Wolf war uns in dieser Zeit weniger zugänglich, ausgenommen Bekker'n, der seine Neigung, wie sein Heil ganz auf ihn gestellt hatte, und ihn fast jeden Tag sah. Wahrhaft vornehm in Studien und Leben hielt Wolf sich mit Ernst und Witz den Zeitumständen stets überlegen. Wir wußten ihn thätig und munter, vernahmen manches schlagende Wort von ihm, genossen unablässig mittel- und unmittelbar der Früchte seines Geistes und Wissens, und waren sehr mißvergnügt, als plötzlich dieser Mann in den Lärm eines niedrigen Ge¬ klatsches gezogen wurde, und gegen gemeine Gegner öffentlich in die Schranken treten mußte. Die zahlrei¬ chen Unbedeutenheiten, die sich, durch trockne, geistlose, doch unläugbar auch so noch ihres Orts nützliche Fort¬ pflanzung des gemein Erlernten, zu dem Professorstand aufgeschwungen haben, in welchem sie sich äußerlich auf gleicher Stufe mit dem schöpferischen und tiefdenkenden Genie sehen, sind auf unsern Universitäten von jeher gegen die einzelnen Bedeutenheiten verschworen, durch die sie verdunkelt werden. Dies war in Halle, bei großer Achtung und Furcht, auch die herrschende Rich¬ tung gegen Wolf, der in seiner Größe und Rüstung einem Reil, Steffens, Schleiermacher, Nösselt, und ihres Gleichen zwar eine Freude, vielen Andern aber stets ein heimlicher, nie zu verwindender Aerger war. Nun hatte sich auch in letzterm Kreise, wie in jedem, die Einnahme und Plünderung von Halle mit allen
Wolf war uns in dieſer Zeit weniger zugaͤnglich, ausgenommen Bekker'n, der ſeine Neigung, wie ſein Heil ganz auf ihn geſtellt hatte, und ihn faſt jeden Tag ſah. Wahrhaft vornehm in Studien und Leben hielt Wolf ſich mit Ernſt und Witz den Zeitumſtaͤnden ſtets uͤberlegen. Wir wußten ihn thaͤtig und munter, vernahmen manches ſchlagende Wort von ihm, genoſſen unablaͤſſig mittel- und unmittelbar der Fruͤchte ſeines Geiſtes und Wiſſens, und waren ſehr mißvergnuͤgt, als ploͤtzlich dieſer Mann in den Laͤrm eines niedrigen Ge¬ klatſches gezogen wurde, und gegen gemeine Gegner oͤffentlich in die Schranken treten mußte. Die zahlrei¬ chen Unbedeutenheiten, die ſich, durch trockne, geiſtloſe, doch unlaͤugbar auch ſo noch ihres Orts nuͤtzliche Fort¬ pflanzung des gemein Erlernten, zu dem Profeſſorſtand aufgeſchwungen haben, in welchem ſie ſich aͤußerlich auf gleicher Stufe mit dem ſchoͤpferiſchen und tiefdenkenden Genie ſehen, ſind auf unſern Univerſitaͤten von jeher gegen die einzelnen Bedeutenheiten verſchworen, durch die ſie verdunkelt werden. Dies war in Halle, bei großer Achtung und Furcht, auch die herrſchende Rich¬ tung gegen Wolf, der in ſeiner Groͤße und Ruͤſtung einem Reil, Steffens, Schleiermacher, Noͤſſelt, und ihres Gleichen zwar eine Freude, vielen Andern aber ſtets ein heimlicher, nie zu verwindender Aerger war. Nun hatte ſich auch in letzterm Kreiſe, wie in jedem, die Einnahme und Pluͤnderung von Halle mit allen
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Wolf war uns in dieſer Zeit weniger zugaͤnglich,
ausgenommen Bekker'n, der ſeine Neigung, wie ſein
Heil ganz auf ihn geſtellt hatte, und ihn faſt jeden
Tag ſah. Wahrhaft vornehm in Studien und Leben
hielt Wolf ſich mit Ernſt und Witz den Zeitumſtaͤnden
ſtets uͤberlegen. Wir wußten ihn thaͤtig und munter,
vernahmen manches ſchlagende Wort von ihm, genoſſen
unablaͤſſig mittel- und unmittelbar der Fruͤchte ſeines
Geiſtes und Wiſſens, und waren ſehr mißvergnuͤgt, als
ploͤtzlich dieſer Mann in den Laͤrm eines niedrigen Ge¬
klatſches gezogen wurde, und gegen gemeine Gegner
oͤffentlich in die Schranken treten mußte. Die zahlrei¬
chen Unbedeutenheiten, die ſich, durch trockne, geiſtloſe,
doch unlaͤugbar auch ſo noch ihres Orts nuͤtzliche Fort¬
pflanzung des gemein Erlernten, zu dem Profeſſorſtand
aufgeſchwungen haben, in welchem ſie ſich aͤußerlich auf
gleicher Stufe mit dem ſchoͤpferiſchen und tiefdenkenden
Genie ſehen, ſind auf unſern Univerſitaͤten von jeher
gegen die einzelnen Bedeutenheiten verſchworen, durch
die ſie verdunkelt werden. Dies war in Halle, bei
großer Achtung und Furcht, auch die herrſchende Rich¬
tung gegen Wolf, der in ſeiner Groͤße und Ruͤſtung
einem Reil, Steffens, Schleiermacher, Noͤſſelt, und
ihres Gleichen zwar eine Freude, vielen Andern aber
ſtets ein heimlicher, nie zu verwindender Aerger war.
Nun hatte ſich auch in letzterm Kreiſe, wie in jedem,
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/153>, abgerufen am 24.11.2024.
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