Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

restags der Schlacht von Aspern, ein Fest bereitet,
dessengleichen man nicht gesehen hatte. Mein Oberst,
gesinnungsvoll und freimüthig, hatte es gerade in die¬
ser Zeit gelegen und zweckmäßig erachtet, dem neusten
Zustande der Dinge das Andenken dieses noch so fri¬
schen Sieges entgegenzuhalten, den man fast geflissent¬
lich vergessen zu wollen schien. Er gab daher seinem
Regimente, welches in jener Schlacht mit Auszeichnung
gefochten, ein militairisches Fest, an welchem, da die
schönen öffentlichen Anlagen an der Moldau, der Bub¬
netsch oder Baumgarten genannt, der Schauplatz wa¬
ren, die ganze Stadt Prag Theil nahm. Frei und
selbstständig schaltend, hatte er das Ungewöhnliche nicht
gescheut, und es erregte frohes Staunen und lauten
Beifall, daß, die Gemeinen hier in eine Ehrengenossen¬
schaft gezogen wurden, zu welcher meist nur die Offi¬
ziere sich abzuschließen pflegen. Einige Soldaten, welche
von Aspern her die Ehrenmünze im Knopfloche tru¬
gen, wurden von dem Obersten und den Stabsoffi¬
zieren in offnen Wagen abgeholt, mußten obenan sitzen,
und bekamen auch an der Tafel die Ehrenplätze. An
der Bewirthung fehlte es nicht, an Trinksprüchen, An¬
reden und Gesängen eben so wenig; die vortreffliche
Musik der böhmischen Regimenter ist bekannt, und so
bedarf es keiner Versicherung, daß der Eindruck des
Festes weit über dessen Anlage hinausging, und das
eine Regiment nicht mehr sich selbst, sondern das ganze

restags der Schlacht von Aſpern, ein Feſt bereitet,
deſſengleichen man nicht geſehen hatte. Mein Oberſt,
geſinnungsvoll und freimuͤthig, hatte es gerade in die¬
ſer Zeit gelegen und zweckmaͤßig erachtet, dem neuſten
Zuſtande der Dinge das Andenken dieſes noch ſo fri¬
ſchen Sieges entgegenzuhalten, den man faſt gefliſſent¬
lich vergeſſen zu wollen ſchien. Er gab daher ſeinem
Regimente, welches in jener Schlacht mit Auszeichnung
gefochten, ein militairiſches Feſt, an welchem, da die
ſchoͤnen oͤffentlichen Anlagen an der Moldau, der Bub¬
netſch oder Baumgarten genannt, der Schauplatz wa¬
ren, die ganze Stadt Prag Theil nahm. Frei und
ſelbſtſtaͤndig ſchaltend, hatte er das Ungewoͤhnliche nicht
geſcheut, und es erregte frohes Staunen und lauten
Beifall, daß, die Gemeinen hier in eine Ehrengenoſſen¬
ſchaft gezogen wurden, zu welcher meiſt nur die Offi¬
ziere ſich abzuſchließen pflegen. Einige Soldaten, welche
von Aspern her die Ehrenmuͤnze im Knopfloche tru¬
gen, wurden von dem Oberſten und den Stabsoffi¬
zieren in offnen Wagen abgeholt, mußten obenan ſitzen,
und bekamen auch an der Tafel die Ehrenplaͤtze. An
der Bewirthung fehlte es nicht, an Trinkſpruͤchen, An¬
reden und Geſaͤngen eben ſo wenig; die vortreffliche
Muſik der boͤhmiſchen Regimenter iſt bekannt, und ſo
bedarf es keiner Verſicherung, daß der Eindruck des
Feſtes weit uͤber deſſen Anlage hinausging, und das
eine Regiment nicht mehr ſich ſelbſt, ſondern das ganze

