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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837.

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Manuskript noch lange herumtrugen, in Berlin manchen
Kreis damit ergötzten, sogar Schleiermacher zum Be¬
wundrer hatten, in Nennhausen bei Fouque, in Frieder¬
dorf bei Marwitz die größte Ehre einlegten, und endlich
das Ganze, wozu noch Fouque ein paar Kapitel, Bern¬
hardi eine Episode von Anekdoten beizutragen hatte,
Harscher aber ein Kapitel über Musik, welche besonders
gegen Reichardt gerichtet werden sollte, schuldig blieb,
und ein Beitrag von Chamisso zu spät kam, unserm
Freunde Reiner unter dem Titel: "die Versuche und
Hindernisse Karl's" in Verlag gaben. Der Druck wurde
erst gegen Ende des Jahres 1808 fertig, da im süd¬
lichen Deutschland schon ein neuer Krieg Oesterreichs
gegen Frankreich bevorstand, und im nördlichen allerlei
Unruhen drohten; die Verlagshandlung fand nicht ge¬
rathen, sich auf dem Titel zu nennen, noch ließ sie
das Buch gehörig anzeigen, und so gewann dieses nicht
den Schwung und machte nicht das Glück, wozu sonst,
nach dem Inhalt und den Beziehungen, alle Hoffnung
begründet gewesen wäre. Doch ging die Erscheinung
nicht ohne einiges Aufsehen ab, und wurde in manchen
Kreisen lebhaft besprochen. August Wilhelm Schlegel,
dem ich das Buch nach Genf, wo er bei Frau von
Stael lebte, zugeschickt hatte, glaubte mich den alleini¬
gen Verfasser und der berühmte Kritiker, der früher
schon einmal die Prosa der Frau von Wolzogen für die
von Goethe gehalten hatte, merkte nichts von der Ver¬

Manuſkript noch lange herumtrugen, in Berlin manchen
Kreis damit ergoͤtzten, ſogar Schleiermacher zum Be¬
wundrer hatten, in Nennhauſen bei Fouqué, in Frieder¬
dorf bei Marwitz die groͤßte Ehre einlegten, und endlich
das Ganze, wozu noch Fouqué ein paar Kapitel, Bern¬
hardi eine Epiſode von Anekdoten beizutragen hatte,
Harſcher aber ein Kapitel uͤber Muſik, welche beſonders
gegen Reichardt gerichtet werden ſollte, ſchuldig blieb,
und ein Beitrag von Chamiſſo zu ſpaͤt kam, unſerm
Freunde Reiner unter dem Titel: „die Verſuche und
Hinderniſſe Karl's“ in Verlag gaben. Der Druck wurde
erſt gegen Ende des Jahres 1808 fertig, da im ſuͤd¬
lichen Deutſchland ſchon ein neuer Krieg Oeſterreichs
gegen Frankreich bevorſtand, und im noͤrdlichen allerlei
Unruhen drohten; die Verlagshandlung fand nicht ge¬
rathen, ſich auf dem Titel zu nennen, noch ließ ſie
das Buch gehoͤrig anzeigen, und ſo gewann dieſes nicht
den Schwung und machte nicht das Gluͤck, wozu ſonſt,
nach dem Inhalt und den Beziehungen, alle Hoffnung
begruͤndet geweſen waͤre. Doch ging die Erſcheinung
nicht ohne einiges Aufſehen ab, und wurde in manchen
Kreiſen lebhaft beſprochen. Auguſt Wilhelm Schlegel,
dem ich das Buch nach Genf, wo er bei Frau von
Staël lebte, zugeſchickt hatte, glaubte mich den alleini¬
gen Verfaſſer und der beruͤhmte Kritiker, der fruͤher
ſchon einmal die Proſa der Frau von Wolzogen fuͤr die
von Goethe gehalten hatte, merkte nichts von der Ver¬

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[148/0162] Manuſkript noch lange herumtrugen, in Berlin manchen Kreis damit ergoͤtzten, ſogar Schleiermacher zum Be¬ wundrer hatten, in Nennhauſen bei Fouqué, in Frieder¬ dorf bei Marwitz die groͤßte Ehre einlegten, und endlich das Ganze, wozu noch Fouqué ein paar Kapitel, Bern¬ hardi eine Epiſode von Anekdoten beizutragen hatte, Harſcher aber ein Kapitel uͤber Muſik, welche beſonders gegen Reichardt gerichtet werden ſollte, ſchuldig blieb, und ein Beitrag von Chamiſſo zu ſpaͤt kam, unſerm Freunde Reiner unter dem Titel: „die Verſuche und Hinderniſſe Karl's“ in Verlag gaben. Der Druck wurde erſt gegen Ende des Jahres 1808 fertig, da im ſuͤd¬ lichen Deutſchland ſchon ein neuer Krieg Oeſterreichs gegen Frankreich bevorſtand, und im noͤrdlichen allerlei Unruhen drohten; die Verlagshandlung fand nicht ge¬ rathen, ſich auf dem Titel zu nennen, noch ließ ſie das Buch gehoͤrig anzeigen, und ſo gewann dieſes nicht den Schwung und machte nicht das Gluͤck, wozu ſonſt, nach dem Inhalt und den Beziehungen, alle Hoffnung begruͤndet geweſen waͤre. Doch ging die Erſcheinung nicht ohne einiges Aufſehen ab, und wurde in manchen Kreiſen lebhaft beſprochen. Auguſt Wilhelm Schlegel, dem ich das Buch nach Genf, wo er bei Frau von Staël lebte, zugeſchickt hatte, glaubte mich den alleini¬ gen Verfaſſer und der beruͤhmte Kritiker, der fruͤher ſchon einmal die Proſa der Frau von Wolzogen fuͤr die von Goethe gehalten hatte, merkte nichts von der Ver¬

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/162>, abgerufen am 21.11.2024.