Unsre Freundschaft befestigte sich durch dieses gemein¬ same Auftreten, neue schlossen sich zahlreich an, ver¬ wandtes Streben und empfänglicher Sinn nahm, wenn auch nur im Stillen, von uns Kunde, und in weiter Ferne und späten Jahren begegneten uns noch werthe Wirkungen einer damals erregten günstigen Aufmerk¬ samkeit. Aber auch unmittelbar durften wir unsern Muth, unsre Zuversicht und selbst unser Talent durch ein Erscheinen erhöht fühlen, das wir unter keines fremden Namens Gunst und Schutz, sondern als Neu¬ linge selbstständig in eigner Leitung gewagt. In den Stand eines Autors zu treten, wäre es auch nur mit so geringen Mitteln, als die unsrigen damals, dürfte zu keiner Zeit, so lange nicht die litterarischen Verhältnisse und selbst die Sitten eine große Umwandlung erfahren, als etwas Gleichgültiges anzusehen sein. Die Ehre und der Reiz, welche damit verbunden sind, schimmern lockend auch den Königen und Helden, und von allen Genüssen, die dem Alter nach und nach absterben, hält dieser am längsten aus. Man denke daher, welch ein Schritt für uns Jünglinge dies war; wir empfingen damit eine neue Mündigkeit, die wir selbst ausgaben; wir traten auf das Feld, wo die Kränze lagen, und wenn wir Dichter zu sein behaupteten, so mochte dies im ästhetischen Sinne noch ferner wie bisher bejaht oder verneint werden können, im litterarischen waren wir es aber einmal gewiß.
Unſre Freundſchaft befeſtigte ſich durch dieſes gemein¬ ſame Auftreten, neue ſchloſſen ſich zahlreich an, ver¬ wandtes Streben und empfaͤnglicher Sinn nahm, wenn auch nur im Stillen, von uns Kunde, und in weiter Ferne und ſpaͤten Jahren begegneten uns noch werthe Wirkungen einer damals erregten guͤnſtigen Aufmerk¬ ſamkeit. Aber auch unmittelbar durften wir unſern Muth, unſre Zuverſicht und ſelbſt unſer Talent durch ein Erſcheinen erhoͤht fuͤhlen, das wir unter keines fremden Namens Gunſt und Schutz, ſondern als Neu¬ linge ſelbſtſtaͤndig in eigner Leitung gewagt. In den Stand eines Autors zu treten, waͤre es auch nur mit ſo geringen Mitteln, als die unſrigen damals, duͤrfte zu keiner Zeit, ſo lange nicht die litterariſchen Verhaͤltniſſe und ſelbſt die Sitten eine große Umwandlung erfahren, als etwas Gleichguͤltiges anzuſehen ſein. Die Ehre und der Reiz, welche damit verbunden ſind, ſchimmern lockend auch den Koͤnigen und Helden, und von allen Genuͤſſen, die dem Alter nach und nach abſterben, haͤlt dieſer am laͤngſten aus. Man denke daher, welch ein Schritt fuͤr uns Juͤnglinge dies war; wir empfingen damit eine neue Muͤndigkeit, die wir ſelbſt ausgaben; wir traten auf das Feld, wo die Kraͤnze lagen, und wenn wir Dichter zu ſein behaupteten, ſo mochte dies im aͤſthetiſchen Sinne noch ferner wie bisher bejaht oder verneint werden koͤnnen, im litterariſchen waren wir es aber einmal gewiß.
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Unſre Freundſchaft befeſtigte ſich durch dieſes gemein¬
ſame Auftreten, neue ſchloſſen ſich zahlreich an, ver¬
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auch nur im Stillen, von uns Kunde, und in weiter
Ferne und ſpaͤten Jahren begegneten uns noch werthe
Wirkungen einer damals erregten guͤnſtigen Aufmerk¬
ſamkeit. Aber auch unmittelbar durften wir unſern
Muth, unſre Zuverſicht und ſelbſt unſer Talent durch
ein Erſcheinen erhoͤht fuͤhlen, das wir unter keines
fremden Namens Gunſt und Schutz, ſondern als Neu¬
linge ſelbſtſtaͤndig in eigner Leitung gewagt. In den
Stand eines Autors zu treten, waͤre es auch nur mit
ſo geringen Mitteln, als die unſrigen damals, duͤrfte
zu keiner Zeit, ſo lange nicht die litterariſchen Verhaͤltniſſe
und ſelbſt die Sitten eine große Umwandlung erfahren,
als etwas Gleichguͤltiges anzuſehen ſein. Die Ehre und
der Reiz, welche damit verbunden ſind, ſchimmern lockend
auch den Koͤnigen und Helden, und von allen Genuͤſſen,
die dem Alter nach und nach abſterben, haͤlt dieſer am
laͤngſten aus. Man denke daher, welch ein Schritt fuͤr
uns Juͤnglinge dies war; wir empfingen damit eine neue
Muͤndigkeit, die wir ſelbſt ausgaben; wir traten auf das
Feld, wo die Kraͤnze lagen, und wenn wir Dichter zu
ſein behaupteten, ſo mochte dies im aͤſthetiſchen Sinne
noch ferner wie bisher bejaht oder verneint werden
koͤnnen, im litterariſchen waren wir es aber einmal
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/66>, abgerufen am 23.11.2024.
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