steller Adolph Werden hieß, und damals einen stärkern Schwung nehmen wollte, als er ausführen konnte. August Bode bezeigte von Weimar her seine Theilnahme für uns. Den größten Werth aber behielt Fichte's Ur¬ theil, und dasselbe war besonders mir vortheilhaft, wie ich bei folgender Gelegenheit erfuhr. Als ich eines Tages die Treppe zu ihm hinauf stieg, hörte ich hinter mir einen Offizier nach ihm fragen; wir wurden beide vorgelassen, und der Offizier übergab einen Brief aus Warschau von Mnioch. Es war ein Freund von Hitzig und Uthmann, und schon längere Zeit von ihnen er¬ wartet. In diesem rauhen Kriegshelden hatte sich die schäumendste poetische und philosophische Begeisterung angesetzt, und trieb ihre Bläschen immerfort, bis zur größten Berauschung. Von Mnioch und Werner auf¬ gereizt, kam er nach Berlin, bloß um Fichte und Schle¬ gel zu hören, und nebenher einige wilde Aufsätze drucken zu lassen, welche er wie Thaten behandelte, die für ihn und die Welt gleiche Wichtigkeit hätten. Er hat nachher im Kriege sich sehr brav gehalten, und diese Wirklichkeit scheint ihn von seinen Phantasien geheilt zu haben. Damals aber mußte man ihm seinen guten Willen anrechnen, wie auch Fichte that. Dieser nun fragte mich bei Gelegenheit dieses Besuchs, ob ich Mnioch kenne, welches ich verneinte. Aber aus seinen Schrif¬ ten würde ich ihn doch kennen, meinte jener, und als ich auch dies verneinte, und eine Art Befremden dar¬
ſteller Adolph Werden hieß, und damals einen ſtaͤrkern Schwung nehmen wollte, als er ausfuͤhren konnte. Auguſt Bode bezeigte von Weimar her ſeine Theilnahme fuͤr uns. Den groͤßten Werth aber behielt Fichte's Ur¬ theil, und daſſelbe war beſonders mir vortheilhaft, wie ich bei folgender Gelegenheit erfuhr. Als ich eines Tages die Treppe zu ihm hinauf ſtieg, hoͤrte ich hinter mir einen Offizier nach ihm fragen; wir wurden beide vorgelaſſen, und der Offizier uͤbergab einen Brief aus Warſchau von Mnioch. Es war ein Freund von Hitzig und Uthmann, und ſchon laͤngere Zeit von ihnen er¬ wartet. In dieſem rauhen Kriegshelden hatte ſich die ſchaͤumendſte poetiſche und philoſophiſche Begeiſterung angeſetzt, und trieb ihre Blaͤschen immerfort, bis zur groͤßten Berauſchung. Von Mnioch und Werner auf¬ gereizt, kam er nach Berlin, bloß um Fichte und Schle¬ gel zu hoͤren, und nebenher einige wilde Aufſaͤtze drucken zu laſſen, welche er wie Thaten behandelte, die fuͤr ihn und die Welt gleiche Wichtigkeit haͤtten. Er hat nachher im Kriege ſich ſehr brav gehalten, und dieſe Wirklichkeit ſcheint ihn von ſeinen Phantaſien geheilt zu haben. Damals aber mußte man ihm ſeinen guten Willen anrechnen, wie auch Fichte that. Dieſer nun fragte mich bei Gelegenheit dieſes Beſuchs, ob ich Mnioch kenne, welches ich verneinte. Aber aus ſeinen Schrif¬ ten wuͤrde ich ihn doch kennen, meinte jener, und als ich auch dies verneinte, und eine Art Befremden dar¬
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ſteller Adolph Werden hieß, und damals einen ſtaͤrkern
Schwung nehmen wollte, als er ausfuͤhren konnte.
Auguſt Bode bezeigte von Weimar her ſeine Theilnahme
fuͤr uns. Den groͤßten Werth aber behielt Fichte's Ur¬
theil, und daſſelbe war beſonders mir vortheilhaft, wie
ich bei folgender Gelegenheit erfuhr. Als ich eines
Tages die Treppe zu ihm hinauf ſtieg, hoͤrte ich hinter
mir einen Offizier nach ihm fragen; wir wurden beide
vorgelaſſen, und der Offizier uͤbergab einen Brief aus
Warſchau von Mnioch. Es war ein Freund von Hitzig
und Uthmann, und ſchon laͤngere Zeit von ihnen er¬
wartet. In dieſem rauhen Kriegshelden hatte ſich die
ſchaͤumendſte poetiſche und philoſophiſche Begeiſterung
angeſetzt, und trieb ihre Blaͤschen immerfort, bis zur
groͤßten Berauſchung. Von Mnioch und Werner auf¬
gereizt, kam er nach Berlin, bloß um Fichte und Schle¬
gel zu hoͤren, und nebenher einige wilde Aufſaͤtze drucken
zu laſſen, welche er wie Thaten behandelte, die fuͤr
ihn und die Welt gleiche Wichtigkeit haͤtten. Er hat
nachher im Kriege ſich ſehr brav gehalten, und dieſe
Wirklichkeit ſcheint ihn von ſeinen Phantaſien geheilt zu
haben. Damals aber mußte man ihm ſeinen guten
Willen anrechnen, wie auch Fichte that. Dieſer nun
fragte mich bei Gelegenheit dieſes Beſuchs, ob ich Mnioch
kenne, welches ich verneinte. Aber aus ſeinen Schrif¬
ten wuͤrde ich ihn doch kennen, meinte jener, und als
ich auch dies verneinte, und eine Art Befremden dar¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/72>, abgerufen am 23.11.2024.
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