macher entbehrte man den wohlthätigen Einfluß der frischen Naturfülle auf diese sanften, weiten, aber zu¬ weilen auch in's Kleine zusammengeengten und schwach¬ haltigen ethischen Gebilde.
Von andern hallischen Einwohnern sah ich wenige, und diese nicht oft, nur Schmalz, Hoffbauer, und ein paar Andre, denen ich von Berlin her etwan Bestellun¬ gen zu machen hatte. Ich mußte natürlich von der Hauptstadt viel erzählen, und man hörte mich genugsam ab. Dies geschah ganz besonders auch in der Gesell¬ schaft auf dem Jägerberge, wohin Schmalz mich in eine Art von Klub führte, der politische und freimaurerische Elemente verband. Hier führte der als Kriegsgefangene auf sein Ehrenwort entlassene General von Hinrichs das Wort, derselbe, welcher späterhin den unfruchtbaren Spaß machte, den von den Franzosen in Sanssouci weggenommenen Degen Friedrichs des Großen für einen unächten, schon vorher vertauschten, auszugeben, und den ächten als gerettet und in guter Hand befindlich anzudeuten.
Einen Patrioten eigner Art lernte ich in dem Kano¬ nikus August Lafontaine kennen, an den ich einen Brief seines Freundes, des Buchhändlers Sander, abzugeben hatte. Dieser einstmalige Liebling der deutschen Frauen und Mädchen hatte im behaglichen Genusse des Ertrages seiner Feder, und der Pfründe, die ihm der König und die Königin von Preußen als dankbare Leser seiner be¬
macher entbehrte man den wohlthaͤtigen Einfluß der friſchen Naturfuͤlle auf dieſe ſanften, weiten, aber zu¬ weilen auch in’s Kleine zuſammengeengten und ſchwach¬ haltigen ethiſchen Gebilde.
Von andern halliſchen Einwohnern ſah ich wenige, und dieſe nicht oft, nur Schmalz, Hoffbauer, und ein paar Andre, denen ich von Berlin her etwan Beſtellun¬ gen zu machen hatte. Ich mußte natuͤrlich von der Hauptſtadt viel erzaͤhlen, und man hoͤrte mich genugſam ab. Dies geſchah ganz beſonders auch in der Geſell¬ ſchaft auf dem Jaͤgerberge, wohin Schmalz mich in eine Art von Klub fuͤhrte, der politiſche und freimaureriſche Elemente verband. Hier fuͤhrte der als Kriegsgefangene auf ſein Ehrenwort entlaſſene General von Hinrichs das Wort, derſelbe, welcher ſpaͤterhin den unfruchtbaren Spaß machte, den von den Franzoſen in Sansſouci weggenommenen Degen Friedrichs des Großen fuͤr einen unaͤchten, ſchon vorher vertauſchten, auszugeben, und den aͤchten als gerettet und in guter Hand befindlich anzudeuten.
Einen Patrioten eigner Art lernte ich in dem Kano¬ nikus Auguſt Lafontaine kennen, an den ich einen Brief ſeines Freundes, des Buchhaͤndlers Sander, abzugeben hatte. Dieſer einſtmalige Liebling der deutſchen Frauen und Maͤdchen hatte im behaglichen Genuſſe des Ertrages ſeiner Feder, und der Pfruͤnde, die ihm der Koͤnig und die Koͤnigin von Preußen als dankbare Leſer ſeiner be¬
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macher entbehrte man den wohlthaͤtigen Einfluß der
friſchen Naturfuͤlle auf dieſe ſanften, weiten, aber zu¬
weilen auch in’s Kleine zuſammengeengten und ſchwach¬
haltigen ethiſchen Gebilde.
Von andern halliſchen Einwohnern ſah ich wenige,
und dieſe nicht oft, nur Schmalz, Hoffbauer, und ein
paar Andre, denen ich von Berlin her etwan Beſtellun¬
gen zu machen hatte. Ich mußte natuͤrlich von der
Hauptſtadt viel erzaͤhlen, und man hoͤrte mich genugſam
ab. Dies geſchah ganz beſonders auch in der Geſell¬
ſchaft auf dem Jaͤgerberge, wohin Schmalz mich in eine
Art von Klub fuͤhrte, der politiſche und freimaureriſche
Elemente verband. Hier fuͤhrte der als Kriegsgefangene
auf ſein Ehrenwort entlaſſene General von Hinrichs
das Wort, derſelbe, welcher ſpaͤterhin den unfruchtbaren
Spaß machte, den von den Franzoſen in Sansſouci
weggenommenen Degen Friedrichs des Großen fuͤr einen
unaͤchten, ſchon vorher vertauſchten, auszugeben, und
den aͤchten als gerettet und in guter Hand befindlich
anzudeuten.
Einen Patrioten eigner Art lernte ich in dem Kano¬
nikus Auguſt Lafontaine kennen, an den ich einen Brief
ſeines Freundes, des Buchhaͤndlers Sander, abzugeben
hatte. Dieſer einſtmalige Liebling der deutſchen Frauen
und Maͤdchen hatte im behaglichen Genuſſe des Ertrages
ſeiner Feder, und der Pfruͤnde, die ihm der Koͤnig und
die Koͤnigin von Preußen als dankbare Leſer ſeiner be¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/146>, abgerufen am 21.11.2024.
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