Das Interesse des Tages drang inzwischen überall durch, und so hörten wir denn auch von allen Seiten sowohl die Festlichkeiten rühmen, welche bereits vorüber und von uns versäumt waren, als auch besonders das eine letzte Fest hochpreisend ankündigen, durch das unser Botschafter die ganze Reihe der bisherigen glänzend abschließen und, wie Jedermann voraussehe, überbieten werde. Wirklich sah man in dem Botschaftshotel, und hauptsächlich in dem weiten Gartenraume desselben, die umfassendsten Anstalten täglich fortschreiten, und bekam nach und nach einen Begriff von den verschiedenen Theilen, aus welchen das Ganze zu einem wahren Wun¬ derwerke sinnreicher und üppiger Pracht sich aufgliedern sollte. Man betrat mit ungläubigem Zweifel wieder¬ holt die Stätte, wo noch der Zimmermann geschäftig war, und in wenigen Tagen schon seine rohe Arbeit unter dem kostbarsten Prunke verschwunden sein mußte. Der 1. Juli war, nach manchem Verschieben, als der Tag des Festes endlich angesetzt, der Kaiser und die Kaiserin hatten die Einladung angenommen, und so stand dies Ziel unwiderruflich fest. Der Eifer und die Hülfsmittel mußten nun verdoppelt werden, man arbei¬ tete die Nächte hindurch, deren Frische den Werkleuten sogar zur Erleichterung wurde, denn viel härter war es, daß auch die brennende Mittagshitze des seit Wo¬ chen unabgekühlten Himmels keine Rast bringen durfte. Heiß waren Balken und Bretter anzufühlen, noch heißer
Das Intereſſe des Tages drang inzwiſchen uͤberall durch, und ſo hoͤrten wir denn auch von allen Seiten ſowohl die Feſtlichkeiten ruͤhmen, welche bereits voruͤber und von uns verſaͤumt waren, als auch beſonders das eine letzte Feſt hochpreiſend ankuͤndigen, durch das unſer Botſchafter die ganze Reihe der bisherigen glaͤnzend abſchließen und, wie Jedermann vorausſehe, uͤberbieten werde. Wirklich ſah man in dem Botſchaftshotel, und hauptſaͤchlich in dem weiten Gartenraume deſſelben, die umfaſſendſten Anſtalten taͤglich fortſchreiten, und bekam nach und nach einen Begriff von den verſchiedenen Theilen, aus welchen das Ganze zu einem wahren Wun¬ derwerke ſinnreicher und uͤppiger Pracht ſich aufgliedern ſollte. Man betrat mit unglaͤubigem Zweifel wieder¬ holt die Staͤtte, wo noch der Zimmermann geſchaͤftig war, und in wenigen Tagen ſchon ſeine rohe Arbeit unter dem koſtbarſten Prunke verſchwunden ſein mußte. Der 1. Juli war, nach manchem Verſchieben, als der Tag des Feſtes endlich angeſetzt, der Kaiſer und die Kaiſerin hatten die Einladung angenommen, und ſo ſtand dies Ziel unwiderruflich feſt. Der Eifer und die Huͤlfsmittel mußten nun verdoppelt werden, man arbei¬ tete die Naͤchte hindurch, deren Friſche den Werkleuten ſogar zur Erleichterung wurde, denn viel haͤrter war es, daß auch die brennende Mittagshitze des ſeit Wo¬ chen unabgekuͤhlten Himmels keine Raſt bringen durfte. Heiß waren Balken und Bretter anzufuͤhlen, noch heißer
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Das Intereſſe des Tages drang inzwiſchen uͤberall
durch, und ſo hoͤrten wir denn auch von allen Seiten
ſowohl die Feſtlichkeiten ruͤhmen, welche bereits voruͤber
und von uns verſaͤumt waren, als auch beſonders das
eine letzte Feſt hochpreiſend ankuͤndigen, durch das unſer
Botſchafter die ganze Reihe der bisherigen glaͤnzend
abſchließen und, wie Jedermann vorausſehe, uͤberbieten
werde. Wirklich ſah man in dem Botſchaftshotel, und
hauptſaͤchlich in dem weiten Gartenraume deſſelben, die
umfaſſendſten Anſtalten taͤglich fortſchreiten, und bekam
nach und nach einen Begriff von den verſchiedenen
Theilen, aus welchen das Ganze zu einem wahren Wun¬
derwerke ſinnreicher und uͤppiger Pracht ſich aufgliedern
ſollte. Man betrat mit unglaͤubigem Zweifel wieder¬
holt die Staͤtte, wo noch der Zimmermann geſchaͤftig
war, und in wenigen Tagen ſchon ſeine rohe Arbeit
unter dem koſtbarſten Prunke verſchwunden ſein mußte.
Der 1. Juli war, nach manchem Verſchieben, als der
Tag des Feſtes endlich angeſetzt, der Kaiſer und die
Kaiſerin hatten die Einladung angenommen, und ſo
ſtand dies Ziel unwiderruflich feſt. Der Eifer und die
Huͤlfsmittel mußten nun verdoppelt werden, man arbei¬
tete die Naͤchte hindurch, deren Friſche den Werkleuten
ſogar zur Erleichterung wurde, denn viel haͤrter war
es, daß auch die brennende Mittagshitze des ſeit Wo¬
chen unabgekuͤhlten Himmels keine Raſt bringen durfte.
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/275>, abgerufen am 22.11.2024.
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