Gegen die Mitte des Septembers reiste Rahel nach Dresden, wo Marwitz sie erwartete, und dann nach Berlin zurück. Der Abschied brach mir das Herz, nur die gewisse Zuversicht, alles zu einem dauernden Wie¬ dersehen zu lenken, gab mir den Muth, diese Tren¬ nung zu ertragen. --
In Prag erwarteten mich vielfache Arbeiten. Der Umgang mit Stein erneuerte sich, und beförderte wie früher meine Studien und Vorsätze. Allein ich hatte mancherlei Hindernisse zu bekämpfen, und blieb von vielen Zufälligkeiten abhängig. Die seltsamsten Neben¬ dinge drängten sich in meine ernsten Beschäftigungen. Ich hatte Beethoven einen Operntext versprochen, einen andern, den er schon bearbeitete, sollte ich verbessern; äußrer Rücksichten wegen übersetzte ich den Britannicus von Racine in deutsche Jamben, und obwohl ich in acht Tagen damit fertig war, und mehr Gewinn davon zog, als von irgend einer andern litterarischen Arbeit, so reute mich doch die schöne Zeit, die ich lieber an¬ ders hätte verwenden mögen. Zu Hormayr's Archiv, zu Fouque's und Neumann's Musen gab ich litterari¬ sche Beiträge, die mich ebenfalls zwar nicht viele, doch immer einige Zeit kosteten. Eine kleine Sammlung von Stellen aus Rahel's Briefen, welche, da sie grö߬ tentheils Goethe'n betreffen, Cotta nicht ohne dessen Erlaubniß drucken wollte, gab Anlaß in Weimar an¬ zufragen, woraus mir die erste unmittelbare Berührung
III. 13
Gegen die Mitte des Septembers reiſte Rahel nach Dresden, wo Marwitz ſie erwartete, und dann nach Berlin zuruͤck. Der Abſchied brach mir das Herz, nur die gewiſſe Zuverſicht, alles zu einem dauernden Wie¬ derſehen zu lenken, gab mir den Muth, dieſe Tren¬ nung zu ertragen. —
In Prag erwarteten mich vielfache Arbeiten. Der Umgang mit Stein erneuerte ſich, und befoͤrderte wie fruͤher meine Studien und Vorſaͤtze. Allein ich hatte mancherlei Hinderniſſe zu bekaͤmpfen, und blieb von vielen Zufaͤlligkeiten abhaͤngig. Die ſeltſamſten Neben¬ dinge draͤngten ſich in meine ernſten Beſchaͤftigungen. Ich hatte Beethoven einen Operntext verſprochen, einen andern, den er ſchon bearbeitete, ſollte ich verbeſſern; aͤußrer Ruͤckſichten wegen uͤberſetzte ich den Britannicus von Racine in deutſche Jamben, und obwohl ich in acht Tagen damit fertig war, und mehr Gewinn davon zog, als von irgend einer andern litterariſchen Arbeit, ſo reute mich doch die ſchoͤne Zeit, die ich lieber an¬ ders haͤtte verwenden moͤgen. Zu Hormayr's Archiv, zu Fouqué's und Neumann's Muſen gab ich litterari¬ ſche Beitraͤge, die mich ebenfalls zwar nicht viele, doch immer einige Zeit koſteten. Eine kleine Sammlung von Stellen aus Rahel's Briefen, welche, da ſie groͤ߬ tentheils Goethe'n betreffen, Cotta nicht ohne deſſen Erlaubniß drucken wollte, gab Anlaß in Weimar an¬ zufragen, woraus mir die erſte unmittelbare Beruͤhrung
III. 13
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[193/0205]
Gegen die Mitte des Septembers reiſte Rahel nach
Dresden, wo Marwitz ſie erwartete, und dann nach
Berlin zuruͤck. Der Abſchied brach mir das Herz, nur
die gewiſſe Zuverſicht, alles zu einem dauernden Wie¬
derſehen zu lenken, gab mir den Muth, dieſe Tren¬
nung zu ertragen. —
In Prag erwarteten mich vielfache Arbeiten. Der
Umgang mit Stein erneuerte ſich, und befoͤrderte wie
fruͤher meine Studien und Vorſaͤtze. Allein ich hatte
mancherlei Hinderniſſe zu bekaͤmpfen, und blieb von
vielen Zufaͤlligkeiten abhaͤngig. Die ſeltſamſten Neben¬
dinge draͤngten ſich in meine ernſten Beſchaͤftigungen.
Ich hatte Beethoven einen Operntext verſprochen, einen
andern, den er ſchon bearbeitete, ſollte ich verbeſſern;
aͤußrer Ruͤckſichten wegen uͤberſetzte ich den Britannicus
von Racine in deutſche Jamben, und obwohl ich in
acht Tagen damit fertig war, und mehr Gewinn davon
zog, als von irgend einer andern litterariſchen Arbeit,
ſo reute mich doch die ſchoͤne Zeit, die ich lieber an¬
ders haͤtte verwenden moͤgen. Zu Hormayr's Archiv,
zu Fouqué's und Neumann's Muſen gab ich litterari¬
ſche Beitraͤge, die mich ebenfalls zwar nicht viele, doch
immer einige Zeit koſteten. Eine kleine Sammlung
von Stellen aus Rahel's Briefen, welche, da ſie groͤ߬
tentheils Goethe'n betreffen, Cotta nicht ohne deſſen
Erlaubniß drucken wollte, gab Anlaß in Weimar an¬
zufragen, woraus mir die erſte unmittelbare Beruͤhrung
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/205>, abgerufen am 24.11.2024.
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