heit getaucht, und die reinste, erquickendste Gegenwart stand herrschend mitteninne zwischen erfüllter Vergangen¬ heit und hoffnungsreicher Zukunft. Eine dauernde Ver¬ einigung mußte uns jedoch damals noch versagt sein. Meine Universitätsjahre waren noch nicht abgelaufen, der Versuch in das bürgerliche Leben einzutreten durfte nicht unterbleiben, und kaum an der Schwelle von diesem sah ich mich durch innere Unruhe und den Drang der Zeiten zu dem mannigfachsten Wechsel der Verhält¬ nisse fortgerissen. Zweimaliger Kriegsdienst, Reisen, Zerstreuung in glänzender Welt, Lockungen des Ehr¬ geizes, Neigungen und Mißverständnisse, zu welchen die langwierige Entfernung Anlaß geben wollte, nichts konnte jemals in meinem Innern das feste Band berühren, das mich mit Rahel verknüpft hielt, die tiefe Ueber¬ zeugung, daß ich mein Lebensglück gefunden wisse, erschüttern, und das unermüdete Hinstreben zu diesem Ziel auch nur einen Augenblick schwächen. Sechs Jahre vergingen auf diese Weise, nur unterbrochen durch kurze Zeiten des Wiedersehens, in welchen die Vorsätze und Hoffnungen sich neu bestärkten. Endlich, nach erfolgtem Umschwunge der allgemeinen Verhältnisse, nach erlangtem Sieg und Frieden des deutschen Vaterlandes, von Paris, wo ich schwer krank gelegen, unter glücklichen Zeichen heimkehrend, konnte ich, aller Hemmungen frei, die geliebte Freundin in Böhmen wiederfinden, den schönsten Sommer mit ihr verleben, und darauf in Berlin, am
II. 12
heit getaucht, und die reinſte, erquickendſte Gegenwart ſtand herrſchend mitteninne zwiſchen erfuͤllter Vergangen¬ heit und hoffnungsreicher Zukunft. Eine dauernde Ver¬ einigung mußte uns jedoch damals noch verſagt ſein. Meine Univerſitaͤtsjahre waren noch nicht abgelaufen, der Verſuch in das buͤrgerliche Leben einzutreten durfte nicht unterbleiben, und kaum an der Schwelle von dieſem ſah ich mich durch innere Unruhe und den Drang der Zeiten zu dem mannigfachſten Wechſel der Verhaͤlt¬ niſſe fortgeriſſen. Zweimaliger Kriegsdienſt, Reiſen, Zerſtreuung in glaͤnzender Welt, Lockungen des Ehr¬ geizes, Neigungen und Mißverſtaͤndniſſe, zu welchen die langwierige Entfernung Anlaß geben wollte, nichts konnte jemals in meinem Innern das feſte Band beruͤhren, das mich mit Rahel verknuͤpft hielt, die tiefe Ueber¬ zeugung, daß ich mein Lebensgluͤck gefunden wiſſe, erſchuͤttern, und das unermuͤdete Hinſtreben zu dieſem Ziel auch nur einen Augenblick ſchwaͤchen. Sechs Jahre vergingen auf dieſe Weiſe, nur unterbrochen durch kurze Zeiten des Wiederſehens, in welchen die Vorſaͤtze und Hoffnungen ſich neu beſtaͤrkten. Endlich, nach erfolgtem Umſchwunge der allgemeinen Verhaͤltniſſe, nach erlangtem Sieg und Frieden des deutſchen Vaterlandes, von Paris, wo ich ſchwer krank gelegen, unter gluͤcklichen Zeichen heimkehrend, konnte ich, aller Hemmungen frei, die geliebte Freundin in Boͤhmen wiederfinden, den ſchoͤnſten Sommer mit ihr verleben, und darauf in Berlin, am
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heit getaucht, und die reinſte, erquickendſte Gegenwart
ſtand herrſchend mitteninne zwiſchen erfuͤllter Vergangen¬
heit und hoffnungsreicher Zukunft. Eine dauernde Ver¬
einigung mußte uns jedoch damals noch verſagt ſein.
Meine Univerſitaͤtsjahre waren noch nicht abgelaufen,
der Verſuch in das buͤrgerliche Leben einzutreten durfte
nicht unterbleiben, und kaum an der Schwelle von
dieſem ſah ich mich durch innere Unruhe und den Drang
der Zeiten zu dem mannigfachſten Wechſel der Verhaͤlt¬
niſſe fortgeriſſen. Zweimaliger Kriegsdienſt, Reiſen,
Zerſtreuung in glaͤnzender Welt, Lockungen des Ehr¬
geizes, Neigungen und Mißverſtaͤndniſſe, zu welchen die
langwierige Entfernung Anlaß geben wollte, nichts konnte
jemals in meinem Innern das feſte Band beruͤhren,
das mich mit Rahel verknuͤpft hielt, die tiefe Ueber¬
zeugung, daß ich mein Lebensgluͤck gefunden wiſſe,
erſchuͤttern, und das unermuͤdete Hinſtreben zu dieſem
Ziel auch nur einen Augenblick ſchwaͤchen. Sechs Jahre
vergingen auf dieſe Weiſe, nur unterbrochen durch kurze
Zeiten des Wiederſehens, in welchen die Vorſaͤtze und
Hoffnungen ſich neu beſtaͤrkten. Endlich, nach erfolgtem
Umſchwunge der allgemeinen Verhaͤltniſſe, nach erlangtem
Sieg und Frieden des deutſchen Vaterlandes, von Paris,
wo ich ſchwer krank gelegen, unter gluͤcklichen Zeichen
heimkehrend, konnte ich, aller Hemmungen frei, die
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/191>, abgerufen am 24.11.2024.
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