ihren Auftritten und Bedrängnissen gehörig durchge¬ klatscht; manches beschämende Geschichtchen eigner Ver¬ wirrung und Schwäche hatte man durch Aufspüren und Heranziehen fremder Begegnisse wenigstens auszuglei¬ chen, wo nicht zu überbieten gesucht. Wolfs beißender Witz war seinen Kollegen oft genug empfindlich gewor¬ den, mit höchster Schadenfreude daher vernahm und förderte man das Gerede, auch Wolf, der große Wolf, habe zur Zeit des Gefechts im Keller gesessen, und nach¬ her, als er ein Exemplar seines Prachthomer zur be¬ gütigenden Ehrengabe dem Marschall Bernadotte habe darbringen wollen, sei ihm die Zueignung an den König bedenklich geworden, die er daher, durch den das Buch tragenden Bibliothekdiener noch auf der Straße habe herausschneiden lassen, der sie auch später, da die Ueber¬ reichung durch Zufälligkeit unterblieben war, wieder habe hineinkleben müssen. Die erste Angabe warf einige Lächerlichkeit auf Wolf, die zweite aber war durchaus gehässig, seiner Ehre wie seinen künftigen Verhältnissen zum höchsten Schaden gestellt. Manche Leute glaubten dergleichen überhaupt gern, andre, die ein so thörichtes und schlechtes Benehmen nur mit dem Verstande Wolfs nicht zu reimen fanden, wollten doch seinen Karakter weniger als Hinderniß dabei angesehen haben.
Kaum indeß vernahm Wolf die schmähliche Nachrede, als er sich mannhaft hinstellte, und in dem hallischen Wochenblatt eine ausfordernde Zurechtweisung ergehen
ihren Auftritten und Bedraͤngniſſen gehoͤrig durchge¬ klatſcht; manches beſchaͤmende Geſchichtchen eigner Ver¬ wirrung und Schwaͤche hatte man durch Aufſpuͤren und Heranziehen fremder Begegniſſe wenigſtens auszuglei¬ chen, wo nicht zu uͤberbieten geſucht. Wolfs beißender Witz war ſeinen Kollegen oft genug empfindlich gewor¬ den, mit hoͤchſter Schadenfreude daher vernahm und foͤrderte man das Gerede, auch Wolf, der große Wolf, habe zur Zeit des Gefechts im Keller geſeſſen, und nach¬ her, als er ein Exemplar ſeines Prachthomer zur be¬ guͤtigenden Ehrengabe dem Marſchall Bernadotte habe darbringen wollen, ſei ihm die Zueignung an den Koͤnig bedenklich geworden, die er daher, durch den das Buch tragenden Bibliothekdiener noch auf der Straße habe herausſchneiden laſſen, der ſie auch ſpaͤter, da die Ueber¬ reichung durch Zufaͤlligkeit unterblieben war, wieder habe hineinkleben muͤſſen. Die erſte Angabe warf einige Laͤcherlichkeit auf Wolf, die zweite aber war durchaus gehaͤſſig, ſeiner Ehre wie ſeinen kuͤnftigen Verhaͤltniſſen zum hoͤchſten Schaden geſtellt. Manche Leute glaubten dergleichen uͤberhaupt gern, andre, die ein ſo thoͤrichtes und ſchlechtes Benehmen nur mit dem Verſtande Wolfs nicht zu reimen fanden, wollten doch ſeinen Karakter weniger als Hinderniß dabei angeſehen haben.
Kaum indeß vernahm Wolf die ſchmaͤhliche Nachrede, als er ſich mannhaft hinſtellte, und in dem halliſchen Wochenblatt eine ausfordernde Zurechtweiſung ergehen
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ihren Auftritten und Bedraͤngniſſen gehoͤrig durchge¬
klatſcht; manches beſchaͤmende Geſchichtchen eigner Ver¬
wirrung und Schwaͤche hatte man durch Aufſpuͤren und
Heranziehen fremder Begegniſſe wenigſtens auszuglei¬
chen, wo nicht zu uͤberbieten geſucht. Wolfs beißender
Witz war ſeinen Kollegen oft genug empfindlich gewor¬
den, mit hoͤchſter Schadenfreude daher vernahm und
foͤrderte man das Gerede, auch Wolf, der große Wolf,
habe zur Zeit des Gefechts im Keller geſeſſen, und nach¬
her, als er ein Exemplar ſeines Prachthomer zur be¬
guͤtigenden Ehrengabe dem Marſchall Bernadotte habe
darbringen wollen, ſei ihm die Zueignung an den Koͤnig
bedenklich geworden, die er daher, durch den das Buch
tragenden Bibliothekdiener noch auf der Straße habe
herausſchneiden laſſen, der ſie auch ſpaͤter, da die Ueber¬
reichung durch Zufaͤlligkeit unterblieben war, wieder
habe hineinkleben muͤſſen. Die erſte Angabe warf einige
Laͤcherlichkeit auf Wolf, die zweite aber war durchaus
gehaͤſſig, ſeiner Ehre wie ſeinen kuͤnftigen Verhaͤltniſſen
zum hoͤchſten Schaden geſtellt. Manche Leute glaubten
dergleichen uͤberhaupt gern, andre, die ein ſo thoͤrichtes
und ſchlechtes Benehmen nur mit dem Verſtande Wolfs
nicht zu reimen fanden, wollten doch ſeinen Karakter
weniger als Hinderniß dabei angeſehen haben.
Kaum indeß vernahm Wolf die ſchmaͤhliche Nachrede,
als er ſich mannhaft hinſtellte, und in dem halliſchen
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/154>, abgerufen am 21.11.2024.
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