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0202" n="190"/>
restags der Schlacht von A&#x017F;pern, ein Fe&#x017F;t bereitet,<lb/>
de&#x017F;&#x017F;engleichen man nicht ge&#x017F;ehen hatte. Mein Ober&#x017F;t,<lb/>
ge&#x017F;innungsvoll und freimu&#x0364;thig, hatte es gerade in die¬<lb/>
&#x017F;er Zeit gelegen und zweckma&#x0364;ßig erachtet, dem neu&#x017F;ten<lb/>
Zu&#x017F;tande der Dinge das Andenken die&#x017F;es noch &#x017F;o fri¬<lb/>
&#x017F;chen Sieges entgegenzuhalten, den man fa&#x017F;t gefli&#x017F;&#x017F;ent¬<lb/>
lich verge&#x017F;&#x017F;en zu wollen &#x017F;chien. Er gab daher &#x017F;einem<lb/>
Regimente, welches in jener Schlacht mit Auszeichnung<lb/>
gefochten, ein militairi&#x017F;ches Fe&#x017F;t, an welchem, da die<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen o&#x0364;ffentlichen Anlagen an der Moldau, der Bub¬<lb/>
net&#x017F;ch oder Baumgarten genannt, der Schauplatz wa¬<lb/>
ren, die ganze Stadt Prag Theil nahm. Frei und<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndig &#x017F;chaltend, hatte er das Ungewo&#x0364;hnliche nicht<lb/>
ge&#x017F;cheut, und es erregte frohes Staunen und lauten<lb/>
Beifall, daß, die Gemeinen hier in eine Ehrengeno&#x017F;&#x017F;en¬<lb/>
&#x017F;chaft gezogen wurden, zu welcher mei&#x017F;t nur die Offi¬<lb/>
ziere &#x017F;ich abzu&#x017F;chließen pflegen. Einige Soldaten, welche<lb/>
von Aspern her die Ehrenmu&#x0364;nze im Knopfloche tru¬<lb/>
gen, wurden von dem Ober&#x017F;ten und den Stabsoffi¬<lb/>
zieren in offnen Wagen abgeholt, mußten obenan &#x017F;itzen,<lb/>
und bekamen auch an der Tafel die Ehrenpla&#x0364;tze. An<lb/>
der Bewirthung fehlte es nicht, an Trink&#x017F;pru&#x0364;chen, An¬<lb/>
reden und Ge&#x017F;a&#x0364;ngen eben &#x017F;o wenig; die vortreffliche<lb/>
Mu&#x017F;ik der bo&#x0364;hmi&#x017F;chen Regimenter i&#x017F;t bekannt, und &#x017F;o<lb/>
bedarf es keiner Ver&#x017F;icherung, daß der Eindruck des<lb/>
Fe&#x017F;tes weit u&#x0364;ber de&#x017F;&#x017F;en Anlage hinausging, und das<lb/>
eine Regiment nicht mehr &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;ondern das ganze<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0202] restags der Schlacht von Aſpern, ein Feſt bereitet, deſſengleichen man nicht geſehen hatte. Mein Oberſt, geſinnungsvoll und freimuͤthig, hatte es gerade in die¬ ſer Zeit gelegen und zweckmaͤßig erachtet, dem neuſten Zuſtande der Dinge das Andenken dieſes noch ſo fri¬ ſchen Sieges entgegenzuhalten, den man faſt gefliſſent¬ lich vergeſſen zu wollen ſchien. Er gab daher ſeinem Regimente, welches in jener Schlacht mit Auszeichnung gefochten, ein militairiſches Feſt, an welchem, da die ſchoͤnen oͤffentlichen Anlagen an der Moldau, der Bub¬ netſch oder Baumgarten genannt, der Schauplatz wa¬ ren, die ganze Stadt Prag Theil nahm. Frei und ſelbſtſtaͤndig ſchaltend, hatte er das Ungewoͤhnliche nicht geſcheut, und es erregte frohes Staunen und lauten Beifall, daß, die Gemeinen hier in eine Ehrengenoſſen¬ ſchaft gezogen wurden, zu welcher meiſt nur die Offi¬ ziere ſich abzuſchließen pflegen. Einige Soldaten, welche von Aspern her die Ehrenmuͤnze im Knopfloche tru¬ gen, wurden von dem Oberſten und den Stabsoffi¬ zieren in offnen Wagen abgeholt, mußten obenan ſitzen, und bekamen auch an der Tafel die Ehrenplaͤtze. An der Bewirthung fehlte es nicht, an Trinkſpruͤchen, An¬ reden und Geſaͤngen eben ſo wenig; die vortreffliche Muſik der boͤhmiſchen Regimenter iſt bekannt, und ſo bedarf es keiner Verſicherung, daß der Eindruck des Feſtes weit uͤber deſſen Anlage hinausging, und das eine Regiment nicht mehr ſich ſelbſt, ſondern das ganze

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/202
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/202>, abgerufen am 21.11.2024.