einander angewiesen, hielten wir so viel als möglich zusammen, erfuhren aber auch, daß die Gleichheit des Aeußerlichen noch lange keine Gemeinschaft bildet. Die mir am werthvollsten gewesen wären, hatte der Zufall entfernt, und der Nähe und Bereitwilligkeit mancher Anwesenden mocht' ich mich lieber entziehen. Dagegen hört' ich zwei deutsche Namen jetzt in Prag nennen, nach denen ich früher dort und anderswo vergebens gefragt hatte, und zu welchen ich mich lebhaft hinge¬ zogen fühlte. Der Hauptmann Ernst von Pfuel, mir aus dem Lebenskreise von Nennhausen sehr wohl, aber noch nicht persönlich, bekannt, war der eine dieser Männer; der ehemalige preußische Minister Freiherr vom Stein, geächtet von Napoleon und hochgeehrt von allen deutschen Vaterlandsfreunden, war der andre.
Stein war in Berlin durch die französische Achts¬ erklärung mitten in seinen Amtsgeschäften überrascht worden, und hatte seine Zuflucht nach Oesterreich ge¬ nommen. Hier waren während des Krieges seine Hoffnungen und sein Haß heftig angeregt, und auch nach dem Frieden hielten beide sich voll unmuthigen Eifers aufrecht. Er wollte jetzt in Prag möglichst ru¬ hig abwarten, wie die Weltereignisse sich ferner ent¬ wickeln würden; der Ort war zur Beobachtung wohl¬ gelegen, bot vielerlei Hülfsmittel, und auch geselligen Anhalt genug für einen Mann, der durch Geburt und
einander angewieſen, hielten wir ſo viel als moͤglich zuſammen, erfuhren aber auch, daß die Gleichheit des Aeußerlichen noch lange keine Gemeinſchaft bildet. Die mir am werthvollſten geweſen waͤren, hatte der Zufall entfernt, und der Naͤhe und Bereitwilligkeit mancher Anweſenden mocht' ich mich lieber entziehen. Dagegen hoͤrt' ich zwei deutſche Namen jetzt in Prag nennen, nach denen ich fruͤher dort und anderswo vergebens gefragt hatte, und zu welchen ich mich lebhaft hinge¬ zogen fuͤhlte. Der Hauptmann Ernſt von Pfuel, mir aus dem Lebenskreiſe von Nennhauſen ſehr wohl, aber noch nicht perſoͤnlich, bekannt, war der eine dieſer Maͤnner; der ehemalige preußiſche Miniſter Freiherr vom Stein, geaͤchtet von Napoleon und hochgeehrt von allen deutſchen Vaterlandsfreunden, war der andre.
Stein war in Berlin durch die franzoͤſiſche Achts¬ erklaͤrung mitten in ſeinen Amtsgeſchaͤften uͤberraſcht worden, und hatte ſeine Zuflucht nach Oeſterreich ge¬ nommen. Hier waren waͤhrend des Krieges ſeine Hoffnungen und ſein Haß heftig angeregt, und auch nach dem Frieden hielten beide ſich voll unmuthigen Eifers aufrecht. Er wollte jetzt in Prag moͤglichſt ru¬ hig abwarten, wie die Weltereigniſſe ſich ferner ent¬ wickeln wuͤrden; der Ort war zur Beobachtung wohl¬ gelegen, bot vielerlei Huͤlfsmittel, und auch geſelligen Anhalt genug fuͤr einen Mann, der durch Geburt und
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einander angewieſen, hielten wir ſo viel als moͤglich
zuſammen, erfuhren aber auch, daß die Gleichheit des
Aeußerlichen noch lange keine Gemeinſchaft bildet. Die
mir am werthvollſten geweſen waͤren, hatte der Zufall
entfernt, und der Naͤhe und Bereitwilligkeit mancher
Anweſenden mocht' ich mich lieber entziehen. Dagegen
hoͤrt' ich zwei deutſche Namen jetzt in Prag nennen,
nach denen ich fruͤher dort und anderswo vergebens
gefragt hatte, und zu welchen ich mich lebhaft hinge¬
zogen fuͤhlte. Der Hauptmann Ernſt von Pfuel, mir
aus dem Lebenskreiſe von Nennhauſen ſehr wohl, aber
noch nicht perſoͤnlich, bekannt, war der eine dieſer
Maͤnner; der ehemalige preußiſche Miniſter Freiherr vom
Stein, geaͤchtet von Napoleon und hochgeehrt von allen
deutſchen Vaterlandsfreunden, war der andre.
Stein war in Berlin durch die franzoͤſiſche Achts¬
erklaͤrung mitten in ſeinen Amtsgeſchaͤften uͤberraſcht
worden, und hatte ſeine Zuflucht nach Oeſterreich ge¬
nommen. Hier waren waͤhrend des Krieges ſeine
Hoffnungen und ſein Haß heftig angeregt, und auch
nach dem Frieden hielten beide ſich voll unmuthigen
Eifers aufrecht. Er wollte jetzt in Prag moͤglichſt ru¬
hig abwarten, wie die Weltereigniſſe ſich ferner ent¬
wickeln wuͤrden; der Ort war zur Beobachtung wohl¬
gelegen, bot vielerlei Huͤlfsmittel, und auch geſelligen
Anhalt genug fuͤr einen Mann, der durch Geburt und
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/181>, abgerufen am 21.11.2024.
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