Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

Verfolgungsschreiben angab, sich fest einbildete, der
Mann müsse Brand heißen, und daher einen Mann
dieses Namens festnehmen ließ, wodurch der nur allzu
richtige Bran gewarnt wurde, und eh' der Irrthum
aufgeklärt war, nach Böhmen entwich.

Daß Preußen in seiner Lage nur mit Frankreich
sich verbünden könne, war längst ausgemacht. Bald
wußte man auch mit Sicherheit, daß eine österreichi¬
sche Hülfsmacht mit den Franzosen vereint sein würde.
Eine allgemeine Besorgniß zeigte sich, welche Regi¬
menter dies Loos treffen würde, dem entgehen zu
können als das größte Glück erschien. Selbst als man
vernahm, der tapfre und hochverehrte Fürst Karl von
Schwarzenberg bringe den Umständen das Opfer, und
werde den Oberbefehl über diese Truppen annehmen,
sah man weniger auf dieses Beispiel, als auf das ent¬
gegengesetzte des Generals von Wintzingerode, des Ma¬
jors von Tettenborn, des Generals Grafen von Wall¬
moden, welche den Abschied schon genommen hatten
oder nehmen wollten, um in russische Dienste zu
treten.

Mittlerweile hatte der französische Kaiser von allen
Seiten seine und seiner Verbündeten Schaaren zusam¬
mengezogen, und der ungeheure Heereszug wälzte sich
unaufhaltsam durch Preußen und Polen gegen Ru߬
land hin. Napoleon selbst kam mit seiner Gemahlin
nach Dresden, wohin der Kaiser und die Kaiserin von

Verfolgungsſchreiben angab, ſich feſt einbildete, der
Mann muͤſſe Brand heißen, und daher einen Mann
dieſes Namens feſtnehmen ließ, wodurch der nur allzu
richtige Bran gewarnt wurde, und eh' der Irrthum
aufgeklaͤrt war, nach Boͤhmen entwich.

Daß Preußen in ſeiner Lage nur mit Frankreich
ſich verbuͤnden koͤnne, war laͤngſt ausgemacht. Bald
wußte man auch mit Sicherheit, daß eine oͤſterreichi¬
ſche Huͤlfsmacht mit den Franzoſen vereint ſein wuͤrde.
Eine allgemeine Beſorgniß zeigte ſich, welche Regi¬
menter dies Loos treffen wuͤrde, dem entgehen zu
koͤnnen als das groͤßte Gluͤck erſchien. Selbſt als man
vernahm, der tapfre und hochverehrte Fuͤrſt Karl von
Schwarzenberg bringe den Umſtaͤnden das Opfer, und
werde den Oberbefehl uͤber dieſe Truppen annehmen,
ſah man weniger auf dieſes Beiſpiel, als auf das ent¬
gegengeſetzte des Generals von Wintzingerode, des Ma¬
jors von Tettenborn, des Generals Grafen von Wall¬
moden, welche den Abſchied ſchon genommen hatten
oder nehmen wollten, um in ruſſiſche Dienſte zu
treten.

