Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

Heer und Volk zu vertreten schien. Die frische Kraft
und Munterkeit dieser Ausführung gefiel allgemein, und
selbst höhern Ortes wurden die kühnen Eigenheiten,
welche doch gewaltig von dem Geiste der Zeit zeugten,
mit Lächeln belobt.

Bei meiner Rückkehr nach Prag fand ich noch al¬
les erfüllt von dem erlebten Schauspiel, und manche
meiner jüngern Kammeraden so aufgeregt, daß sie er¬
warteten, ich müsse von Wien wo nicht schon die Kriegs¬
erklärung, doch die Gewißheit mitbringen, daß ein
Ausbruch nahe sei, und man hoffen dürfe, nächstens
wieder gegen die Franzosen ins Feld zu rücken. Ich
konnte ihnen freilich von allem diesem nichts, sondern
nur berichten, wie ich ein Fest zu Ehren des Königs
von Rom mitangesehen, worauf denn die Kriegserwar¬
tungen sich für den nächsten Sommer noch in die
friedlichen Aussichten auf die herkömmlichen Waffen¬
übungen verwandeln mußten!

Ich für mein Theil aber war auch dieser glückli¬
cherweise überhoben, und konnte seit langer Zeit wieder
zum erstenmal einem ersehnten Zusammensein mit Rahel
entgegeneilen. Schon in Dresden dacht' ich sie zn
finden, allein, da sie dort binnen mehreren Tagen nicht
eintraf, so eilte ich nach Berlin, um sie abzuholen.
Ich fand sie mit ihren Gefährtinnen schon ganz reise¬
fertig, und geleitete sie darauf nach Töplitz, wo wir

Heer und Volk zu vertreten ſchien. Die friſche Kraft
und Munterkeit dieſer Ausfuͤhrung gefiel allgemein, und
ſelbſt hoͤhern Ortes wurden die kuͤhnen Eigenheiten,
welche doch gewaltig von dem Geiſte der Zeit zeugten,
mit Laͤcheln belobt.

Bei meiner Ruͤckkehr nach Prag fand ich noch al¬
les erfuͤllt von dem erlebten Schauſpiel, und manche
meiner juͤngern Kammeraden ſo aufgeregt, daß ſie er¬
warteten, ich muͤſſe von Wien wo nicht ſchon die Kriegs¬
erklaͤrung, doch die Gewißheit mitbringen, daß ein
Ausbruch nahe ſei, und man hoffen duͤrfe, naͤchſtens
wieder gegen die Franzoſen ins Feld zu ruͤcken. Ich
konnte ihnen freilich von allem dieſem nichts, ſondern
nur berichten, wie ich ein Feſt zu Ehren des Koͤnigs
von Rom mitangeſehen, worauf denn die Kriegserwar¬
tungen ſich fuͤr den naͤchſten Sommer noch in die
friedlichen Ausſichten auf die herkoͤmmlichen Waffen¬
uͤbungen verwandeln mußten!

Ich fuͤr mein Theil aber war auch dieſer gluͤckli¬
cherweiſe uͤberhoben, und konnte ſeit langer Zeit wieder
zum erſtenmal einem erſehnten Zuſammenſein mit Rahel
entgegeneilen. Schon in Dresden dacht' ich ſie zn
finden, allein, da ſie dort binnen mehreren Tagen nicht
eintraf, ſo eilte ich nach Berlin, um ſie abzuholen.
Ich fand ſie mit ihren Gefaͤhrtinnen ſchon ganz reiſe¬
fertig, und geleitete ſie darauf nach Toͤplitz, wo wir

