sowohl die Vikarie als auch die übrige Familie pro¬ testantisch. Die nächste Folge war die Verheirathung des bisher ehelosen Vikarius. Seine erste Frau, -- denn er heirathete später zum zweitenmal -- war eine von Kettler, Schwester des nachherigen Herzogs von Kurland, Gotthard von Kettler, und aus dieser Ver¬ bindung entsprang die Reihe meiner näheren Vorfahren, die nun fast ohne Ausnahme, indem auch jene Stif¬ tung fortwährend einwirkte, sich vorzugsweise dem ge¬ lehrten, und, neben dem geistlichen, besonders noch dem ärztlichen Stande widmeten. Befriedigt in heimi¬ schem Ansehn, mittlerem Wohlstand und gedeihlichem Wirken, lebte die Familie lange Zeit still fort, ohne aus dem engen vaterländischen Bezirk herauszutreten. Durch erwählten Stand und Verhältnisse dem Bürger¬ thume zugewendet, hegte sie auch einen diesem ent¬ sprechenden Freisinn, dem der kleine rückwärts liegende Schimmer nicht schadete; dieser mochte erlöschen oder sich erneuen, beides schien nicht sehr erheblich. --
Das frühste Beispiel eines in weiterer Welt sich versuchenden Sinnes gab einer von Johann von Ense's Enkeln, der während des dreißigjährigen Krieges in Rostock studirt hatte, dann des Königs Gustav Adolph von Schweden und später der Königin Christina Leib¬ arzt geworden war; er ließ sich in Schweden häuslich nieder, und hatte daselbst eine ansehnliche Nachkommen¬ schaft, deren Fortbestehen noch in neuern Zeiten kund
ſowohl die Vikarie als auch die uͤbrige Familie pro¬ teſtantiſch. Die naͤchſte Folge war die Verheirathung des bisher eheloſen Vikarius. Seine erſte Frau, — denn er heirathete ſpaͤter zum zweitenmal — war eine von Kettler, Schweſter des nachherigen Herzogs von Kurland, Gotthard von Kettler, und aus dieſer Ver¬ bindung entſprang die Reihe meiner naͤheren Vorfahren, die nun faſt ohne Ausnahme, indem auch jene Stif¬ tung fortwaͤhrend einwirkte, ſich vorzugsweiſe dem ge¬ lehrten, und, neben dem geiſtlichen, beſonders noch dem aͤrztlichen Stande widmeten. Befriedigt in heimi¬ ſchem Anſehn, mittlerem Wohlſtand und gedeihlichem Wirken, lebte die Familie lange Zeit ſtill fort, ohne aus dem engen vaterlaͤndiſchen Bezirk herauszutreten. Durch erwaͤhlten Stand und Verhaͤltniſſe dem Buͤrger¬ thume zugewendet, hegte ſie auch einen dieſem ent¬ ſprechenden Freiſinn, dem der kleine ruͤckwaͤrts liegende Schimmer nicht ſchadete; dieſer mochte erloͤſchen oder ſich erneuen, beides ſchien nicht ſehr erheblich. —
Das fruͤhſte Beiſpiel eines in weiterer Welt ſich verſuchenden Sinnes gab einer von Johann von Enſe’s Enkeln, der waͤhrend des dreißigjaͤhrigen Krieges in Roſtock ſtudirt hatte, dann des Koͤnigs Guſtav Adolph von Schweden und ſpaͤter der Koͤnigin Chriſtina Leib¬ arzt geworden war; er ließ ſich in Schweden haͤuslich nieder, und hatte daſelbſt eine anſehnliche Nachkommen¬ ſchaft, deren Fortbeſtehen noch in neuern Zeiten kund
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ſowohl die Vikarie als auch die uͤbrige Familie pro¬
teſtantiſch. Die naͤchſte Folge war die Verheirathung
des bisher eheloſen Vikarius. Seine erſte Frau, —
denn er heirathete ſpaͤter zum zweitenmal — war eine
von Kettler, Schweſter des nachherigen Herzogs von
Kurland, Gotthard von Kettler, und aus dieſer Ver¬
bindung entſprang die Reihe meiner naͤheren Vorfahren,
die nun faſt ohne Ausnahme, indem auch jene Stif¬
tung fortwaͤhrend einwirkte, ſich vorzugsweiſe dem ge¬
lehrten, und, neben dem geiſtlichen, beſonders noch
dem aͤrztlichen Stande widmeten. Befriedigt in heimi¬
ſchem Anſehn, mittlerem Wohlſtand und gedeihlichem
Wirken, lebte die Familie lange Zeit ſtill fort, ohne
aus dem engen vaterlaͤndiſchen Bezirk herauszutreten.
Durch erwaͤhlten Stand und Verhaͤltniſſe dem Buͤrger¬
thume zugewendet, hegte ſie auch einen dieſem ent¬
ſprechenden Freiſinn, dem der kleine ruͤckwaͤrts liegende
Schimmer nicht ſchadete; dieſer mochte erloͤſchen oder
ſich erneuen, beides ſchien nicht ſehr erheblich. —
Das fruͤhſte Beiſpiel eines in weiterer Welt ſich
verſuchenden Sinnes gab einer von Johann von Enſe’s
Enkeln, der waͤhrend des dreißigjaͤhrigen Krieges in
Roſtock ſtudirt hatte, dann des Koͤnigs Guſtav Adolph
von Schweden und ſpaͤter der Koͤnigin Chriſtina Leib¬
arzt geworden war; er ließ ſich in Schweden haͤuslich
nieder, und hatte daſelbſt eine anſehnliche Nachkommen¬
ſchaft, deren Fortbeſtehen noch in neuern Zeiten kund
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/20>, abgerufen am 23.11.2024.
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