denen Verwandten erhoben, und sollte, bevor er wie¬ der abreiste, von dem außer Landes gehenden Vermögen das übliche Abzugsgeld bezahlen; er aber, verwundert über eine solche Forderung, fand dieselbe um so unge¬ reimter, als er keinesweges mehr im Falle war, sie erfüllen zu können, er bewies, daß er von der ganzen Erbschaft nicht das Geringste mitnehme, sondern wäh¬ rend seines kurzen Aufenthalts den vollen Betrag, man sagte zwanzig tausend Thaler, sofort verbraucht und ausgegeben, und also das Geld im Lande gelas¬ sen habe!
Im Jahre 1805 erhob sich Oesterreich aufs neue zum Kriege gegen die Franzosen, und sah bekanntlich durch wiederholte Unfälle seine Hoffnungen abermals getäuscht. Tettenborn war mit einem Theile des vor¬ mals Kinsky'schen jetzt Klenau'schen Regiments, bei welchem er stand, in Ulm geblieben, während der andre Theil unter dem Obersten sich nach Bregenz gezogen hatte. Mehrere Streifzüge und Rekognoszirungen, die ihm aufgetragen wurden, führte er zur größten Zu¬ friedenheit aus. Als aber der Oberbefehlshaber des Heeres, General von Mack, in unbegreiflicher Ver¬ blendung befangen, und dann plötzlicher Muthlosigkeit hingegeben, zuletzt in Ulm kein andres Heil mehr sah als in der Uebergabe, da wußte sich ein Theil des Heeres dieser Schmach glücklich zu entziehen. Der Erzherzog Ferdinand faßte den kühnen Entschluß, mit
denen Verwandten erhoben, und ſollte, bevor er wie¬ der abreiſte, von dem außer Landes gehenden Vermoͤgen das uͤbliche Abzugsgeld bezahlen; er aber, verwundert uͤber eine ſolche Forderung, fand dieſelbe um ſo unge¬ reimter, als er keinesweges mehr im Falle war, ſie erfuͤllen zu koͤnnen, er bewies, daß er von der ganzen Erbſchaft nicht das Geringſte mitnehme, ſondern waͤh¬ rend ſeines kurzen Aufenthalts den vollen Betrag, man ſagte zwanzig tauſend Thaler, ſofort verbraucht und ausgegeben, und alſo das Geld im Lande gelaſ¬ ſen habe!
Im Jahre 1805 erhob ſich Oeſterreich aufs neue zum Kriege gegen die Franzoſen, und ſah bekanntlich durch wiederholte Unfaͤlle ſeine Hoffnungen abermals getaͤuſcht. Tettenborn war mit einem Theile des vor¬ mals Kinsky'ſchen jetzt Klenau'ſchen Regiments, bei welchem er ſtand, in Ulm geblieben, waͤhrend der andre Theil unter dem Oberſten ſich nach Bregenz gezogen hatte. Mehrere Streifzuͤge und Rekognoszirungen, die ihm aufgetragen wurden, fuͤhrte er zur groͤßten Zu¬ friedenheit aus. Als aber der Oberbefehlshaber des Heeres, General von Mack, in unbegreiflicher Ver¬ blendung befangen, und dann ploͤtzlicher Muthloſigkeit hingegeben, zuletzt in Ulm kein andres Heil mehr ſah als in der Uebergabe, da wußte ſich ein Theil des Heeres dieſer Schmach gluͤcklich zu entziehen. Der Erzherzog Ferdinand faßte den kuͤhnen Entſchluß, mit
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[226/0238]
denen Verwandten erhoben, und ſollte, bevor er wie¬
der abreiſte, von dem außer Landes gehenden Vermoͤgen
das uͤbliche Abzugsgeld bezahlen; er aber, verwundert
uͤber eine ſolche Forderung, fand dieſelbe um ſo unge¬
reimter, als er keinesweges mehr im Falle war, ſie
erfuͤllen zu koͤnnen, er bewies, daß er von der ganzen
Erbſchaft nicht das Geringſte mitnehme, ſondern waͤh¬
rend ſeines kurzen Aufenthalts den vollen Betrag,
man ſagte zwanzig tauſend Thaler, ſofort verbraucht
und ausgegeben, und alſo das Geld im Lande gelaſ¬
ſen habe!
Im Jahre 1805 erhob ſich Oeſterreich aufs neue
zum Kriege gegen die Franzoſen, und ſah bekanntlich
durch wiederholte Unfaͤlle ſeine Hoffnungen abermals
getaͤuſcht. Tettenborn war mit einem Theile des vor¬
mals Kinsky'ſchen jetzt Klenau'ſchen Regiments, bei
welchem er ſtand, in Ulm geblieben, waͤhrend der andre
Theil unter dem Oberſten ſich nach Bregenz gezogen
hatte. Mehrere Streifzuͤge und Rekognoszirungen, die
ihm aufgetragen wurden, fuͤhrte er zur groͤßten Zu¬
friedenheit aus. Als aber der Oberbefehlshaber des
Heeres, General von Mack, in unbegreiflicher Ver¬
blendung befangen, und dann ploͤtzlicher Muthloſigkeit
hingegeben, zuletzt in Ulm kein andres Heil mehr ſah
als in der Uebergabe, da wußte ſich ein Theil des
Heeres dieſer Schmach gluͤcklich zu entziehen. Der
Erzherzog Ferdinand faßte den kuͤhnen Entſchluß, mit
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/238>, abgerufen am 21.11.2024.
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