machte, und in seinem habit habille mit Stahldegen und Spitzemanschetten einem geputzten Affen gleich sah. Auch ein ehemaliger Adjutant des Kaisers, und jetziger Kammerherr, den ich in Wien als Militair sehr hübsch gefunden, nahm sich in seinem rothen gestickten Hofrocke ganz vertrackt aus. Damit die Gesellschaft noch bunter würde, kamen auch zwei Geistliche in rothen Strümpfen, und schienen sich des bischen Lebens, das an dieser Stätte der Revolution ihnen wieder zugeflossen war, gar sehr zu freuen. Berthier hatte sich mittlerweile in ein Nebenzimmer entfernt, und die Gesellschaft war entlassen. Als die Geistlichen weggingen, flüsterte mir der eine, -- es war der Kardinal Maury -- im Vor¬ beistreichen die Worte bedeutend in's Ohr: "Nous avons beaucoup de joie de vous voir ici!" Ich sah ihm erstaunt nach; was er laut und öffentlich als eine gewöhn¬ liche Artigkeit hätte sagen können, sagt er mit heimlicher Freude, und mir? Es bezog sich aber wohl auf den Umstand, daß von österreichischer Seite ganz kürzlich die dringendsten Verwendungen für den Pabst geschehen waren.
Am Sonntage den 22. Juli war seit dem Brand¬ unglück wieder die erste Audienz des Kaisers, und man verhieß, sie würde ungemein feierlich und prächtig sein. In Berlin hatte ich Napoleon oftmal unvermuthet und ungesucht gesehen, auch in Wien und Schönbrunn noch¬ mals, aber stets in zu großer Entfernung, als daß es
machte, und in ſeinem habit habillè mit Stahldegen und Spitzemanſchetten einem geputzten Affen gleich ſah. Auch ein ehemaliger Adjutant des Kaiſers, und jetziger Kammerherr, den ich in Wien als Militair ſehr huͤbſch gefunden, nahm ſich in ſeinem rothen geſtickten Hofrocke ganz vertrackt aus. Damit die Geſellſchaft noch bunter wuͤrde, kamen auch zwei Geiſtliche in rothen Struͤmpfen, und ſchienen ſich des bischen Lebens, das an dieſer Staͤtte der Revolution ihnen wieder zugefloſſen war, gar ſehr zu freuen. Berthier hatte ſich mittlerweile in ein Nebenzimmer entfernt, und die Geſellſchaft war entlaſſen. Als die Geiſtlichen weggingen, fluͤſterte mir der eine, — es war der Kardinal Maury — im Vor¬ beiſtreichen die Worte bedeutend in's Ohr: „Nous avons beaucoup de joie de vous voir ici!“ Ich ſah ihm erſtaunt nach; was er laut und oͤffentlich als eine gewoͤhn¬ liche Artigkeit haͤtte ſagen koͤnnen, ſagt er mit heimlicher Freude, und mir? Es bezog ſich aber wohl auf den Umſtand, daß von oͤſterreichiſcher Seite ganz kuͤrzlich die dringendſten Verwendungen fuͤr den Pabſt geſchehen waren.
Am Sonntage den 22. Juli war ſeit dem Brand¬ ungluͤck wieder die erſte Audienz des Kaiſers, und man verhieß, ſie wuͤrde ungemein feierlich und praͤchtig ſein. In Berlin hatte ich Napoleon oftmal unvermuthet und ungeſucht geſehen, auch in Wien und Schoͤnbrunn noch¬ mals, aber ſtets in zu großer Entfernung, als daß es
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machte, und in ſeinem habit habillè mit Stahldegen
und Spitzemanſchetten einem geputzten Affen gleich ſah.
Auch ein ehemaliger Adjutant des Kaiſers, und jetziger
Kammerherr, den ich in Wien als Militair ſehr huͤbſch
gefunden, nahm ſich in ſeinem rothen geſtickten Hofrocke
ganz vertrackt aus. Damit die Geſellſchaft noch bunter
wuͤrde, kamen auch zwei Geiſtliche in rothen Struͤmpfen,
und ſchienen ſich des bischen Lebens, das an dieſer
Staͤtte der Revolution ihnen wieder zugefloſſen war,
gar ſehr zu freuen. Berthier hatte ſich mittlerweile in
ein Nebenzimmer entfernt, und die Geſellſchaft war
entlaſſen. Als die Geiſtlichen weggingen, fluͤſterte mir
der eine, — es war der Kardinal Maury — im Vor¬
beiſtreichen die Worte bedeutend in's Ohr: „Nous avons
beaucoup de joie de vous voir ici!“ Ich ſah ihm
erſtaunt nach; was er laut und oͤffentlich als eine gewoͤhn¬
liche Artigkeit haͤtte ſagen koͤnnen, ſagt er mit heimlicher
Freude, und mir? Es bezog ſich aber wohl auf den
Umſtand, daß von oͤſterreichiſcher Seite ganz kuͤrzlich
die dringendſten Verwendungen fuͤr den Pabſt geſchehen
waren.
Am Sonntage den 22. Juli war ſeit dem Brand¬
ungluͤck wieder die erſte Audienz des Kaiſers, und man
verhieß, ſie wuͤrde ungemein feierlich und praͤchtig ſein.
In Berlin hatte ich Napoleon oftmal unvermuthet und
ungeſucht geſehen, auch in Wien und Schoͤnbrunn noch¬
mals, aber ſtets in zu großer Entfernung, als daß es
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/310>, abgerufen am 23.11.2024.
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