Deutschen aus dem sogenannten Reich, welche nicht durch Geburt dem österreichischen Kriegsdienste verbun¬ den waren, glaubten sich nicht verpflichtet, diesem in allen seinen Wendungen zu folgen.
In dieser Zeit kam die Nachricht von der Geburt des Königs von Rom nach Wien, und das, wie nicht zu läugnen war, unabsehbar folgenreiche Ereigniß brachte die mannigfachsten Eindrücke hervor. Die Gegensätze, welchen die damalige Epoche verfallen war, traten in das hellste Licht. Die in den persönlichen Verhältnissen gegründete ächte Theilnahme durfte niemand anzugrei¬ fen wagen; die amtlichen Freudenbezeigungen und Fest¬ lichkeiten wurden dagegen um so feindlicher behandelt. Ich selbst, durch des Grafen von Metternich ausdrück¬ liche Fürsorge, wohnte dem großen Feste bei, durch welches der französische Botschafter Otto die Geburt des französischen Thronerben feierte, und wo der kai¬ serliche Hof und hohe Adel Wiens in größtem Glanz erschien; allein von achthundert Eingeladenen waren doch kaum sechshundert erschienen, und nachdem sich der Kaiser entfernt hatte, verschwand auch ein merklicher Theil von diesen. Für mich aber hatte dies Fest noch einen besondern Gegensatz in einem andern, von dem ich wußte und absichtlich erzählte. Während ich, mir selber sonderbar genug, am 20. Mai bei dem französi¬ schen Botschafter das Fest des Königs von Rom mit¬ machte, war in Prag für den 21. zur Feier des Jah¬
Deutſchen aus dem ſogenannten Reich, welche nicht durch Geburt dem oͤſterreichiſchen Kriegsdienſte verbun¬ den waren, glaubten ſich nicht verpflichtet, dieſem in allen ſeinen Wendungen zu folgen.
In dieſer Zeit kam die Nachricht von der Geburt des Koͤnigs von Rom nach Wien, und das, wie nicht zu laͤugnen war, unabſehbar folgenreiche Ereigniß brachte die mannigfachſten Eindruͤcke hervor. Die Gegenſaͤtze, welchen die damalige Epoche verfallen war, traten in das hellſte Licht. Die in den perſoͤnlichen Verhaͤltniſſen gegruͤndete aͤchte Theilnahme durfte niemand anzugrei¬ fen wagen; die amtlichen Freudenbezeigungen und Feſt¬ lichkeiten wurden dagegen um ſo feindlicher behandelt. Ich ſelbſt, durch des Grafen von Metternich ausdruͤck¬ liche Fuͤrſorge, wohnte dem großen Feſte bei, durch welches der franzoͤſiſche Botſchafter Otto die Geburt des franzoͤſiſchen Thronerben feierte, und wo der kai¬ ſerliche Hof und hohe Adel Wiens in groͤßtem Glanz erſchien; allein von achthundert Eingeladenen waren doch kaum ſechshundert erſchienen, und nachdem ſich der Kaiſer entfernt hatte, verſchwand auch ein merklicher Theil von dieſen. Fuͤr mich aber hatte dies Feſt noch einen beſondern Gegenſatz in einem andern, von dem ich wußte und abſichtlich erzaͤhlte. Waͤhrend ich, mir ſelber ſonderbar genug, am 20. Mai bei dem franzoͤſi¬ ſchen Botſchafter das Feſt des Koͤnigs von Rom mit¬ machte, war in Prag fuͤr den 21. zur Feier des Jah¬
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Deutſchen aus dem ſogenannten Reich, welche nicht
durch Geburt dem oͤſterreichiſchen Kriegsdienſte verbun¬
den waren, glaubten ſich nicht verpflichtet, dieſem in
allen ſeinen Wendungen zu folgen.
In dieſer Zeit kam die Nachricht von der Geburt
des Koͤnigs von Rom nach Wien, und das, wie nicht
zu laͤugnen war, unabſehbar folgenreiche Ereigniß brachte
die mannigfachſten Eindruͤcke hervor. Die Gegenſaͤtze,
welchen die damalige Epoche verfallen war, traten in
das hellſte Licht. Die in den perſoͤnlichen Verhaͤltniſſen
gegruͤndete aͤchte Theilnahme durfte niemand anzugrei¬
fen wagen; die amtlichen Freudenbezeigungen und Feſt¬
lichkeiten wurden dagegen um ſo feindlicher behandelt.
Ich ſelbſt, durch des Grafen von Metternich ausdruͤck¬
liche Fuͤrſorge, wohnte dem großen Feſte bei, durch
welches der franzoͤſiſche Botſchafter Otto die Geburt
des franzoͤſiſchen Thronerben feierte, und wo der kai¬
ſerliche Hof und hohe Adel Wiens in groͤßtem Glanz
erſchien; allein von achthundert Eingeladenen waren doch
kaum ſechshundert erſchienen, und nachdem ſich der
Kaiſer entfernt hatte, verſchwand auch ein merklicher
Theil von dieſen. Fuͤr mich aber hatte dies Feſt noch
einen beſondern Gegenſatz in einem andern, von dem
ich wußte und abſichtlich erzaͤhlte. Waͤhrend ich, mir
ſelber ſonderbar genug, am 20. Mai bei dem franzoͤſi¬
ſchen Botſchafter das Feſt des Koͤnigs von Rom mit¬
machte, war in Prag fuͤr den 21. zur Feier des Jah¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/201>, abgerufen am 24.11.2024.
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