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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837.

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mit der nie genug zu wiederholenden Betrachtung der
Knochen, rechtschaffen ab; auch las ich medizinische
Bücher mit fleißigem Bedacht. Aber wie streng ich
auch wollte, die Sache ging schlecht von Statten, sie
fand in der Unmittelbarkeit der Gegenwart keinen fort¬
wirkenden Trieb, keine Genossenschaft, und kaum die
nöthige Gelegenheit, denn auch der Bedarf an Büchern
und andern Hülfsmitteln war nicht immer leicht herbei¬
geschafft. Die Studien allgemeiner Bildung dabei zu
verabsäumen, hätte mir überdies ein Hochverrath geschie¬
nen, ich pflegte ihrer also nebenher, und schnell waren
und blieben sie im Vortheil. Ich arbeitete mit größtem
Fleiße den Homer durch, besonders zu wiederholten
Malen die Ilias, wobei ich wiederum Wolfs Hefte und
den Eustathios zu Hülfe nahm, suchte in den Platon
einzudringen, in den griechischen theils, theils in den
durch Schleiermacher verdeutschten, las mit Neumann
zusammen und deshalb mit erhöhtem Vergnügen den
Xenophon, und war auch mit andern griechischen und
lateinischen Autoren noch mannigfach beschäftigt. Das
Anregendste und Ergiebigste aber waren unsre gemein¬
schaftlichen Unterhaltungen, wo Harscher, unter stets
erneutem Zweifel und Gegenstreit, mit eigenthümlicher
und unerschöpflicher Dialektik uns alle Heer- und Schleich¬
wege der philosophischen Forschung durchmachen ließ,
und wir die Lehren von Schleiermacher und Steffens,
daneben Platons und Plotin's aus entsprechendem Stand¬

mit der nie genug zu wiederholenden Betrachtung der
Knochen, rechtſchaffen ab; auch las ich mediziniſche
Buͤcher mit fleißigem Bedacht. Aber wie ſtreng ich
auch wollte, die Sache ging ſchlecht von Statten, ſie
fand in der Unmittelbarkeit der Gegenwart keinen fort¬
wirkenden Trieb, keine Genoſſenſchaft, und kaum die
noͤthige Gelegenheit, denn auch der Bedarf an Buͤchern
und andern Huͤlfsmitteln war nicht immer leicht herbei¬
geſchafft. Die Studien allgemeiner Bildung dabei zu
verabſaͤumen, haͤtte mir uͤberdies ein Hochverrath geſchie¬
nen, ich pflegte ihrer alſo nebenher, und ſchnell waren
und blieben ſie im Vortheil. Ich arbeitete mit groͤßtem
Fleiße den Homer durch, beſonders zu wiederholten
Malen die Ilias, wobei ich wiederum Wolfs Hefte und
den Euſtathios zu Huͤlfe nahm, ſuchte in den Platon
einzudringen, in den griechiſchen theils, theils in den
durch Schleiermacher verdeutſchten, las mit Neumann
zuſammen und deshalb mit erhoͤhtem Vergnuͤgen den
Xenophon, und war auch mit andern griechiſchen und
lateiniſchen Autoren noch mannigfach beſchaͤftigt. Das
Anregendſte und Ergiebigſte aber waren unſre gemein¬
ſchaftlichen Unterhaltungen, wo Harſcher, unter ſtets
erneutem Zweifel und Gegenſtreit, mit eigenthuͤmlicher
und unerſchoͤpflicher Dialektik uns alle Heer- und Schleich¬
wege der philoſophiſchen Forſchung durchmachen ließ,
und wir die Lehren von Schleiermacher und Steffens,
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[136/0150] mit der nie genug zu wiederholenden Betrachtung der Knochen, rechtſchaffen ab; auch las ich mediziniſche Buͤcher mit fleißigem Bedacht. Aber wie ſtreng ich auch wollte, die Sache ging ſchlecht von Statten, ſie fand in der Unmittelbarkeit der Gegenwart keinen fort¬ wirkenden Trieb, keine Genoſſenſchaft, und kaum die noͤthige Gelegenheit, denn auch der Bedarf an Buͤchern und andern Huͤlfsmitteln war nicht immer leicht herbei¬ geſchafft. Die Studien allgemeiner Bildung dabei zu verabſaͤumen, haͤtte mir uͤberdies ein Hochverrath geſchie¬ nen, ich pflegte ihrer alſo nebenher, und ſchnell waren und blieben ſie im Vortheil. Ich arbeitete mit groͤßtem Fleiße den Homer durch, beſonders zu wiederholten Malen die Ilias, wobei ich wiederum Wolfs Hefte und den Euſtathios zu Huͤlfe nahm, ſuchte in den Platon einzudringen, in den griechiſchen theils, theils in den durch Schleiermacher verdeutſchten, las mit Neumann zuſammen und deshalb mit erhoͤhtem Vergnuͤgen den Xenophon, und war auch mit andern griechiſchen und lateiniſchen Autoren noch mannigfach beſchaͤftigt. Das Anregendſte und Ergiebigſte aber waren unſre gemein¬ ſchaftlichen Unterhaltungen, wo Harſcher, unter ſtets erneutem Zweifel und Gegenſtreit, mit eigenthuͤmlicher und unerſchoͤpflicher Dialektik uns alle Heer- und Schleich¬ wege der philoſophiſchen Forſchung durchmachen ließ, und wir die Lehren von Schleiermacher und Steffens, daneben Platons und Plotin's aus entſprechendem Stand¬

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/150>, abgerufen am 21.11.2024.