Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

Ader in griechische Verse ausströmen zu können, und
wiewohl weder das Dichterische noch das Griechische von
erster Qualität waren, so blieb doch diese Verbindung
eines griechischen Poeten und eines spanischen Generals
und Gesandten ein unerhörte Merkwürdigkeit, welche in
der gelehrten wie in der vornehmen Welt kein geringes
Aufsehen machte. Der General nahm mit liebenswür¬
diger Eitelkeit die Bewunderung auf, die ihm auf diesem
deutschen Boden zum erstenmal so recht zu Theil wurde,
und ließ sein Licht bestens leuchten, selbst in den höch¬
sten Kreisen, wo seit den Zeiten der Königin Christina
von Schweden die Galanterie schwerlich in dieser Sprache
sich hatte vernehmen lassen. Ein griechisches Sinngedicht
auf die Schönheit der Königin Luise hatte in den Ber¬
liner Zeitungen gestanden, und war, aus der geringen
Stellung zwischen den gewöhnlichen Anzeigen dieses
grauen Löschpapiers zu dem Glanze des Hofes gehörig
emporgezogen worden. Die Unglücksfälle Preußens
rauschten über diesen Eindruck hin, und hatten ihn fast
verwischt, als ein zweites Gedicht hervortrat, auf schönem
Papier mit saubern Typen gedruckt, eine sapphische Ode
an den spanischen Dichter Arriaza, gewürzt mit dem
Lobe des Friedensfürsten, den auch jener besungen hatte.
Wolf bekam das Blatt nach Halle zugesandt, gab es
mir als eine Merkwürdigkeit zu lesen, mein technischer
Trieb hatte gleich eine Uebersetzung fertig, sie wurde von
Wolf eingesiegelt und nach Berlin abgefertigt, wenige

Ader in griechiſche Verſe ausſtroͤmen zu koͤnnen, und
wiewohl weder das Dichteriſche noch das Griechiſche von
erſter Qualitaͤt waren, ſo blieb doch dieſe Verbindung
eines griechiſchen Poeten und eines ſpaniſchen Generals
und Geſandten ein unerhoͤrte Merkwuͤrdigkeit, welche in
der gelehrten wie in der vornehmen Welt kein geringes
Aufſehen machte. Der General nahm mit liebenswuͤr¬
diger Eitelkeit die Bewunderung auf, die ihm auf dieſem
deutſchen Boden zum erſtenmal ſo recht zu Theil wurde,
und ließ ſein Licht beſtens leuchten, ſelbſt in den hoͤch¬
ſten Kreiſen, wo ſeit den Zeiten der Koͤnigin Chriſtina
von Schweden die Galanterie ſchwerlich in dieſer Sprache
ſich hatte vernehmen laſſen. Ein griechiſches Sinngedicht
auf die Schoͤnheit der Koͤnigin Luiſe hatte in den Ber¬
liner Zeitungen geſtanden, und war, aus der geringen
Stellung zwiſchen den gewoͤhnlichen Anzeigen dieſes
grauen Loͤſchpapiers zu dem Glanze des Hofes gehoͤrig
emporgezogen worden. Die Ungluͤcksfaͤlle Preußens
rauſchten uͤber dieſen Eindruck hin, und hatten ihn faſt
verwiſcht, als ein zweites Gedicht hervortrat, auf ſchoͤnem
Papier mit ſaubern Typen gedruckt, eine ſapphiſche Ode
an den ſpaniſchen Dichter Arriaza, gewuͤrzt mit dem
Lobe des Friedensfuͤrſten, den auch jener beſungen hatte.
Wolf bekam das Blatt nach Halle zugeſandt, gab es
mir als eine Merkwuͤrdigkeit zu leſen, mein techniſcher
Trieb hatte gleich eine Ueberſetzung fertig, ſie wurde von
Wolf eingeſiegelt und nach Berlin abgefertigt, wenige

