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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

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Gebüsch zurückgeführt. Sie aber, da sie einige Zeit
darauf in's Kindbett gekommen, habe sich sehr gefreut,
daß sie ein hübsches Knäbchen und keinen Fisch zur
Welt gebracht. Der ganze Vorgang war mehr Ein¬
bildung als Wahrheit, in Betreff der Zeit gewiß irrig;
allein der Furcht, solcherlei möchte doch eine Sünde
gewesen sein und durch ein Zeichen gestraft werden,
konnte die gute Frau, in der Schwäche nach der Krank¬
heit, auf Augenblicke sich doch nicht erwehren.

Durch Justinus Kerner lern' ich nun auch seinen
Bruder Georg, den ich in Hamburg doch nicht auf¬
merksam genug beachtet, näher kennen. Dieses Ge¬
schlecht hat eine solche Stärke und Fülle von Anlagen,
daß sie vertheilt auf die verschiedenen Zweige noch in
jedem als besondrer Reichthum erscheinen. Es ist die¬
selbe Kraft, die im einen Bruder Natur und Welt
magnetisch und humoristisch erfaßt, und im andern ei¬
nen sprühenden Feuergeist für Staats- und Bürger¬
leben erweckt hat; ein dritter Bruder steht als Oberst
in würtembergischen Kriegsdiensten, wo er wegen seines
guten Kopfs und tapfren Muthes gleich geschätzt ist.
Das Leben Georgs aber, in die französische Revolution
verflochten, ist durch Frische und Reinheit des Eifers,
wie durch Muth und Selbstständigkeit des Willens ein
so achtungswerthes als abentheuerliches Karakterstück;
eine deutsche Ehrlichkeitsrolle in französischen Verhält¬
nissen und Hoffnungen, die wie billig mit dem Ausscheiden

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Gebuͤſch zuruͤckgefuͤhrt. Sie aber, da ſie einige Zeit
darauf in's Kindbett gekommen, habe ſich ſehr gefreut,
daß ſie ein huͤbſches Knaͤbchen und keinen Fiſch zur
Welt gebracht. Der ganze Vorgang war mehr Ein¬
bildung als Wahrheit, in Betreff der Zeit gewiß irrig;
allein der Furcht, ſolcherlei moͤchte doch eine Suͤnde
geweſen ſein und durch ein Zeichen geſtraft werden,
konnte die gute Frau, in der Schwaͤche nach der Krank¬
heit, auf Augenblicke ſich doch nicht erwehren.

Durch Juſtinus Kerner lern' ich nun auch ſeinen
Bruder Georg, den ich in Hamburg doch nicht auf¬
merkſam genug beachtet, naͤher kennen. Dieſes Ge¬
ſchlecht hat eine ſolche Staͤrke und Fuͤlle von Anlagen,
daß ſie vertheilt auf die verſchiedenen Zweige noch in
jedem als beſondrer Reichthum erſcheinen. Es iſt die¬
ſelbe Kraft, die im einen Bruder Natur und Welt
magnetiſch und humoriſtiſch erfaßt, und im andern ei¬
nen ſpruͤhenden Feuergeiſt fuͤr Staats- und Buͤrger¬
leben erweckt hat; ein dritter Bruder ſteht als Oberſt
in wuͤrtembergiſchen Kriegsdienſten, wo er wegen ſeines
guten Kopfs und tapfren Muthes gleich geſchaͤtzt iſt.
Das Leben Georgs aber, in die franzoͤſiſche Revolution
verflochten, iſt durch Friſche und Reinheit des Eifers,
wie durch Muth und Selbſtſtaͤndigkeit des Willens ein
ſo achtungswerthes als abentheuerliches Karakterſtuͤck;
eine deutſche Ehrlichkeitsrolle in franzoͤſiſchen Verhaͤlt¬
niſſen und Hoffnungen, die wie billig mit dem Ausſcheiden

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[115/0127] Gebuͤſch zuruͤckgefuͤhrt. Sie aber, da ſie einige Zeit darauf in's Kindbett gekommen, habe ſich ſehr gefreut, daß ſie ein huͤbſches Knaͤbchen und keinen Fiſch zur Welt gebracht. Der ganze Vorgang war mehr Ein¬ bildung als Wahrheit, in Betreff der Zeit gewiß irrig; allein der Furcht, ſolcherlei moͤchte doch eine Suͤnde geweſen ſein und durch ein Zeichen geſtraft werden, konnte die gute Frau, in der Schwaͤche nach der Krank¬ heit, auf Augenblicke ſich doch nicht erwehren. Durch Juſtinus Kerner lern' ich nun auch ſeinen Bruder Georg, den ich in Hamburg doch nicht auf¬ merkſam genug beachtet, naͤher kennen. Dieſes Ge¬ ſchlecht hat eine ſolche Staͤrke und Fuͤlle von Anlagen, daß ſie vertheilt auf die verſchiedenen Zweige noch in jedem als beſondrer Reichthum erſcheinen. Es iſt die¬ ſelbe Kraft, die im einen Bruder Natur und Welt magnetiſch und humoriſtiſch erfaßt, und im andern ei¬ nen ſpruͤhenden Feuergeiſt fuͤr Staats- und Buͤrger¬ leben erweckt hat; ein dritter Bruder ſteht als Oberſt in wuͤrtembergiſchen Kriegsdienſten, wo er wegen ſeines guten Kopfs und tapfren Muthes gleich geſchaͤtzt iſt. Das Leben Georgs aber, in die franzoͤſiſche Revolution verflochten, iſt durch Friſche und Reinheit des Eifers, wie durch Muth und Selbſtſtaͤndigkeit des Willens ein ſo achtungswerthes als abentheuerliches Karakterſtuͤck; eine deutſche Ehrlichkeitsrolle in franzoͤſiſchen Verhaͤlt¬ niſſen und Hoffnungen, die wie billig mit dem Ausſcheiden 8 *

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/127>, abgerufen am 04.12.2024.