Mittlerweile hatte der franzoͤſiſche Kaiſer von allen
Seiten ſeine und ſeiner Verbuͤndeten Schaaren zuſam¬
mengezogen, und der ungeheure Heereszug waͤlzte ſich
unaufhaltſam durch Preußen und Polen gegen Ru߬
land hin. Napoleon ſelbſt kam mit ſeiner Gemahlin
nach Dresden, wohin der Kaiſer und die Kaiſerin von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0209" n="197"/>
Verfolgungs&#x017F;chreiben angab, &#x017F;ich fe&#x017F;t einbildete, der<lb/>
Mann mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Brand heißen, und daher einen Mann<lb/>
die&#x017F;es Namens fe&#x017F;tnehmen ließ, wodurch der nur allzu<lb/>
richtige Bran gewarnt wurde, und eh' der Irrthum<lb/>
aufgekla&#x0364;rt war, nach Bo&#x0364;hmen entwich.</p><lb/>
        <p>Daß Preußen in &#x017F;einer Lage nur mit Frankreich<lb/>
&#x017F;ich verbu&#x0364;nden ko&#x0364;nne, war la&#x0364;ng&#x017F;t ausgemacht. Bald<lb/>
wußte man auch mit Sicherheit, daß eine o&#x0364;&#x017F;terreichi¬<lb/>
&#x017F;che Hu&#x0364;lfsmacht mit den Franzo&#x017F;en vereint &#x017F;ein wu&#x0364;rde.<lb/>
Eine allgemeine Be&#x017F;orgniß zeigte &#x017F;ich, welche Regi¬<lb/>
menter dies Loos treffen wu&#x0364;rde, dem entgehen zu<lb/>
ko&#x0364;nnen als das gro&#x0364;ßte Glu&#x0364;ck er&#x017F;chien. Selb&#x017F;t als man<lb/>
vernahm, der tapfre und hochverehrte Fu&#x0364;r&#x017F;t Karl von<lb/>
Schwarzenberg bringe den Um&#x017F;ta&#x0364;nden das Opfer, und<lb/>
werde den Oberbefehl u&#x0364;ber die&#x017F;e Truppen annehmen,<lb/>
&#x017F;ah man weniger auf die&#x017F;es Bei&#x017F;piel, als auf das ent¬<lb/>
gegenge&#x017F;etzte des Generals von Wintzingerode, des Ma¬<lb/>
jors von Tettenborn, des Generals Grafen von Wall¬<lb/>
moden, welche den Ab&#x017F;chied &#x017F;chon genommen hatten<lb/>
oder nehmen wollten, um in ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;che Dien&#x017F;te zu<lb/>
treten.</p><lb/>
        <p>Mittlerweile hatte der franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Kai&#x017F;er von allen<lb/>
Seiten &#x017F;eine und &#x017F;einer Verbu&#x0364;ndeten Schaaren zu&#x017F;am¬<lb/>
mengezogen, und der ungeheure Heereszug wa&#x0364;lzte &#x017F;ich<lb/>
unaufhalt&#x017F;am durch Preußen und Polen gegen Ru߬<lb/>
land hin. Napoleon &#x017F;elb&#x017F;t kam mit &#x017F;einer Gemahlin<lb/>
nach Dresden, wohin der Kai&#x017F;er und die Kai&#x017F;erin von<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[197/0209] Verfolgungsſchreiben angab, ſich feſt einbildete, der Mann muͤſſe Brand heißen, und daher einen Mann dieſes Namens feſtnehmen ließ, wodurch der nur allzu richtige Bran gewarnt wurde, und eh' der Irrthum aufgeklaͤrt war, nach Boͤhmen entwich. Daß Preußen in ſeiner Lage nur mit Frankreich ſich verbuͤnden koͤnne, war laͤngſt ausgemacht. Bald wußte man auch mit Sicherheit, daß eine oͤſterreichi¬ ſche Huͤlfsmacht mit den Franzoſen vereint ſein wuͤrde. Eine allgemeine Beſorgniß zeigte ſich, welche Regi¬ menter dies Loos treffen wuͤrde, dem entgehen zu koͤnnen als das groͤßte Gluͤck erſchien. Selbſt als man vernahm, der tapfre und hochverehrte Fuͤrſt Karl von Schwarzenberg bringe den Umſtaͤnden das Opfer, und werde den Oberbefehl uͤber dieſe Truppen annehmen, ſah man weniger auf dieſes Beiſpiel, als auf das ent¬ gegengeſetzte des Generals von Wintzingerode, des Ma¬ jors von Tettenborn, des Generals Grafen von Wall¬ moden, welche den Abſchied ſchon genommen hatten oder nehmen wollten, um in ruſſiſche Dienſte zu treten. Mittlerweile hatte der franzoͤſiſche Kaiſer von allen Seiten ſeine und ſeiner Verbuͤndeten Schaaren zuſam¬ mengezogen, und der ungeheure Heereszug waͤlzte ſich unaufhaltſam durch Preußen und Polen gegen Ru߬ land hin. Napoleon ſelbſt kam mit ſeiner Gemahlin nach Dresden, wohin der Kaiſer und die Kaiſerin von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/209
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/209>, abgerufen am 24.11.2024.