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0017" n="5"/>
Ader in griechi&#x017F;che Ver&#x017F;e aus&#x017F;tro&#x0364;men zu ko&#x0364;nnen, und<lb/>
wiewohl weder das Dichteri&#x017F;che noch das Griechi&#x017F;che von<lb/>
er&#x017F;ter Qualita&#x0364;t waren, &#x017F;o blieb doch die&#x017F;e Verbindung<lb/>
eines griechi&#x017F;chen Poeten und eines &#x017F;pani&#x017F;chen Generals<lb/>
und Ge&#x017F;andten ein unerho&#x0364;rte Merkwu&#x0364;rdigkeit, welche in<lb/>
der gelehrten wie in der vornehmen Welt kein geringes<lb/>
Auf&#x017F;ehen machte. Der General nahm mit liebenswu&#x0364;<lb/>
diger Eitelkeit die Bewunderung auf, die ihm auf die&#x017F;em<lb/>
deut&#x017F;chen Boden zum er&#x017F;tenmal &#x017F;o recht zu Theil wurde,<lb/>
und ließ &#x017F;ein Licht be&#x017F;tens leuchten, &#x017F;elb&#x017F;t in den ho&#x0364;ch¬<lb/>
&#x017F;ten Krei&#x017F;en, wo &#x017F;eit den Zeiten der Ko&#x0364;nigin Chri&#x017F;tina<lb/>
von Schweden die Galanterie &#x017F;chwerlich in die&#x017F;er Sprache<lb/>
&#x017F;ich hatte vernehmen la&#x017F;&#x017F;en. Ein griechi&#x017F;ches Sinngedicht<lb/>
auf die Scho&#x0364;nheit der Ko&#x0364;nigin Lui&#x017F;e hatte in den Ber¬<lb/>
liner Zeitungen ge&#x017F;tanden, und war, aus der geringen<lb/>
Stellung zwi&#x017F;chen den gewo&#x0364;hnlichen Anzeigen die&#x017F;es<lb/>
grauen Lo&#x0364;&#x017F;chpapiers zu dem Glanze des Hofes geho&#x0364;rig<lb/>
emporgezogen worden. Die Unglu&#x0364;cksfa&#x0364;lle Preußens<lb/>
rau&#x017F;chten u&#x0364;ber die&#x017F;en Eindruck hin, und hatten ihn fa&#x017F;t<lb/>
verwi&#x017F;cht, als ein zweites Gedicht hervortrat, auf &#x017F;cho&#x0364;nem<lb/>
Papier mit &#x017F;aubern Typen gedruckt, eine &#x017F;apphi&#x017F;che Ode<lb/>
an den &#x017F;pani&#x017F;chen Dichter Arriaza, gewu&#x0364;rzt mit dem<lb/>
Lobe des Friedensfu&#x0364;r&#x017F;ten, den auch jener be&#x017F;ungen hatte.<lb/>
Wolf bekam das Blatt nach Halle zuge&#x017F;andt, gab es<lb/>
mir als eine Merkwu&#x0364;rdigkeit zu le&#x017F;en, mein techni&#x017F;cher<lb/>
Trieb hatte gleich eine Ueber&#x017F;etzung fertig, &#x017F;ie wurde von<lb/>
Wolf einge&#x017F;iegelt und nach Berlin abgefertigt, wenige<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0017] Ader in griechiſche Verſe ausſtroͤmen zu koͤnnen, und wiewohl weder das Dichteriſche noch das Griechiſche von erſter Qualitaͤt waren, ſo blieb doch dieſe Verbindung eines griechiſchen Poeten und eines ſpaniſchen Generals und Geſandten ein unerhoͤrte Merkwuͤrdigkeit, welche in der gelehrten wie in der vornehmen Welt kein geringes Aufſehen machte. Der General nahm mit liebenswuͤr¬ diger Eitelkeit die Bewunderung auf, die ihm auf dieſem deutſchen Boden zum erſtenmal ſo recht zu Theil wurde, und ließ ſein Licht beſtens leuchten, ſelbſt in den hoͤch¬ ſten Kreiſen, wo ſeit den Zeiten der Koͤnigin Chriſtina von Schweden die Galanterie ſchwerlich in dieſer Sprache ſich hatte vernehmen laſſen. Ein griechiſches Sinngedicht auf die Schoͤnheit der Koͤnigin Luiſe hatte in den Ber¬ liner Zeitungen geſtanden, und war, aus der geringen Stellung zwiſchen den gewoͤhnlichen Anzeigen dieſes grauen Loͤſchpapiers zu dem Glanze des Hofes gehoͤrig emporgezogen worden. Die Ungluͤcksfaͤlle Preußens rauſchten uͤber dieſen Eindruck hin, und hatten ihn faſt verwiſcht, als ein zweites Gedicht hervortrat, auf ſchoͤnem Papier mit ſaubern Typen gedruckt, eine ſapphiſche Ode an den ſpaniſchen Dichter Arriaza, gewuͤrzt mit dem Lobe des Friedensfuͤrſten, den auch jener beſungen hatte. Wolf bekam das Blatt nach Halle zugeſandt, gab es mir als eine Merkwuͤrdigkeit zu leſen, mein techniſcher Trieb hatte gleich eine Ueberſetzung fertig, ſie wurde von Wolf eingeſiegelt und nach Berlin abgefertigt, wenige

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/17
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/17>, abgerufen am 21.11.2024.