und in der geringsten Einrichtung sich behelfe. Dabei läugnet Cotta seine Mittel nicht, und macht immer neue Unternehmungen, giebt das größte Honerar, kauft Güter und Häuser, und in seinen Geschäften gedeiht alles bestens. Und wie klug spricht er über Litteratur! wie fein und tüchtig ist sein Urtheil, wie erkennt er die Talente, wie genau weiß er anzugeben, wo und wie jedes im Publikum Anklang und Erfolg finden kann! So vortrefflich er die buchhändlerischen Interessen ver¬ steht, so sind sie ihm doch gar nicht das Höchste; er hat sein eignes Urtheil, seinen eignen Geschmack. Wir sprachen von Heinrich von Kleist's Penthesilea, die er verlegt hat, er war unzufrieden mit dem Erzeugniß, und wollte das Buch gar nicht anzeigen, damit es nicht gefordert würde; überhaupt war er gegen die neuere Schule ergrimmt, und von Görres, Achim von Arnim und Clemens Brentano, die in Heidelberg durch die Einsiedlerzeitung ihm übel mitspielen, durfte man nicht reden, ohne daß er die Augenbraunen heftig zusammen¬ zog, und seine Kämpfer Weisser und Haug gegen sie anrief. Auch in politischen Urtheilen fand ich ihn scharf und tüchtig, reich an Verknüpfungen, voraussehend, unerschrocken, gar wohl als tapferer Offizier zu denken. So sehr wir, besonders in litterarischen Dingen, ent¬ gegengesetzter Meinungen waren, so leicht und friedlich tauschten wir diese aus; ich fühlte gleich ein volles Ver¬ trauen zu ihm, das auch nicht unerwiedert schien. Ich
und in der geringſten Einrichtung ſich behelfe. Dabei laͤugnet Cotta ſeine Mittel nicht, und macht immer neue Unternehmungen, giebt das groͤßte Honerar, kauft Guͤter und Haͤuſer, und in ſeinen Geſchaͤften gedeiht alles beſtens. Und wie klug ſpricht er uͤber Litteratur! wie fein und tuͤchtig iſt ſein Urtheil, wie erkennt er die Talente, wie genau weiß er anzugeben, wo und wie jedes im Publikum Anklang und Erfolg finden kann! So vortrefflich er die buchhaͤndleriſchen Intereſſen ver¬ ſteht, ſo ſind ſie ihm doch gar nicht das Hoͤchſte; er hat ſein eignes Urtheil, ſeinen eignen Geſchmack. Wir ſprachen von Heinrich von Kleiſt's Pentheſilea, die er verlegt hat, er war unzufrieden mit dem Erzeugniß, und wollte das Buch gar nicht anzeigen, damit es nicht gefordert wuͤrde; uͤberhaupt war er gegen die neuere Schule ergrimmt, und von Goͤrres, Achim von Arnim und Clemens Brentano, die in Heidelberg durch die Einſiedlerzeitung ihm uͤbel mitſpielen, durfte man nicht reden, ohne daß er die Augenbraunen heftig zuſammen¬ zog, und ſeine Kaͤmpfer Weiſſer und Haug gegen ſie anrief. Auch in politiſchen Urtheilen fand ich ihn ſcharf und tuͤchtig, reich an Verknuͤpfungen, vorausſehend, unerſchrocken, gar wohl als tapferer Offizier zu denken. So ſehr wir, beſonders in litterariſchen Dingen, ent¬ gegengeſetzter Meinungen waren, ſo leicht und friedlich tauſchten wir dieſe aus; ich fuͤhlte gleich ein volles Ver¬ trauen zu ihm, das auch nicht unerwiedert ſchien. Ich
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und in der geringſten Einrichtung ſich behelfe. Dabei
laͤugnet Cotta ſeine Mittel nicht, und macht immer
neue Unternehmungen, giebt das groͤßte Honerar, kauft
Guͤter und Haͤuſer, und in ſeinen Geſchaͤften gedeiht
alles beſtens. Und wie klug ſpricht er uͤber Litteratur!
wie fein und tuͤchtig iſt ſein Urtheil, wie erkennt er die
Talente, wie genau weiß er anzugeben, wo und wie
jedes im Publikum Anklang und Erfolg finden kann!
So vortrefflich er die buchhaͤndleriſchen Intereſſen ver¬
ſteht, ſo ſind ſie ihm doch gar nicht das Hoͤchſte; er
hat ſein eignes Urtheil, ſeinen eignen Geſchmack. Wir
ſprachen von Heinrich von Kleiſt's Pentheſilea, die er
verlegt hat, er war unzufrieden mit dem Erzeugniß,
und wollte das Buch gar nicht anzeigen, damit es nicht
gefordert wuͤrde; uͤberhaupt war er gegen die neuere
Schule ergrimmt, und von Goͤrres, Achim von Arnim
und Clemens Brentano, die in Heidelberg durch die
Einſiedlerzeitung ihm uͤbel mitſpielen, durfte man nicht
reden, ohne daß er die Augenbraunen heftig zuſammen¬
zog, und ſeine Kaͤmpfer Weiſſer und Haug gegen ſie
anrief. Auch in politiſchen Urtheilen fand ich ihn ſcharf
und tuͤchtig, reich an Verknuͤpfungen, vorausſehend,
unerſchrocken, gar wohl als tapferer Offizier zu denken.
So ſehr wir, beſonders in litterariſchen Dingen, ent¬
gegengeſetzter Meinungen waren, ſo leicht und friedlich
tauſchten wir dieſe aus; ich fuͤhlte gleich ein volles Ver¬
trauen zu ihm, das auch nicht unerwiedert ſchien. Ich
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/103>, abgerufen am 04.12.2024.
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