hatte aber die Freude, Willisen eintreffen zu sehen, mit dem ich weite Spazirgänge machte, wobei wir uns in allerlei Betrachtungen ergingen, und die allgemeinen und persönlichen Verhältnisse vielfach überlegten. Er begab sich dann zu dem General Grafen von Carneville, um in dessen Freischaar einzutreten; die rückwärts von Wagram, bei Bockfließ, errichtet wurde. Mich aber rief, da meine Gedanken fast schon andre Richtung nah¬ men, der Oberst von Oberndorf unvermuthet an, und wies mich zu dem Obersten des Regiments Vogelsang, das links von Wagram auf der oben erwähnten Ter¬ rassenhöhe lagerte; dort, meinte er, würde ich sogleich zum Dienst eintreten können. Dieser Oberst war der Graf zu Bentheim, aus Westphalen, ein noch junger Mann, von schönem Ansehn und einnehmendem Wesen, der durch seine Auszeichnung in der Schlacht bei Aspern so früh zu der ansehnlichen Befehlshaberstelle gelangt war. Ein kurzes Gespräch setzte mein Verhältniß leicht in's Klare, der Oberst war sehr zufrieden mich in sein Regiment aufzunehmen, ernannte mich zum Fähnrich, und gab mich zu der ersten Kompanie, die der wackre Hauptmann von Marais befehligte. Ich erkaufte die Equipirung eines bei Aspern gebliebenen Offiziers, ver¬ tauschte den Hut mit dem Tschako, schnallte die breite Degenkuppel mit dem kaiserlichen Doppeladler um den Leib, machte mit den Offizieren nähere Bekanntschaft, und schlief in der ersten Nacht in der Erdhütte neben
hatte aber die Freude, Williſen eintreffen zu ſehen, mit dem ich weite Spazirgaͤnge machte, wobei wir uns in allerlei Betrachtungen ergingen, und die allgemeinen und perſoͤnlichen Verhaͤltniſſe vielfach uͤberlegten. Er begab ſich dann zu dem General Grafen von Carneville, um in deſſen Freiſchaar einzutreten; die ruͤckwaͤrts von Wagram, bei Bockfließ, errichtet wurde. Mich aber rief, da meine Gedanken faſt ſchon andre Richtung nah¬ men, der Oberſt von Oberndorf unvermuthet an, und wies mich zu dem Oberſten des Regiments Vogelſang, das links von Wagram auf der oben erwaͤhnten Ter¬ raſſenhoͤhe lagerte; dort, meinte er, wuͤrde ich ſogleich zum Dienſt eintreten koͤnnen. Dieſer Oberſt war der Graf zu Bentheim, aus Weſtphalen, ein noch junger Mann, von ſchoͤnem Anſehn und einnehmendem Weſen, der durch ſeine Auszeichnung in der Schlacht bei Aſpern ſo fruͤh zu der anſehnlichen Befehlshaberſtelle gelangt war. Ein kurzes Geſpraͤch ſetzte mein Verhaͤltniß leicht in’s Klare, der Oberſt war ſehr zufrieden mich in ſein Regiment aufzunehmen, ernannte mich zum Faͤhnrich, und gab mich zu der erſten Kompanie, die der wackre Hauptmann von Marais befehligte. Ich erkaufte die Equipirung eines bei Aſpern gebliebenen Offiziers, ver¬ tauſchte den Hut mit dem Tſchako, ſchnallte die breite Degenkuppel mit dem kaiſerlichen Doppeladler um den Leib, machte mit den Offizieren naͤhere Bekanntſchaft, und ſchlief in der erſten Nacht in der Erdhuͤtte neben
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[197/0211]
hatte aber die Freude, Williſen eintreffen zu ſehen, mit
dem ich weite Spazirgaͤnge machte, wobei wir uns in
allerlei Betrachtungen ergingen, und die allgemeinen
und perſoͤnlichen Verhaͤltniſſe vielfach uͤberlegten. Er
begab ſich dann zu dem General Grafen von Carneville,
um in deſſen Freiſchaar einzutreten; die ruͤckwaͤrts von
Wagram, bei Bockfließ, errichtet wurde. Mich aber
rief, da meine Gedanken faſt ſchon andre Richtung nah¬
men, der Oberſt von Oberndorf unvermuthet an, und
wies mich zu dem Oberſten des Regiments Vogelſang,
das links von Wagram auf der oben erwaͤhnten Ter¬
raſſenhoͤhe lagerte; dort, meinte er, wuͤrde ich ſogleich
zum Dienſt eintreten koͤnnen. Dieſer Oberſt war der
Graf zu Bentheim, aus Weſtphalen, ein noch junger
Mann, von ſchoͤnem Anſehn und einnehmendem Weſen,
der durch ſeine Auszeichnung in der Schlacht bei Aſpern
ſo fruͤh zu der anſehnlichen Befehlshaberſtelle gelangt
war. Ein kurzes Geſpraͤch ſetzte mein Verhaͤltniß leicht
in’s Klare, der Oberſt war ſehr zufrieden mich in ſein
Regiment aufzunehmen, ernannte mich zum Faͤhnrich,
und gab mich zu der erſten Kompanie, die der wackre
Hauptmann von Marais befehligte. Ich erkaufte die
Equipirung eines bei Aſpern gebliebenen Offiziers, ver¬
tauſchte den Hut mit dem Tſchako, ſchnallte die breite
Degenkuppel mit dem kaiſerlichen Doppeladler um den
Leib, machte mit den Offizieren naͤhere Bekanntſchaft,
und ſchlief in der erſten Nacht in der Erdhuͤtte neben
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/211>, abgerufen am 26.11.2024.
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