bloßgeben würde; daher schien es vortheilhafter, bei der Ungewißheit, welchen Punkt der Feind wählen werde, die rückwärtige Stellung wieder einzunehmen, aus wel¬ cher man frei und leicht nach jeder nöthigen Richtung hervorbrechen könne. Diesem Rathschlusse zufolge erhiel¬ ten wir am 3. Juli mittags unvermuthet Befehl, wie¬ der in unsre vorige Stellung bei Wagram zurückzu¬ kehren. Dieser Vor- und Rückmarsch ist in dem öster¬ reichischen Bericht unerwähnt geblieben, und doch war die Vorwärtsbewegung nicht gleichgültig; sie erlegte dem Feinde gleichsam eine Schlacht in ähnlichen Ver¬ hältnissen wie die von Aspern auf, während unser Rück¬ marsch ihm statt jener Enge die erwünschtere Ausdeh¬ nung freigab, in welcher die Schlacht von Wagram möglich wurde. Da diese verloren ging, so konnte man nachher bedauern, zu ihrer Entwickelung den Raum gegeben zu haben, den man, wie es schien, gleich anfangs versagen, wenigstens mit Vortheil streitig machen konnte, wenn man näher an der Donau den Kampf aufnahm.
Der Anschein, als solle das Leben der vorigen Tage, ohne andern Inhalt als Sonnenbrand und Staubwolken, auf's Neue fortgehen, dauerte diesmal nicht lange. Von den Absichten des Feindes hatte man keine zuverlässige Kenntniß, nur unsichere Vermuthun¬ gen, doch deuteten alle seine Anstalten auf irgend ein großes Unternehmen. Die Befestigungen der Lobau,
bloßgeben wuͤrde; daher ſchien es vortheilhafter, bei der Ungewißheit, welchen Punkt der Feind waͤhlen werde, die ruͤckwaͤrtige Stellung wieder einzunehmen, aus wel¬ cher man frei und leicht nach jeder noͤthigen Richtung hervorbrechen koͤnne. Dieſem Rathſchluſſe zufolge erhiel¬ ten wir am 3. Juli mittags unvermuthet Befehl, wie¬ der in unſre vorige Stellung bei Wagram zuruͤckzu¬ kehren. Dieſer Vor- und Ruͤckmarſch iſt in dem oͤſter¬ reichiſchen Bericht unerwaͤhnt geblieben, und doch war die Vorwaͤrtsbewegung nicht gleichguͤltig; ſie erlegte dem Feinde gleichſam eine Schlacht in aͤhnlichen Ver¬ haͤltniſſen wie die von Aſpern auf, waͤhrend unſer Ruͤck¬ marſch ihm ſtatt jener Enge die erwuͤnſchtere Ausdeh¬ nung freigab, in welcher die Schlacht von Wagram moͤglich wurde. Da dieſe verloren ging, ſo konnte man nachher bedauern, zu ihrer Entwickelung den Raum gegeben zu haben, den man, wie es ſchien, gleich anfangs verſagen, wenigſtens mit Vortheil ſtreitig machen konnte, wenn man naͤher an der Donau den Kampf aufnahm.
Der Anſchein, als ſolle das Leben der vorigen Tage, ohne andern Inhalt als Sonnenbrand und Staubwolken, auf's Neue fortgehen, dauerte diesmal nicht lange. Von den Abſichten des Feindes hatte man keine zuverlaͤſſige Kenntniß, nur unſichere Vermuthun¬ gen, doch deuteten alle ſeine Anſtalten auf irgend ein großes Unternehmen. Die Befeſtigungen der Lobau,
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bloßgeben wuͤrde; daher ſchien es vortheilhafter, bei der
Ungewißheit, welchen Punkt der Feind waͤhlen werde,
die ruͤckwaͤrtige Stellung wieder einzunehmen, aus wel¬
cher man frei und leicht nach jeder noͤthigen Richtung
hervorbrechen koͤnne. Dieſem Rathſchluſſe zufolge erhiel¬
ten wir am 3. Juli mittags unvermuthet Befehl, wie¬
der in unſre vorige Stellung bei Wagram zuruͤckzu¬
kehren. Dieſer Vor- und Ruͤckmarſch iſt in dem oͤſter¬
reichiſchen Bericht unerwaͤhnt geblieben, und doch war
die Vorwaͤrtsbewegung nicht gleichguͤltig; ſie erlegte
dem Feinde gleichſam eine Schlacht in aͤhnlichen Ver¬
haͤltniſſen wie die von Aſpern auf, waͤhrend unſer Ruͤck¬
marſch ihm ſtatt jener Enge die erwuͤnſchtere Ausdeh¬
nung freigab, in welcher die Schlacht von Wagram
moͤglich wurde. Da dieſe verloren ging, ſo konnte man
nachher bedauern, zu ihrer Entwickelung den Raum
gegeben zu haben, den man, wie es ſchien, gleich
anfangs verſagen, wenigſtens mit Vortheil ſtreitig machen
konnte, wenn man naͤher an der Donau den Kampf
aufnahm.
Der Anſchein, als ſolle das Leben der vorigen
Tage, ohne andern Inhalt als Sonnenbrand und
Staubwolken, auf's Neue fortgehen, dauerte diesmal
nicht lange. Von den Abſichten des Feindes hatte man
keine zuverlaͤſſige Kenntniß, nur unſichere Vermuthun¬
gen, doch deuteten alle ſeine Anſtalten auf irgend ein
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/216>, abgerufen am 26.11.2024.
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