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0203" n="191"/>
Heer und Volk zu vertreten &#x017F;chien. Die fri&#x017F;che Kraft<lb/>
und Munterkeit die&#x017F;er Ausfu&#x0364;hrung gefiel allgemein, und<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t ho&#x0364;hern Ortes wurden die ku&#x0364;hnen Eigenheiten,<lb/>
welche doch gewaltig von dem Gei&#x017F;te der Zeit zeugten,<lb/>
mit La&#x0364;cheln belobt.</p><lb/>
        <p>Bei meiner Ru&#x0364;ckkehr nach Prag fand ich noch al¬<lb/>
les erfu&#x0364;llt von dem erlebten Schau&#x017F;piel, und manche<lb/>
meiner ju&#x0364;ngern Kammeraden &#x017F;o aufgeregt, daß &#x017F;ie er¬<lb/>
warteten, ich mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e von Wien wo nicht &#x017F;chon die Kriegs¬<lb/>
erkla&#x0364;rung, doch die Gewißheit mitbringen, daß ein<lb/>
Ausbruch nahe &#x017F;ei, und man hoffen du&#x0364;rfe, na&#x0364;ch&#x017F;tens<lb/>
wieder gegen die Franzo&#x017F;en ins Feld zu ru&#x0364;cken. Ich<lb/>
konnte ihnen freilich von allem die&#x017F;em nichts, &#x017F;ondern<lb/>
nur berichten, wie ich ein Fe&#x017F;t zu Ehren des Ko&#x0364;nigs<lb/>
von Rom mitange&#x017F;ehen, worauf denn die Kriegserwar¬<lb/>
tungen &#x017F;ich fu&#x0364;r den na&#x0364;ch&#x017F;ten Sommer noch in die<lb/>
friedlichen Aus&#x017F;ichten auf die herko&#x0364;mmlichen Waffen¬<lb/>
u&#x0364;bungen verwandeln mußten!</p><lb/>
        <p>Ich fu&#x0364;r mein Theil aber war auch die&#x017F;er glu&#x0364;ckli¬<lb/>
cherwei&#x017F;e u&#x0364;berhoben, und konnte &#x017F;eit langer Zeit wieder<lb/>
zum er&#x017F;tenmal einem er&#x017F;ehnten Zu&#x017F;ammen&#x017F;ein mit Rahel<lb/>
entgegeneilen. Schon in Dresden dacht' ich &#x017F;ie zn<lb/>
finden, allein, da &#x017F;ie dort binnen mehreren Tagen nicht<lb/>
eintraf, &#x017F;o eilte ich nach Berlin, um &#x017F;ie abzuholen.<lb/>
Ich fand &#x017F;ie mit ihren Gefa&#x0364;hrtinnen &#x017F;chon ganz rei&#x017F;<lb/>
fertig, und geleitete &#x017F;ie darauf nach To&#x0364;plitz, wo wir<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[191/0203] Heer und Volk zu vertreten ſchien. Die friſche Kraft und Munterkeit dieſer Ausfuͤhrung gefiel allgemein, und ſelbſt hoͤhern Ortes wurden die kuͤhnen Eigenheiten, welche doch gewaltig von dem Geiſte der Zeit zeugten, mit Laͤcheln belobt. Bei meiner Ruͤckkehr nach Prag fand ich noch al¬ les erfuͤllt von dem erlebten Schauſpiel, und manche meiner juͤngern Kammeraden ſo aufgeregt, daß ſie er¬ warteten, ich muͤſſe von Wien wo nicht ſchon die Kriegs¬ erklaͤrung, doch die Gewißheit mitbringen, daß ein Ausbruch nahe ſei, und man hoffen duͤrfe, naͤchſtens wieder gegen die Franzoſen ins Feld zu ruͤcken. Ich konnte ihnen freilich von allem dieſem nichts, ſondern nur berichten, wie ich ein Feſt zu Ehren des Koͤnigs von Rom mitangeſehen, worauf denn die Kriegserwar¬ tungen ſich fuͤr den naͤchſten Sommer noch in die friedlichen Ausſichten auf die herkoͤmmlichen Waffen¬ uͤbungen verwandeln mußten! Ich fuͤr mein Theil aber war auch dieſer gluͤckli¬ cherweiſe uͤberhoben, und konnte ſeit langer Zeit wieder zum erſtenmal einem erſehnten Zuſammenſein mit Rahel entgegeneilen. Schon in Dresden dacht' ich ſie zn finden, allein, da ſie dort binnen mehreren Tagen nicht eintraf, ſo eilte ich nach Berlin, um ſie abzuholen. Ich fand ſie mit ihren Gefaͤhrtinnen ſchon ganz reiſe¬ fertig, und geleitete ſie darauf nach Toͤplitz, wo wir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/203
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/203>, abgerufen am 21.11.2024.