lange berühmte Obsthändlerin, die ihre Bude auf dem Markte hatte, und schon ganz herkömmlich, gleich den Halloren, das Vertrauen der Studenten besaß. Diese gute Frau gab mir willig die erwünschte Auskunft, und dazu einen Knaben, der mich, da es schon dunkel geworden, die Wege führte. Als ein ganz Fremder mich den Senioren vorzustellen, sie nur zu dem Ge¬ ständniß zu bewegen, daß sie diese seien, und dann ihre Unterstützung für eine so ungewöhnliche, dazu von einem Nichtbruder betriebene Sache zu gewinnen, dies alles durfte wahrlich für keine Kleinigkeit gelten! Ich weiß selbst nicht mehr, was ich für glückliche Formen fand, und mit welch eindringlicher Beredsamkeit ich den Gegen¬ stand, von dem ich freilich selber glühend ergriffen war, ihnen als eine Sache studentischer Ehre und Begeiste¬ rung vortrug, genug es gelang mir mit dem Ersten, den ich ansprach, und nach so gutem Anfang, auf den ich mich berufen konnte, mit Allen; sie erwiederten mein Benehmen mit freundlichem Sinn, fanden sich geschmei¬ chelt, daß sie, wie bisher in gemeinen persönlichen Hän¬ deln, nun auch in höhern geistigen Dingen sollten an¬
ich keine Verbindung hatte, und zugleich war kein Augenblick zu verlieren, denn bis zum naͤchſten Sonn¬ tage war nur noch ein Tag uͤbrig. In dieſer Noth wandte ich mich zunaͤchſt, um nur Namen und Woh¬ nung der Senioren der Landsmannſchaften zu erfahren, an die Frau Gevatterin, eine unter dieſem Namen weit und lange beruͤhmte Obſthaͤndlerin, die ihre Bude auf dem Markte hatte, und ſchon ganz herkoͤmmlich, gleich den Halloren, das Vertrauen der Studenten beſaß. Dieſe gute Frau gab mir willig die erwuͤnſchte Auskunft, und dazu einen Knaben, der mich, da es ſchon dunkel geworden, die Wege fuͤhrte. Als ein ganz Fremder mich den Senioren vorzuſtellen, ſie nur zu dem Ge¬ ſtaͤndniß zu bewegen, daß ſie dieſe ſeien, und dann ihre Unterſtuͤtzung fuͤr eine ſo ungewoͤhnliche, dazu von einem Nichtbruder betriebene Sache zu gewinnen, dies alles durfte wahrlich fuͤr keine Kleinigkeit gelten! Ich weiß ſelbſt nicht mehr, was ich fuͤr gluͤckliche Formen fand, und mit welch eindringlicher Beredſamkeit ich den Gegen¬ ſtand, von dem ich freilich ſelber gluͤhend ergriffen war, ihnen als eine Sache ſtudentiſcher Ehre und Begeiſte¬ rung vortrug, genug es gelang mir mit dem Erſten, den ich anſprach, und nach ſo gutem Anfang, auf den ich mich berufen konnte, mit Allen; ſie erwiederten mein Benehmen mit freundlichem Sinn, fanden ſich geſchmei¬ chelt, daß ſie, wie bisher in gemeinen perſoͤnlichen Haͤn¬ deln, nun auch in hoͤhern geiſtigen Dingen ſollten an¬
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ich keine Verbindung hatte, und zugleich war kein
Augenblick zu verlieren, denn bis zum naͤchſten Sonn¬
tage war nur noch ein Tag uͤbrig. In dieſer Noth
wandte ich mich zunaͤchſt, um nur Namen und Woh¬
nung der Senioren der Landsmannſchaften zu erfahren,
an die Frau Gevatterin, eine unter dieſem Namen weit
und lange beruͤhmte Obſthaͤndlerin, die ihre Bude auf
dem Markte hatte, und ſchon ganz herkoͤmmlich, gleich
den Halloren, das Vertrauen der Studenten beſaß.
Dieſe gute Frau gab mir willig die erwuͤnſchte Auskunft,
und dazu einen Knaben, der mich, da es ſchon dunkel
geworden, die Wege fuͤhrte. Als ein ganz Fremder
mich den Senioren vorzuſtellen, ſie nur zu dem Ge¬
ſtaͤndniß zu bewegen, daß ſie dieſe ſeien, und dann ihre
Unterſtuͤtzung fuͤr eine ſo ungewoͤhnliche, dazu von einem
Nichtbruder betriebene Sache zu gewinnen, dies alles
durfte wahrlich fuͤr keine Kleinigkeit gelten! Ich weiß
ſelbſt nicht mehr, was ich fuͤr gluͤckliche Formen fand,
und mit welch eindringlicher Beredſamkeit ich den Gegen¬
ſtand, von dem ich freilich ſelber gluͤhend ergriffen war,
ihnen als eine Sache ſtudentiſcher Ehre und Begeiſte¬
rung vortrug, genug es gelang mir mit dem Erſten,
den ich anſprach, und nach ſo gutem Anfang, auf den
ich mich berufen konnte, mit Allen; ſie erwiederten mein
Benehmen mit freundlichem Sinn, fanden ſich geſchmei¬
chelt, daß ſie, wie bisher in gemeinen perſoͤnlichen Haͤn¬
deln, nun auch in hoͤhern geiſtigen Dingen ſollten an¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/138>, abgerufen am 24.11.2024.
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